Dahingehende Verdächtigungen werden jetzt ja allenthalben in der Fachpresse geäußert. Der Hintergrund – “saubled’s G’schwätz” nennt der Schwabe sowas: Die meisten digitalen Schädlinge kommen inzwischen per Mail und müssen, um Unheil anrichten zu können, erst einmal angeklickt werden.
Den Empfänger dazu zu animieren, das übernehmen meist die “horny girls” in der Betreffzeile. Der Fizzer hingegen geht differenzierter vor – sprachlich.
“Life is tough sometimes” sinniert er manchmal im Betreff. Was englisch ist und stimmt.
Oder “lautlach” – einer jener im Internet gebräuchlichen erweiterten Inflektive. In dem Fall einer, der etwas sehr Befreiendes bezeichnet.
“Oh Mann, habe ich Kopfweh!” – etwas Unangenehmes auf Deutsch.
Also ein echter Cosmopolit, der Fizzer. Einer, der sogar Schwäbisch kann.
“Koi Luschd zom Schaffe”, schreibt er beispielsweise. Was grammatikalisch völlig korrekt ist. Reschbäkt!
Und deswegen werden jetzt die Schwaben verdächtigt, den Fizzer entwickelt zu haben. Etwas völlig Hanebüchenes – a saubled’s G’schwätz halt.
Weil: Niemand geht mit seinen Defiziten schließlich so offensiv um wie der Schwabe. Selbst aus dem sprachlichen Stigma, das jeder trägt, der in Baden-Württemberg geboren ist, versucht man dort Kapital zu schlagen.
“Mir kennet alles außer Hochdeitsch.” Mit dieser traurigen Wahrheit – derjenigen, die in den letzten beiden Wörtern steckt – damit machen ja die Öffentlichkeitsarbeiter der Regierung in Stuttgart Reklame für Deutsch-Süd-West. Und zwar so landesüblich gründlich, dass es mittlerweile nun wirklich jeder mitbekommen haben dürfte.
Und was bitte ist “oh Mann, habe ich Kopfweh”? – Genau!
Kann also gar nicht stimmen, die Geschichte vom schwäbischen Dr. Jekill und Mr. Hide, der Morgens gewissenhaft die Kehrwoche erledigt, tagsüber einer Erwerbsarbeit nachgeht, Abends im Kirchengemeinderat sitzt – und Nachts Viren programmiert.
Und überhaupt. Was soll das eigentlich – “koi Luschd zom Schaffe”?
Schon Kleinkinder haben darauf Lust. Darauf, Häuser und Maschinen zu bauen, Personen und Güter zu transportieren und eigenen und fremden Nachwuchs aufzuziehen.
Man braucht ihnen nur Legos, einen Technikbaukasten, eine elektrische Eisenbahn oder eine Puppe zu schenken. Dann merkt man ganz deutlich, dass sie darauf Lust haben.
Und Erwachsene tun in ihrer Freizeit den Job von Fotografen, Köchen und Gärtnern. Arbeit liegt den Leuten halt einfach im Blut. Sie können nicht ohne.
Ein schönes Essay gibt es zu dem Thema. Titel: “Der Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen”. Autor war – vor 127 Jahren – Fritz E., ein Textilunternehmer aus dem heutigen Wuppertal.
Unangenehm ist nie die Arbeit an sich, sondern sind immer nur die Begleitumstände. Häufig treten die in Form von sogenannten Führungskräften auf.
Jene erkennt man daran, dass sie wichtig sind, meist im Weg stehen und die nach ihnen benannten Führungstechniken beherrschen.
Als da wären: das Sich-Aufführen. Das Vorführen – von Leuten, die sich ein bisschen ungeschickt anstellen. Und das Am-Nasenring-Herumführen von Untergebenen. Auf die Arbeitslust wirkt sich sowas natürlich ähnlich aus wie Schweißfüße auf die Lust im einschlägigen Sinne.
Von jener versucht man Heranwachsende ja traditionell fernzuhalten. Was heuer wieder auch auf dem Gebiet der Arbeitslust sehr umfassend geglückt ist. 100 000 Youngsters haben keine Lehrstelle bekommen.
Den derart früh ausgebremsten Schaffern muss es natürlich komisch vorkommen, dass nur noch Abiturienten genommen werden – für Lehrstellen jedweder Art – von denselben Unternehmen, deren Verbände mehr Praxis in der Ausbildung und eine Stärkung der Hauptschule fordern.
Arbeitslust tötend wirkt sich ebenfalls aus, wenn man keinen Job bekommt und sich statt dessen auch noch veräppeln lassen muss – von Politikern, die zwar einen Job haben, aber ihn nicht ordentlich erledigen. Sie wollten “fördern und fordern”, erklären die Berliner und Nürnberger Pädagogen in Sachen Beschäftigungspolitik ja dauernd. Als ob die Arbeitslosen eine psychotherapeutische Behandlung bräuchten und nicht viel eher jeweils eine anständig bezahlte Stelle.
Oder die sprachliche Verwirrung, die in der Arbeitswelt herrscht: “Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt” – die Headline des SZ-Aufmachers von vor einer Woche.
Das ist heute ja ein sehr beliebter Satz. Derjenige, der den Arbeitsmännern und -frauen sowas erzählt, benutzt dabei grammatikalisch in der Regel die Erste Person Plural (siehe oben). Die kommt immer gut bei Ansprachen – vermittelt so ein wärmendes Gemeinschaftsgefühl. Gemeint ist aber in dem Fall natürlich die Zweite Person Plural – und richtig fast immer die Erste Person Singular.
Mit solchen Widrigkeiten ringt der in Permanenz menschwerdende Affe natürlich auch in Baden-Württemberg. Was die Schwaben aber von den Restdeutschen unterscheidet, ist, dass derartige Unannehmlichkeiten an ihnen abtropfen.
Nichts kann die Luschd der Schwaben mindern. Weswegen der Verdacht hinsichtlich der Fizzer-Autorenschaft auch absolut unsinnig ist.
Zom Schaffe hat d’r Schwob immer Luschd! Richtig lüstern ist er da – so wie die horny girls.
Und schreibt vielleicht von denen eine in die Betreffzeile, sie hätte jetzt keine Lust? – G’wies net!
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