Damit wäre die Datenautobahn perfekt. Denn was gehört zu einer anständigen Autobahn? – Richtig: Autonummern und jemand, der sie aufschreibt.
Auf der betonierten Autobahn erledigt das Toll Collect. Wegen der Maut. Das sieht eigentlich auch jeder ein.
Einigen ist dann noch eingefallen, dass man die gescannten Kfz-Kennzeichen ebenfalls dazu verwenden könnte, um zu kontrollieren, ob sich verdächtige Gestalten herumtreiben. Das sieht Wolfgang Schäuble eigentlich auch ein.
Auf der digitalen Autobahn werden künftig die Internet-Dienstleister die Nummern aufschreiben, die 12-stelligen mit den vier Punkten. Wegen der Terroristen. Die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten hat das eingesehen. Und Wolfgang Schäuble wird bestimmt einfallen, was man sonst noch alles damit machen kann.
Ein paar Abgeordnete waren auch dagegen. Die von der Opposition. So sind Politiker eben. Stets wollen sie zweierlei: dran kommen und dafür sein. Und so lange es noch nicht so weit ist, sind sie deswegen halt nicht dran und dagegen.
Aber auch einige Sozialdemokraten aus der Regierungskoalition hegen “schwerwiegende politische und verfassungsrechtliche Bedenken”. Sie erklärten, dass “Freiheitsrechte wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung konstitutiven Charakter für die Existenz unseres Gemeinwesens haben.”
Wow! Da muss doch ein Hauch von Grundgesetz und Bürgerrechten durch den großen Sitzungssaal geweht haben.
Das alles gaben diese Volksvertreter zu Protokoll, genauer gesagt in die Anlage 4 zum Plenarprotokoll 16/124, womit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und dessen konstitutivem Charakter offenkundig genüge getan war. Und dann stimmten sie dafür – für die Vorratsdatenspeicherung.
Da fragt man sich halt schon: Gibt es überhaupt noch einen Abgeordneten der den Schutz persönlicher Daten wirklich ernst nimmt, vor allem dann, wenn’s drauf ankommt? – Es gibt: Otto Schily!
Von dem wollte die Süddeutsche Zeitung wissen, was es denn mit einem Brief von Bundestagspräsident Norbert Lammert auf sich habe, in dem der nach 140.000 Euro fragt, die Schily von Siemens bekommen haben soll. Er habe den Brief noch nicht gelesen, sagte er. Und den Bundestagspräsidenten beschied er, als Anwalt unterliege er der Schweigepflicht.
Ja, auf niemanden ist so viel Verlass, wenn es um den Schutz seiner persönlichen Daten geht, wie auf den ehemaligen Verfassungsminister. – So viel Rückrat hätte man selber halt auch ganz gerne.
Man muss sich ja nicht gleich mit der demokratischen Öffentlichkeit anlegen wie der taffe Ex-Minister oder deren zweithöchstem Repräsentanten. Es würde ja schon reichen, beim Finanzamt anzurufen und zu sagen, man habe dieses Mahnschreiben jetzt aber überhaupt noch nicht gelesen. Und außerdem unterliege man als Journalist der Schweigepflicht, weshalb das mit der Einkommenssteuererklärung heuer wohl nichts werde.
Aber diese Finanzbeamten heutzutage lassen einfach nicht ‘Norbertles’ mit sich machen. Und man verfügt eben auch nicht über so ein Stehvermögen wie der eiserne Otto.
Dessen persönliche Daten hält der ja völlig unter Verschluss. Und zu seiner Persönlichkeit gehört selbstverständlich auch seine Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter.
“Sehr geehrter Herr Schily, wo stecken Sie eigentlich?” wollte unlängst ein Bürger aus seinem Wahlkreis auf der Site Abgeordnetenwatch.de von ihm wissen. Derartige Anfragen beantwortet immer dessen Assistent – “aufgrund des vollen Terminkalenders von Herrn Schily”. Der hat wahrscheinlich so einen Textbaustein.
Dieser Assistent nun teilte dem Bürger mit, dass Schily mitnichten abgetaucht sei, vielmehr sei er beispielsweise “auf dem 13. traditionellen Starkbierfest des SPD Ortsvereins Kösching-Kasing-Bettbrunn” anwesend gewesen.
Ein anderer fragte zur Vorratsdatenspeicherung und behauptete Schily habe dafür gestimmt. “Bisher noch keine Antwort” heißt es dazu.
Richtig so. Was geht es schließlich die Leute an, wie die Abgeordneten abstimmen, die sie gewählt haben. Außerdem kann der neugierige Frager auch gar wissen, wo Schily bei der Abstimmung war. Das Bundestagsprotokoll jedenfalls weißt ihn als “entschuldigt” aus (116/24, Anlage 1).
Ja, niemand weiß etwas über Otto Schily. – Das würde man sich doch wünschen, einen Innenminister, bei dem alle persönlichen Daten so geheim wären wie heute nur noch die von Otto Schily.
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