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Quo vadis – deutsche Sprache? (Wo Du wolle?)

Die ist nämlich bedroht – seit jeher. Erst von den Mongolen nach dem Jahr 1211. Dann durch die Popkultur so etwa ab 1964. Und jetzt – seit 1981 – durch die kulturellen Begleiterscheinungen der Computerei.

Mit Deutsch als Muttersprache lebt man ja in der ständigen Angst, die Welt nicht mehr verstehen zu können. Wobei es kein Problem darstellt, wenn der Taxifahrer sich mit “Wo du wolle?” nach dem gewünschten Fahrtziel erkundigt.

Nur Leute ohne eigene Fremdsprachenkenntnisse rümpfen über Grammatikfehler von Ausländern die Nase. Außerdem ist ja die Kommunikation zwischen Taxler und Fahrgast vom gemeinsamen Willen getragen, sich zu verständigen. Und dann geht das schon.

Nein, was die Verständlichkeit derzeit vor allem beeinträchtigt, ist, dass das Pigin-Englisch so um sich greift bei allem, was – auch nur im Entferntesten – mit Informationstechnologie zu tun hat. Man braucht bloß mal einen Blick auf die Internet-Auftritte der hiesigen Konzerne zu werfen.
Über “T-LAN-Security” steht da was auf der Startseite der Deutschen Telekom, über “Online Gaming”, “T-Online Business”, über “HappyDigits” und “BusinessMail”, letzteres jeweils zusammengeschrieben und mit einem Großbuchstaben im Wortinneren. So wie früher, als man dauernd das große “I” verwenden musste, um sich nicht als ignoranter Chauvi zu entlarven – gegenüber dem jeweiligen emanzipierten Mädel, das man gerade angegraben hat.

Auch die Post, die ja immer etwas im Hochtechnologie-Schatten ihrer rosaroten Schwester steht, radebricht Zeitgeist adäquat. Sie offeriert “Charity-Aktionen”, ein “Letternet” und “Letterfun”, “Outsourcing”, “Full-Service” und eine “Mailingfactory”.

Und von einem Walldorfer Unternehmen erfährt man: “The best run businesses run SAP”. Lediglich das “.de” in der Web-Adresse gibt einem die Gewissheit, dass man einen deutschsprachig gemeinten Internet-Auftritt vor sich hat.

Eigentlich nur konsequent ist da der Infineon-Konzern. Auf dessen Web-Site muss man ausdrücklich “Select German” drücken, bevor man die Meldung über “Draft 2.1-kompatible Chips” präsentiert bekommt und “more news”.

Auf die Übersetzung der Aufforderung, an Infineons “Drive and Control Roadshow” teilzunehmen, hat man gleich zur Gänze verzichtet. Wär’ ja auch wirklich schwierig, sowas einzudeutschen.

Wobei Verständlichkeit keine Frage von Deutsch oder Englisch ist. Man kann sich schließlich auch auf deutsch arg schräg ausdrücken.

Im Formblatt “USt 2 A” etwa – das, womit man sich zu seiner Umsatzsteuerpflicht erklären muss – da erfährt man in Zeile 21: “Die Zeilen 23 und 24 sind nur auszufüllen, wenn … auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG nicht verzichtet worden ist.”

“Nicht verzichtet” – ist das jetzt eine norddeutsche doppelte Negation, die sich dann zu einer Position aufheben würde? Oder eine bayerische, der dann die Bedeutung einer einfachen, aber besonders emphatischen Negation zukäme – im Sinne etwa von “gar nie nicht”?

Da verliert doch der innere Oberlehrer, der in jedem guten Deutschen steckt, fast die sich auferlegte Selbstbeherrschung. Der Drang, “Stil !!!” – in Rot mit drei fetten Ausrufezeichen – an den Rand zu schreiben, ist schier unbezwingbar. Zum Glück sieht das amtliche Formblatt kein Feld für derart unziemliche Bemerkungen vor.

Oder wie man die Leute, die arbeiten, hierzulande nennt! Naheliegend wäre eigentlich Arbeiter.

Aber das klingt so antiquiert. Deshalb hat man die Bevölkerungsgruppe, die Arbeit gibt und dafür Lohn nimmt, denn auch über Jahre hinweg fälschlicher Weise als Arbeitnehmer bezeichnet.

Dann jedoch haben die Gewerkschaften auch diesen Sprachfehler usurpiert und dauernd von Arbeitnehmerrechten dahergeredet. Weshalb die Leute jetzt Mitarbeiter heißen, was nun wirklich der ultimative, weil absolut nichts sagende Begriff ist.

Auch wer sich hierzulande formal der deutschen Sprache bedient, muss sich deswegen noch lange nicht klar und verständlich ausdrücken. Umgekehrt wiederum kann auch Englisch für Deutsche sehr anschaulich sein.

“Instance of an operating system” beispielsweise. Auf großen Servern laufen ja meist gleich mehrere davon.

“Instance” ist ein schönes Wort. Ein Beispiel halt. Und Beispiele dienen in aller Regel dazu, etwas zu veranschaulichen. Da geht man die Sache mit den Hochleistungsrechnern doch gleich ganz locker an.

Der deutsche Informatiker hingegen spricht von einer Instanz. Man assoziiert “Gericht”, hat prophylaktisch ein schlechtes Gewissen und kann vor lauter Angst nicht mehr richtig denken.

Aber denken und sprechen, das gehört halt einfach zusammen. Und Verstand und verstehen. Das macht das Gebrabbel in der Computerindustrie und anderswo ja so beängstigend.

Weil: Was für Systeme bauen wohl Leute, die so reden? Ey Mann, das ist echt voll krass!

Silicon-Redaktion

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