Java ist genauso überflüssig wie Web 2.0

So, wie die Programmierausbildung heute an Universitäten gelehrt wird, werden Fließband-Programmierer erzeugt, die einfach zu ersetzen sind. Sie werden den Aufgaben der Industrie bei weitem nicht gerecht. Dafür ist vor allem die weite Verbreitung von Java als erste und oft einzige Programmiersprache verantwortlich, so das vernichtende Urteil von Robert Dewar und Edmond Schonberg. Beide sind ehemalige Professoren für Computer Sciences an der New York University und heute selbständige Unternehmer.

Sie vertreten die Ansicht, dass sich auf dem Lehrplan für künftige Programmierer und Softwareprofis viel zu wenig Mathematik findet. Diese grundlegende Fähigkeit zusammen mit Alternativen zu Java zu lernen, bilde einen Gegensatz zu heutiger Lernweise: schematisch, austauschbar und “wie nach Kochbuch mit Einsatz großer Libraries und Fertigpaketen für spezielle Aufgaben”. So entstünden ersetzbare Fachleute, die in die Outsourcing-Ecke passen, aber keine umfassend ausgebildeten Profis, die sich in der heutigen Industrie mit allen Software-, Sicherheits- und Netzanforderungen bewegen können.

Die Theorie der Programmiersprachen werde nicht gelehrt und sei inzwischen neben Mathematikgrundlagen sogar ganz aus dem Lehrplan der US-Universitäten und Spezialschulen verschwunden, bemängelten sie. Damit werde die Basis für die spätere Arbeit nur unzureichend gelegt. Java verdirbt ihnen zufolge aber nicht nur die einzelnen Studentenköpfe. Es hat auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Die beiden Doktoren haben in ihrer zweiten Karriere eine Softwarefirma rund um die Java-Alternative Ada – die angeblich gern vom Militär verwendet wird – gegründet. Und es falle ihnen zunehmend schwer, Personal zu finden, das auch bereit ist, sich auf das Konzept einer Welt ohne Java einzulassen.

Sie gestehen der Programmiersprache aber immerhin zu, dass sie eines geleistet hat: Sie sei eine sehr dynamische Sprache, die die Fähigkeit mitbringe, dass der eigene Zustand des Programms auch in Java beschrieben werden und neu gefasst werden kann; eine Selbstdiagnose über Java kann in Java vollzogen werden. Ansonsten haben sie für alle einseitigen, Web-geblendeten Studenten nur eine Antwort: “Ein richtiger Programmierer kann in jeder Sprache programmieren, in C, Java, Lisp und Ada!”

Eine andere “akademische Diskussion” von weitereichendem Interesse führten vor kurzem, ebenfalls in den USA, ein Web-2.0-Fan und sein Widersacher: Tom Davenport, der technische und Management-Funktionen am Babson College ausfüllt, streitet sich derzeit mit Andrew McAfee, einem der Väter des Begriffs Web 2.0, inwieweit solche Techniken wie Wikis, Social Networking und Blogs in die Geschäftswelt passen.

Wie Davenport auf einer Podiumsdiskussion McAfee entgegenhielt, seien viele Dinge, die Blogs so einmalig machen sollen, ganz wunderbar in Lotus Notes abzubilden. Er sieht daher keinen Grund, auf den Hype hereinzufallen. Ferner seien Ansätze der Collaboration schon aus Groupware-Zeiten geläufig. So viel Neues brächten die neuen Techniken für den Geschäftsanwender nun auch wieder nicht. Mitnichten werde der Alltag im Business revolutioniert. So sollte Web 2.0 ihm zufolge vielleicht besser ‘Groupware 2.0’ oder ‘Knowledge Management 1.5’ heißen.

McAfee verteidigte sich: Er habe niemals behauptet, die Arbeitswelt vor 2004 habe Collaboration nicht gekannt. Vielmehr wolle er betonen, dass die Werkzeuge, mit denen dies heute in Web 2.0 passieren kann, viel bessere seien. McAfee und Davenport haben derzeit noch keinen Konsens gefunden, doch das macht nichts, weil sie das Thema bereits im Jahr 2007 schon einmal diskutiert haben. Den Streit dieses Jahr wollen sie – mit neuen Erfahrungen – in 2009 fortsetzen.

Silicon-Redaktion

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