In Karlsruhe startet an diesem Donnerstag der 8. Linux-Tag. Die aktuellen Diskussionen über den
Einsatz von Open-Source-Software in der öffentlichen Verwaltung und die Lizenzstreitigkeiten
zwischen SCO und IBM dürften reichlich Gesprächsstoff für die viertägige Messe mit Fachkongress
liefern.
Einen Schwerpunkt stellen die Veranstalter von Linux-Tag e.V. selbst heraus: Gemeinsam mit dem
Bundesinnenministerium wird neben der Fachmesse ein “Business- und Behördenkongress”
stattfinden, der Fallbeispiele auch für den Einsatz von Linux in unternehmenskritischen Bereichen
liefern soll.
Der Behördenmarkt ist auch für Daniel Rieck vom Linux-Verband eines der zentralen Themen auf
dem diesjährigen Treffen der Linux-Community in der Bundesrepublik. Damit werde das “nächste
Level in der Auseinandersetzung von Microsoft” erreicht. Den Auslöser habe der amerikanische
Softwareriese mit der Einstellung des NT-Supports zum Jahresende selbst geliefert, meint Rieck und
verweist auf die Grundsatzentscheidung der Stadt München für eine Open-Source-Infrastruktur.
“Hier wird immer mehr auch wettbewerbspolitisch und strategisch gedacht”, sagt Rieck im Gespräch
mit silicon.de. Hinzu kommen aus seiner Sicht standortpolitische Argumente: “Selbst wenn eine
Open-Source-Lösung das gleiche kostet, verwenden die Entscheider ihr Budget inzwischen lieber für
einen lokalen IT-Dienstleister, als für Microsoft-Produkte.”
Die Debatte habe sich über reine Kostenargumente hinaus erweitert, meint Rieck. “Das macht auch
Sinn, weil die Kostenstruktur sich in jedem Fall anders darstellt und kaum vergleichbar ist.” Allerdings
nutzten viele IT-Entscheider im öffentlichen Sektor das Linux-Argument vor allem dazu,
Microsoft-Angebote im Preis zu drücken. Dazu werde es in Karlsruhe eine spannende Debatte geben,
glaubt Rieck.
Die Kosten, seien für vier von fünf Entscheidern noch immer das “Eintrittsargument”, hält Christian
Egle dagegen. Der Sprecher des Nürnberger Linux-Distributors Suse sieht die “kaufmännischen
Entscheider” noch immer am längeren Hebel, wenn es um den Einsatz von Open Source im
Unternehmen geht. “Nur so wird der Status quo überhaupt infrage gestellt.” Die Anwender suchten
darüber hinaus in letzter Zeit vor allem mehr Herstellerunabhängigkeit.
Neben der Diskussion um vermeintliche Urheberrechtsverletzungen durch Linux-Quellcode sorgte in
der vergangenen Woche auch eine Studie zu rechtlichen Unsicherheiten von Open Source für
Aufregung. Auftraggeber war der Verband der Softwareindustrie VSI. Es sei aber kein Geheimnis,
dass vor allem Microsoft an den warnenden Aussagen zum Thema interessiert gewesen sein, meint
Rieck. “Das wird auf dem Linux-Tag sicherlich stark diskutiert werden.”
“In der Tat gibt es rechtliche Probleme mit Lizenzbestimmungen”, räumt er ein. Die Haftungsfragen
beträfen aber vor allem Entwickler, die auf Basis von GPL-lizenzierter Software erneut Software
produzierten, die erneut unter die GPL gestellt werden soll. “Die Anwender betrifft die Haftungsfrage
überhaupt nicht.” Eine breite Verunsicherung bei den deutschen Unternehmen will Rieck deshalb nicht
feststellen.
Darüber hinaus macht der Lobbyist aber noch ein Thema aus, das erst im Verlauf der letzten Monate
an Bedeutung gewonnen habe: “Selbst im Maschinenbau gibt es inzwischen ein großes Interesse an
Linux auf dem Desktop, nicht nur zur Steuerung von Anlagen.”
Der Linux-Tag bleibe damit vor allem ein Forum für “technisch Interessierte und Versierte, ein
Expertenzirkel”, ergänzt Suse-Sprecher Egle. Die Karlsruher Messe sei nach wie vor “kein relevantes
Entscheiderforum”. Das müsse man eher auf der “Linux World Expo” Ende Oktober in Frankfurt/M.
suchen, so Egle. “Der Linux-Tag hat aber gute Chancen, zu einem Kristallisationspunkt im
Behördenumfeld zu werden.”
Trotzdem nimmt Suse den Linux-Tag zum Anlass, seinen “Standard Server 8.0” vorzustellen. Vor
allem kleine und mittelgroße Unternehmen bis 50 Mitarbeiter (KMU) will der Softwarehersteller mit
seinem Netzwerkbetriebssystem ansprechen. Damit könnten auch Administratoren ohne
Linux-Expertenwissen Serverdienste wie VPN oder DHCP aufsetzen und die entsprechenden
Zugangsrechte verwalten. Weiterer Schwerpunkt in dem Release ist die Möglichkeit,
Client-Server-Applikationen auch in KMUs ohne größeren Aufwand bereitzustellen.
Unter den rund 150 Linux-Tag-Ausstellern finden sich klingende Namen wie AMD, Apple, Bea,
Fujitsu-Siemens, Hewlett-Packard, IBM, Intel, Oracle, SAP, Sun Microsystems sowie der
Linux-Distributor Redhat. Außerdem sind das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik
(BSI) und zahlreiche Systemhäuser vertreten. Auch die Entwicklungsprojekte im Linux-Umfeld wie
KDE, Samba, PHP, Debian und BSD fehlen nicht.
Mit einem “Coding Marathon” wird der Linux-Tag erstmals sportlich. Hier sollen
Programmierer-Teams aus bis zu vier Personen unter Zeitdruck die Laufzeit von Programmen
verbessern und Anwendungen fertigstellen. Eine Jury bewertet nach Wettbewerbsende Originalität,
technische Umsetzung und Anwendbarkeit. Damit könne die Leistungsfähigkeit der
Open-Source-Community unter Beweis gestellt werden, hoffen die Veranstalter.
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