Die Gefahren des Google-Imperiums

Durch Data Mining – dem systematischen Durchsuchen von Anwender-Datenbanken nach verwertbaren Informationen – habe das Unternehmen in unerhörter Art und Weise Macht angehäuft und sei deshalb zu einer “Bedrohung der Menschheit” geworden. pte-Redakteur Markus Steiner sprach mit dem Autor des Berichts, Professor Hermann Maurer, über die Problematik des Google-Monopols und die damit verbundenen Gefahren.

Markus Steiner: Herr Prof. Maurer, Ausgangspunkt Ihres Forschungsberichtes waren eigentlich ‘schwere Bedenken über Plagiate durch die Nutzung von Google’. Am Ende warnen Sie aber sogar vor der “Bedrohung der Menschheit” durch Google. Wovor müssen wir uns fürchten?

Prof. Hermann Maurer: Das wichtigste ist zu verstehen, dass es nicht um die Suchmaschine Google alleine geht, sondern um das Imperium Google. Es ist die Kombination der verschiedenen Unternehmungen von Google wie YouTube, GoogleEarth, GoogleMail etc. die im Komglomerat die gesammelten Informationen untereinander austauschen, bewusst koordinieren und verschmelzen. Das macht die Situation so gefährlich.

Steiner: Gibt es nicht auch andere Unternehmen, die eine ähnliche Bedrohung darstellen?

Maurer: Es ist sicherlich so, dass meine Bestrebungen nicht allein gegen Google gerichtet sind, sondern gegen gewisse Aspekte des Data Mining im Allgemeinen. Das trifft sicher auf andere Firmen auch zu. Nach Google im Moment vielleicht am meisten auf Yahoo, aber auch Microsoft könnte hier genannt werden. Die Firma, die das zur Zeit im größten Ausmaß betreibt, ist jedoch sicherlich Google. Sie ist ein Repräsentant für eine neue Art der Nutzung des Internets, mit der man nicht gerechnet hat und die man in irgendeiner Art und Weise wird regeln müssen.

Steiner: Inwiefern ist die Monopolstellung Googles problematisch und wie soll mit ihr umgegangen werden?

Maurer: Die Problematik ist zunächst die, dass Google als größte und mächtigste Detektei, die es jemals gab, über jede wichtige Person und Organisation ein sehr genaues Dossier mit Informationen hat. Das alleine ist natürlich schon gefährlich. Für Privatpersonen deshalb, weil dadurch unsere Privatsphäre zutiefst gefährdet wird und Informationen auch fallweise gegen uns benutzt werden können. Es wäre durchaus denkbar, dass, wenn jemand so viele Informationen über Personen hat, er diese unter Umständen an andere verkauft und zu seinen Gunsten ausnützt. Ich will Google nicht beschuldigen, dass so etwas schon getan wird. Eine gewisse Versuchung muss es allerdings schon sein, wenn jemand eine größere Summe bietet, um Informationen über eine bestimmte Gruppe von Menschen zu kriegen. Was aber vielleicht noch wichtiger ist, ist die Tatsache, dass Google auch viel über Firmen, Unternehmungen und ökonomische Strömungen in der Welt weiß. In gewissen Bereichen kann das Unternehmen so recht gute Prognosen der Zukunft abgeben. Natürlich ist da die Versuchung für eine Firma groß, das auch beispielsweise am Aktienmarkt auszunützen.

Steiner: Muss man nicht schon heute stärker auf die Problematik des Data Mining hinweisen?

Maurer: Davon bin ich überzeugt. Das ist ja mitunter auch der Grund, warum ich diesen Bericht geschrieben habe. Es gibt einfach Bereiche in unserer Gesellschaft, wo unabhängig von Regierungsform und politischer Orientierung der Staat eingreift. Wir haben eine solche Situation beispielsweise in jedem Land der Welt bei der Zulassung von Medikamenten. Ich glaube, dass das Internet inzwischen einen so großen Stellenwert bekommen hat, dass auch hier die öffentliche Hand eingreifen muss. Den Regierungen ist generell noch zu wenig bewusst, dass dies ein neues Phänomen ist, das man mit gewissen Regelwerken in den Griff bekommen kann.

Steiner: Was kann konkret dagegen getan werden?

Maurer: Konkret sollte man sich erstens überlegen, ob große Firmen wie Google nicht in mehrere Firmenteile zerlegt werden sollen. Der eine Teil könnte zum Beispiel die Suchmaschine betreiben und der andere würde dann die übrigen Dienste, die Google anbietet, beinhalten. Die beiden Teile dürften aber keine Daten untereinander austauschen. Das würde die Situation schon dramatisch entschärfen. Zweitens sollte man die Entwicklung von Spezialsuchmaschinen unterstützen. Diese Suchmaschinen, die jeweils in bestimmten Themenbereichen eingesetzt werden würden, könnten von gemeinnützigen Einrichtungen wie Universitäten betrieben werden.

Steiner: Es gibt ja einige Theorien über das Zusammenspiel von Google und Wikipedia. In Ihrem Bericht wollen Sie einige Anzeichen für eine solche Zusammenarbeit gefunden haben. Was haben Sie entdeckt?

Maurer: Die Verwendung des Internets hat bereits begonnen zu einer Wissensverflachung zu führen. Ich habe da vor allem Wikipedia vor mir, das wir alle benutzen und das ich eigentlich für eine gute Geschichte halte. Wichtig ist aber zu wissen, dass Wikipedia als Quelle von Informationen mit Vorsicht zu genießen ist, denn viele dort gesammelte Artikel sind mit einer bestimmten Absicht geschrieben oder enthalten eine persönliche Meinung, die nicht unbedingt den eigentlichen Tatsachen entspricht. Was das Verhältnis von Google und Wikipedia betrifft, bestreiten beide nicht ausdrücklich eine Zusammenarbeit. Es ist aber doch auffällig, dass vor allem in der deutschsprachigen Version von Google die Einträge von Wikipedia bei Suchanfragen viel höher gereiht werden als bei anderen Suchmaschinen. Man könnte jetzt sagen, das liege an der Art wie Google die Rankings von Suchergebnissen vornimmt. Ich glaube aber, dass da mehr dahinter steckt. So konnten wir mittels statistischem Vergleich deutlich nachweisen, dass Wikipedia-Einträge bei Google signifikant besser abschneiden als bei anderen Suchmaschinenanbietern.

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Silicon-Redaktion

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