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Microsoft öffnet Source Code für Win CE

Der mächtige Microsoft-Konzern hat einen grundlegenden Strategiewechsel eingeleitet und stellt den Quellcode seines Betriebssystems Windows CE interessierten Softwareentwicklern vollständig zur Verfügung. Die Microsoft-Partner dürfen das OS nach Belieben verändern und an ihre Bedürfnisse anpassen – und auch so verbreiten und damit Geld verdienen.

Microsoft experimentiert zwar schon seit rund zwei Jahren mit seinem ‘Shared-Source-Programm’ und gibt ausgewählten Partnern einen Einblick in die Funktionsweise seiner Betriebssysteme. Aber selbst von Windows CE, das die Hersteller von Personal Digital Assitants (PDAs) gerne stärker an ihre hochintegrierten Geräte anpassen würden, waren bisher nur rund 45 Prozent des Quellcodes einsehbar. Bisher durften Hardware- und Chip-Hersteller genauso wie Systemintegratoren lediglich Fehler beseitigen und Anpassungen machen, um das OS dann in ihren Produkten zu verwenden.

Jetzt sollen die Unternehmen ihr abgewandeltes Win CE für jeweils ein halbes Jahr exklusiv vermarkten dürfen. Danach besteht die Option, die Eigenleistung Microsoft zur Verfügung zu stellen. Während ein Halbleiterhersteller daran interessiert sein könnte, seine Konzeption weiter zu verbreiten und damit möglicherweise einen Standard zu setzen, würde ein Hersteller von Smartphones die Früchte seiner Arbeit wohl nur ungern mit der Konkurrenz teilen. Beides soll möglich sein, verspricht Microsoft.

Nach ersten Berichten haben sich bereits Intel, ARM, National Semiconductor, Mips, Hitachi, Mitsubishi, Samsung und Toshiba für das ‘Windows CE Shared Source Premium Licensing Program’ gemeldet. Analysten wie Al Gillen von IDC äußerten sich äußerst positiv über die Ankündigung von Microsoft. Gerade im Markt für Embedded-Betriebssysteme sei die Anpassungsfähigkeit von entscheidender Bedeutung.

Andere kritisierten, Microsoft lasse seine Partner die eigentliche Arbeit machen und dann müssten sie auch noch dafür zahlen. Denn egal, ob der Original-Code verwendet wird oder die eigene Version – die Lizenzzahlungen blieben die gleichen. Die Bedingungen seien unannehmbar, meint Gillens IDC-Kollege Roger Kay. Noch ist unklar, wie praktikabel Microsofts Ansatz sein wird, zwischen allgemeinen Verbesserungen an CE und solchen zu unterscheiden, mit denen sich ein Hersteller von seinen Mitbewerbern absetzen will.

Die neue Lizenzform wird allgemein mit dem Druck in Verbindung gebracht, den Microsoft zunehmend aus dem Open-Source-Lager spürt. Nachdem große Konkurrenten wie IBM, Sun und Oracle das frei verfügbare Betriebssystem Linux schon seit Jahren unterstützen, mehren sich jetzt die Berichte über große öffentliche Auftraggeber, die Microsoft-Systeme durch Open-Source-Software ersetzen wollen.

Im US-Bundesstaat Oregon wird derzeit ein Gesetzentwurf debattiert, der erstmals in den Vereinigten Staaten eine öffentliche Verwaltung dazu verpflichten könnte, bei jeder Software-Beschaffung auch Open-Source-Produkte in Erwägung zu ziehen. Microsoft sowie die Industrieverbände Business Software Alliance und Initiative for Software Choice laufen Sturm dagegen.

In dem Entwurf des demokratischen Abgeordneten Phil Barnhart findet sich allerdings keine Priorisierung von Open Source oder proprietärer Software. Deutlich ist allerdings der Hinweis, dass sich mit Open Source die Anschaffungs- und Betriebskosten von Software in der öffentlichen Verwaltung drastisch senken ließen.

Microsoft hatte sich im vergangenen Jahr in Oregon bei einigen Politikern unbeliebt gemacht, nachdem einige Schulen des Bundesstaats harsch aufgefordert wurden, ihre Software zu lizenzieren. Andernfalls werde Microsoft eine Überprüfung wegen Softwarepiraterie durchführen.

silicon meint: Und sie bewegen sich doch: Gerade weil die Microsoft-Lobby in den USA so mächtig ist, verdient die politische Diskussion um Open Source besonderen Respekt. Offenbar ist der Druck aber auch so schon gewaltig: Anfangs als Mogelpackung verlacht, scheint das ‘Shared-Source-Programm’ jetzt so eine Art Eigentherapie zu sein. Denn Microsoft probiert mit Windows CE nicht weniger als ein alternatives Entwicklungsmodell für Software aus. Von Open Source ist das noch weit entfernt, aber auf den Untergang der Betonköpfe aus Redmond sollte man vielleicht doch noch keine Wetten abschließen.

Silicon-Redaktion

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