Die amerikanische Bundespolizei FBI sieht in der Internet-Sprachtelefonie eine Bedrohung der nationalen Sicherheit. Die Behörde hat deshalb bei der Kommunikationsaufsicht FCC in Washington Abhörmöglichkeiten beantragt, die den bisherigen Rahmen deutlich sprengen. Die Hersteller von Hardware aber auch die Anbieter von Breitbandzugängen sind den Ansprüchen der Ermittler aus unterschiedlichen Gründen nicht abgeneigt. Datenschützer dagegen warnen vor einer Ausweitung der Befugnisse auf Basis eines Abhörgesetzes aus dem Jahr 1994.
Terroristen würden bevorzugt Kommunikationstechnik verwenden, die auf dem neuesten Stand sei, heißt es bei der Technikabteilung für elektronische Überwachung des FBI in Chantilly, Virginia. Außerdem verbreite sich der breitbandige Internetzugang in den USA mit großer Geschwindigkeit. Voice-over-IP, also digitale Sprachkommunikation über das Web, werde sich schnell durchsetzen. Noch aber fehlten den Strafverfolgungsbehörden die technischen und rechtlichen Mittel, diese Kommunikation zu überwachen.
Im Kern geht es dem FBI allerdings nicht um den Inhalt der Gespräche, auch wenn einige VoIP-Anbieter eilfertig erklären, sie könnten auch deren Aufzeichnungen liefern. Viel interessanter, weil effektiv auswertbar, sind detaillierte Verbindungsdaten: Wer hat wann, mit wem, wie lange gesprochen, welche Verbindung wurde während des Gesprächs möglicherweise gehalten oder parallel aufgebaut? Das seien vom Gesetzgeber sanktionierte Ansprüche des FBI, die es nun durchzusetzen gelte, heißt es in der Vorlage, die bei der FCC eingereicht wurde.
Jeder Anbieter wäre demnach gezwungen, technische Vorkehrungen für eine Überwachung des Datenverkehrs zu treffen. Das erlauben zwar schon die Regelungen der Verordnung DCS 1000, die zuvor unter dem Namen “Carnivore” bekannt wurde. Das FBI fürchtet aber, bei Anbietern wie Vonage, Time Warner Cable, Net2Phone, 8X8, Deltathree oder Digitalvoice nicht die gewünschten Daten zu bekommen.
Deshalb will das FBI mit einer Neuinterpretation des ‘Communications Assistance for Law Enforcement Act’, kurz Calea, den Druck auf die Provider erhöhen. In den Haushaltsverordnungen für Calea sind jedenfalls schon 500 Millionen Dollar reserviert, um die DSL-Anbieter für ihren Aufwand zu entschädigen. Die technischen Voraussetzungen scheinen bereits gegeben, denn der Netzausrüster Cisco beispielsweise liefert seine Geräte schon so aus, dass sie im Bedarfsfall einfach angezapft werden können.
Das FBI geht sogar weiter und fordert eine Standardisierung der Schnittstellen. Denn Datendienste von AT&T oder Sprint PCS erwiesen sich in der jüngsten Vergangenheit als resistent gegen die wissbegierigen Ermittler. Eine Entscheidung der FCC wird für den Herbst erwartet.
Widerstand von den Zugangsanbietern wie etwa Earthlink ist nicht zu befürchten. Sie wehren sich gegen eine FCC-Einstufung ihrer Dienstleistung als “Informationsdienst”. Sie wären dann zwar dem Zugriff des FBI wieder ein Stück weit entzogen – die regionalen Monopolisten in den Telefonnetzen, die ‘Baby-Bells’ wie Verizon oder Bell South, hätten so aber eine Handhabe, die Großkundengebühren für den Netzzugang zu erhöhen. Um den Netzbetreibern den Breitbandmarkt nicht allein zu überlassen, wollen sie das auf jeden Fall verhindern.
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