IBM fordert SOA auch für KMU
Interview mit Gerold Gutti, Leiter IBM PLM Deutschland, und Dr. Jens Erb, Technical Account Manager IBM und verantwortlich für das Thema ‘PLM SOA’.
Beide legen im Interview mit silicon.de-Chefradakteur Dietmar Müller die strategischen und inhaltlichen Ziele von IBM in Sachen SOA und PLM dar.
silicon.de: Lassen Sie uns ein weiteres Mal über SOA sprechen. Mittlerweile handelt es sich ja um kein ganz taufrisches Thema mehr, wenngleich die Umsetzung der Serviceorientierung noch immer in den Kinderschuhen steckt.
Gutti: Die IBM war mit Sicherheit von Anfang an mit dabei. Aus unserer Sicht ist aber SOA vor allem im Hinblick auf Product Lifecycle Management (PLM) nach wie vor ein topaktuelles Thema.
silicon.de: Was ist denn so neu an der Kombination von PLM und SOA, wie Sie diese vorschlagen?
Erb: Das Neues ist, dass wir das Thema PLM und SOA unter dem Aspekt der Integration im bisher als ‘technische Datenverarbeitung’ bezeichneten Umfeld behandeln, der Datenkonsistenz, Kommunikation sowie Flexibilität in der Zusammenarbeit innerhalb und außerhalb des Unternehmens.
silicon.de: Ich kann immer noch nicht den besonderen neuen Zusammenhang zwischen PLM und SOA erkennen.
Erb: Der Zusammenhang besteht darin, dass die Ingenieurs- beziehungsweise Entwicklungsabteilungen innerhalb des Unternehmens interdisziplinar zusammenarbeiten müssen, sobald ein PLM unter den Gesichtspunkten der SOA betrieben wird.
silicon.de: Das konnten sie vorher nicht?
Erb: Sie konnten es natürlich, die Frage ist aber, wie flexibel man heutzutage sein muss, um der wachsenden Komplexität Herr zu werden. Der Markt verändert sich schnell, die Anforderungen verändern sich schnell. Es tauchen neue Partner auf, es verschwinden andere Partner und dem muss man gerecht werden mit einem flexiblen Modell. Flexibles Modell heißt in diesem Zusammenhang, dass es standardisierte Schnittstellen und standardisierte Services geben muss, über die man einfacher zusammenarbeiten kann.
silicon.de: SOA ist in erster Linie in Enterprise-Unternehmen beheimatet. Sie haben im Vorgespräch aber ausdrücklich den Mittelstand als Zielgruppe genannt. Wir sprechen in diesem Zusammenhang vermutlich von sehr großen Mittelständlern?
Erb: Nein, wir sehen das nicht nur als Large-Enterprise-Thema. Geschäftserfolg hängt heute von einer erfolgreichen Zusammenarbeit im Netzwerk ab. Das heißt ein Unternehmen, das sich isoliert als kleines Unternehmen sieht und sagt ‘Ich habe meine Anwendungen im Griff, ich habe wenige Anwendungen, ich habe eine einheitliche Struktur’ mag für sich betrachtet Recht haben. Die Frage ist und bleibt aber, wie es mit anderen Partnern zusammenarbeiten kann? SOA ist damit relevant für jedes Unternehmen, das in einem flexiblen, sich verändernden und vernetzten Umfeld agieren muss.
silicon.de: Die Vorteile von SOA sind evident – alleine: Laut der Burton Group scheitern 90 Prozent aller SOA-Projekte. Einen solchen Fehlschlag kann sich nur eine große Firma leisten. Die CIOs von Mittelständlern tendieren dagegen eher dazu, die eigene Infrastruktur nicht aufs Spiel zu setzen. Das Unternehmen zur Spielwiese zu machen und sich einfach mal an SOA zu versuchen kann sich nur ein Enterprise-Unternehmen erlauben, oder?
Gutti: Eine Spielwiese kann sich kein Unternehmen erlauben. Deshalb sehen wir das Thema auch nicht als Spielwiese oder als Versuchsballon. Unser Ansatz ist es vielmehr, auf die Anforderungen des Unternehmens in einer sich verändernden Umwelt einzugehen. Dann landet man recht schnell bei der flexiblen Architektur. Nehmen Sie das Beispiel der Meyer-Werft: Da sind wir ganz gezielt mit dem Kunden in ein Pilotprojekt gegangen. Wir haben erkannt, dass wir den Anforderungen nur mit einer SOA begegnen können, die auf einem PLM-Ansatz basiert. Die Aufgabenstellung war klar umrissen: Wie verbessern wir das Änderungsmanagement für die Stahlkonstruktion? SOA um der SOA Willen einzuführen, ohne einen wirklichen Geschäftsbedarf zu haben, wäre alles andere als klug.