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SAP-Dickschiff hisst die Service-Flagge

Der Walldorfer Softwarekonzern SAP hat erkannt, dass sich mit neuen Lizenzen allein nicht mehr allzu viel Geld verdienen lässt. Er ködert neue Kunden und bindet die alten etwas mehr durch ein geradezu ganzheitliches Diensteportfolio für alle Unternehmensgrößen und gezielte Unterstützungsmaßnahmen für Migrationen. In diesen Kanon gehört auch die neue Plattform Netweaver und der Gedanke, voll integrierte Lösungen zu suchen, statt wie bisher Module zu verkaufen. Spezielle Mittelstandsinitiativen habe man auch noch in petto, heißt es aus Walldorf.”SAP gibt sich jedes Jahr vier bis fünf Themen, die in die Zeit passen und von uns intensiv bearbeitet werden, sowohl theoretisch als auch praktisch”, sagt Matthias Haendley, Head of Market Strategy Technology EMEA. Und mit dem neuesten Schlagwort ERP scheinen die Walldorfer tatsächlich den Nagel auf den Kopf getroffen zu haben. Allerdings gibt es in der praktischen Umsetzung der so nahtlos daherkommenden Lösungsansätze noch Lücken.

Schnell, flexibel und anpassbar müsse die Software sein, sonst tauge sie nicht für die neuen Anforderungen. Und die liegen nach Ansicht der Walldorfer dieses Jahr im ERP-Bereich. Dahinter verbirgt sich jedoch meist eine alte Bekannte – R/3 im neuen Gewand.

So betrachtet SAP zwar die ERP-Welt als adäquate Nachfolgerin des kleinen “e” vor jedem “Business”. Jedoch gehört hierzu mehr, als nur Software für jedes Problem anbieten zu können. So erklärt wiederum Haendley den Zusammenhang: “R/3 ist quasi unser ERP-Angebot, das vor allem Upgrade-Vorteile mit sich bringt, weil die Suite umfassend ist und fest verankert in unserer Produktfamilie. Das gilt vor allem für den anspruchsvollen Mittelstand.”

Pakete für jede Kundengröße

Die Frage, ob es im Mittelstand überhaupt Bedarf für die groß ausgerollte mySAP-ERP-Global-Initiative gebe, beantwortet Gunther Reinhard von der Deutschen SAP-Anwendergruppe (DSAG) so: “Der deutsche Mittelstand ist oft auch international aufgestellt. Meist mit einer überschaubaren Anzahl von ausländischen Niederlassungen.”

Da SAP-Software in den gängigen Sprachen zur Verfügung stehe, könnten die Anwender die Software unternehmensweit einsetzen und die Systeme so miteinander kommunizieren.

Für ihn steht fest: “Bei der Einführung von SAP-Systemen bauen sie beispielsweise einen Prototypen für ein System und passen diesen dann in den Niederlassungen an. Dabei hilft natürlich eine weltweit einheitliche Zertifizierung oder ein internationales Beraterteam.” Reinhard würde die Frage also klar bejahen.

Kleinere Kunden mit größeren Wünschen

Zwar hält der Leiter des DSAG-Arbeitskreises “SAP im Mittelstand” den Konzern für den Marktführer im Mittelstandsbereich. “Allerdings”, so schränkt er ein, “hat SAP auch gelernt, dass der heterogene Mittelstand nicht umfassend angesprochen werden konnte.”

Aber das Unternehmen habe im gehobenen Mittelstand Bestandskunden, die erfolgreich R/3 oder die branchenspezifische Lösung mySAP All-in-One einsetzten. Der Konzern wird nach Ansicht von Reinhard seine Position hier sogar weiter ausbauen, denn: “Mit der neuen Offensive kann SAP den Mittelstand nun fast vollständig abdecken und auch auf die Kundenbedürfnisse des unteren Mittelstands eingehen. Anwender finden nun für fast jeden Anspruch eine Lösung.”

Der Teufel steckt im Detail

Einige Stolpersteine bei der traditionell auf Großunternehmen spezialisierten SAP, wenn es um Mittelstandsprodukte und -Lösungen geht, hat er aber auch ausgemacht. Gunther Reinhard will aber nicht direkt von Mängeln reden.

Lieber umschreibt er die Probleme folgendermaßen: “Es ist natürlich so, dass die Installationen und der Hardwarebedarf von mySAP-Systemen umfassend sind. So haben sogar die SAP-Anwender in mittelständischen Unternehmen mindestens zwei getrennte Systeme, ein Test- und Entwicklungssystem sowie ein Produktivsystem.”

So gesehen müssten die kleineren Kunden die Einführung der neuen Mittelstandslösung SAP Business One als Erleichterung empfunden haben. Sie sei, so Reinhard, “eine skalierbare Standardsoftware, die in einem überschaubaren finanziellen und zeitlichen Rahmen eingeführt werden kann.” Auch der Vertrieb, so betont er im Gespräch mit silicon.de, und der Support würde neu organisiert. “Im Mittelstandsbereich wird SAP damit zu einem neuen Unternehmen.”

Support-Strategie muss Jahre halten

Dieses etwas gehäutete Wesen hat sich auch gleich eine neue Support-Strategie gegeben, die allen Kunden helfen soll – und das nicht erst, wenn die Katastrophe bereits passiert ist. Dafür, so erfuhr silicon.de, werde die gesamte Geschäftsstruktur umgebaut. “Wir haben uns die proaktive Fehlerbehebung als Ziel gesetzt”, sagt Miho Birimisa, Produktmanager für Service und Support. Auf den drei Ebenen der Kundensituation, der eingesetzten Produktklasse und des spezifischen Managements vor Ort wolle die SAP im Rahmen der Strategie “Verständnis aufbauen und unser Wissen einsetzen”.

Die Erfahrungen professioneller Anwender mit diesem “Active Global Support” umschreibt Andreas Oczko, stellvertretender DSAG-Arbeitskreissprecher. Er ist begeistert: “Der Active Global Support ist eine unverzichtbare Anlaufstelle für alle professionellen SAP-Anwender mit produktiven Anwendungen. Der SAP-Support bearbeitet massive Produktionsstörungen unbürokratisch, zuverlässig und engagiert.”

Holprig werde es nur, wenn man kleinere Fragen habe: “Für Probleme mit geringerer Priorität muss der SAP-Anwender allerdings einige Abstriche in Kauf nehmen. Dies gilt aber für alle Service Provider mit sehr hoher Auslastung.” Und er hat noch einen Tipp aus der Praxis parat: “Gute Kontakte in den Global Support hinein oder engagierte “named” Kundenbetreuer sind in diesem Fall für zielgerechte Eskalationen eine großer Hilfe.”

Organisatorische Zwangsjacke

Alles in allem sei der Support stets bemüht, bestehende Abläufe kontinuierlich im Dialog mit den Kunden zu verbessern. Nur die “organisatorischen Zwänge von SAP, zumindest aus Sicht der Kunden,” beschränkten zuweilen den reibungslosen Ablauf etwas.

Für “einfach nur teuer” – das sind die Worte eines SAP-Nutzers in einem Automobilunternehmen, der ungenannt bleiben möchte – hält Andreas Oczko die Hilfestellung der Walldorfer bei weitem nicht. “Reale Nutzbarkeit muss man a priori allen Angeboten von Active Global Support zugestehen.”

“Aber jedes Angebot von SAP ist im Kontext des konkreten Kunden zu prüfen. So kann ein und dasselbe Angebot für den einen Kunden sehr wertvoll und für den anderen überflüssig, unpassend und hoffnungslos überteuert sein. Oder aber ein kostenloses Supportangebot ist noch zu teuer, ein Millionenangebot dagegen preiswert”, führt der Arbeitskreissprecher an.

Ein wichtige Rolle bei der Beurteilung des Werts spielen seiner Ansicht nach Fähigkeiten und Position des eigenen SAP Customer Competence Centers (CCC) im Unternehmen. Beispielsweise könnten “im konkreten Fall für den einen Kunden einzelne Angebotspunkte eines Programms von SAP besser, effektiver und dramatisch günstiger durch das eigene CCC abgedeckt werden, und wiederum bei einem anderen Kunden für den produktiven Betrieb äußerst sinnvoll sein”.

Von Praktiker zu Praktiker

Generell kann er die kostenlose Konzernfunktionalität im SAPNet R/3 Frontend sehr empfehlen. Andererseits sollte ein Kunde beispielsweise “das Maximum-Attention-Paket sehr sorgfältig vor der Kaufentscheidung prüfen”.

Oczko weiter: “Das Produkt Solution Manager sollte wiederum in jedem Fall vor einem produktiven Einsatz in der konkreten Umgebung intensiv auf Funktionalität, Notwendigkeit und Integrationsfähigkeit abgeklopft werden, um böse Überraschungen und Folgekosten zu vermeiden. Hier sind auch grundsätzliche funktionale Änderungen mit Release 3.1 – das ist für kommenden Dezember angekündigt – zu erwarten.”

Er rät zur Mitgliedschaft in der DSAG, denn: “Die Kommunikation mit anderen SAP-Kunden im Arbeitskreis ist die beste und unparteilichste Unterstützung bei der Bewertung der einzelnen Pakete von Active Global Support für den konkreten Fall.”

Silicon-Redaktion

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