IT-Dienstleister haben Preiskrieg eröffnet
Gefährdete Spezies: Die Berater
Für die Anwender ist die Lage rosig: Der Markt für Software- und IT-Services (SITS) hat den Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt vollzogen. Speziell die Anbieter von IT-Dienstleistungen haben mittlerweile im Kampf um die wenigen Projekte einen Preiskrieg eröffnet. Das heißt in letzter Konsequenz, dass die Honorarsätze für Berater von den mittlerweile erreichten schwindelnden Höhen herabstürzen werden. Zu diesem Ergebnis kommt die Beratungsfirma PAC in einer aktuellen Studie.
Viele Anbieter hätten bereits ihre Kapazitäten an die veränderte Marktsituation angepasst, heißt es. Allerdings sei die Auslastung der Beraterkapazitäten für die Dienstleister nicht so wichtig wie die Aufrechterhaltung und der Ausbau der Kundenbasis. Besonders spektakuläre Vereinbarungen zur Auslagerung von IT hätten im letzten Jahr Interessenten angelockt. Diese könnten aber aus einer gewissen Anzahl von Anbietern auswählen, die im wesentlichen ähnliche Angebote machten.
So seien die Dienstleister nicht nur bei der Neukundengewinnung, sondern auch bei der “Verteidigung” von Bestandskunden mittlerweile zu erheblichen Preiszugeständnissen bereit, melden die Berater. Sie legen ihrer Beobachtung einen Vergleich der Tagessätze für Berater zugrunde. Demnach seien diese Beträge am Ende der Jahre 2001, 2002 und 2003 immer weiter zurückgegangen.
Der Preisrückgang Ende 2002 im Vergleich zum Vorjahr habe bei minus 9 Prozent gelegen, für dieses Jahr rechnen die Marktkenner mit einem Absinken von 5 Prozent – dies allerdings nur, wenn sich die Preise stabilisieren, wie es einige Analysten prognostizieren. Ansonsten dürfte der Preisverfall noch größer ausfallen.
“Vergleicht man jedoch die Tagessätze im Jahresdurchschnitt, ergibt sich ein ganz anderes Bild. Dann sehen wir nämlich, dass die Preise 2002 um nur um 3,5 Prozent gesunken sind, während 2003 ein weiterer Preisverfall von prognostizierten 9,5 Prozent zu verzeichnen sein wird”, so Studienautor Tobias Ortwein. Da für die Marktentwicklung die Durchschnittspreise maßgeblich seien, kündige sich ein schwieriges Jahr 2003 an.
Nach Branchen aufgeschlüsselt sieht die Prognose so aus: Speziell im Umfeld der kundenspezifischen Softwareentwicklung müssen nach Angaben von PAC erhebliche Preisabschläge hingenommen werden. Die Berater machen eine verstärkte Umorientierung zu Standard-Softwareprodukten hierfür verantwortlich. Aber auch innerhalb dieser Produkte seien Abweichungen weniger häufig geworden. Die Kunden versuchten “am Standard zu bleiben”.
Grund dafür seien wieder die bekannten Kostengründe. So hätten SAP-Anwender einen Release-Wechsel von 3.x oder 4.x nach 4.6 teuer bezahlt. Abweichungen vom Standard verursachten dabei überproportional hohe Kosten. Ortwein hat außerdem beobachtet, dass in einem traditionellen Kundenbereich für teure Software-Anpassungen neuerdings auch extrem gespart werde, nämlich bei Banken und Versicherungen. Ihren eigenen Kostendruck gäben sie zum Teil bei gleichbleibenden Bedürfnissen an die Anbieter von IT-Dienstleistungen weiter. Von einem Preisverfall von über 13 Prozent ist die Rede.
Für die Beraterbranche, so Ortwein, bedeute dies deutlich geringere Einnahmen. Besonders hart treffe es dabei die unteren Beraterränge wie Juniorberater, wo die Anbieter im Durchschnitt ihre Tagessätze um fast 25 Prozent reduzieren mussten.
Spezialisten-Wissen sei nach wie vor gefragt in den Branchen ‘Utilities’ und ‘Retail’ für Seniorberater mit SAP-Kenntnissen. Hier haben die PAC-Leute kaum einen Preisrückgang bemerkt. Der Energieversorgungssektor zeichne sich daneben durch den geringsten Rückgang aus.
“Sowohl Anbieter wie auch Anwender haben mittlerweile ein hohes Maß an Kreativität gezeigt, auch versteckte Preisnachlässe zu verhandeln”, so Ortwein. So würden beispielsweise vom Anwender Tagessätze verlangt, die zwar auf der Basis von acht Stunden pro Tag kalkuliert seien, tatsächlich müssten aber zehn Stunden und mehr geleistet werden. Nur noch wenige Kunden seien zudem bereit, für Reisekosten und Spesen aufzukommen. Auf der anderen Seite würden vom Anbieter auch einmal Juniorberater für ein spezielles Angebot zum Berater “befördert” und dementsprechend bepreist.
Abschließend zeichnet der Studienautor ein düsteres Bild: Unter anderem auch durch das Thema Offshore-Outsourcing getrieben sei mit einem weiteren Rückgang der Preise zu rechnen.
Klare Vorteile bescheinigen die Berater jenen IT-Serviceprovidern, die mittlerweile ihren Overhead an die aktuelle Marktsituation angepasst und die Strukturen verschlankt hätten. PAC markiert denn auch die großen Anbieter als klare Sieger der anstehenden Konsolidierung. Ortwein: “Sie haben am ehesten die Möglichkeiten und den finanziellen Background, so eine Phase zu überstehen.”