Ex-Hacker macht AOLs Profite zunichte
File-Sharing should be as free as a bird …
Der Internet-Konzern AOL Time Warner macht derzeit verzweifelte Anstrengungen, die Verbreitung eines neuen Programms nicht zu fördern, sondern zu unterbinden. Am Mittwoch hatte Winamp-Entwickler Justin Frankel, der Kopf des AOL-Zukaufs Nullsoft das neue AOL-Filesharing-Programm kostenfrei auf die Website zum Download bereit gestellt.
Keine 24 Stunden danach hatte AOL das Programm von der Site genommen und eine Warnung an die Nutzer positioniert. Darin hieß es, dass der Download des Programms nicht von dem Hersteller autorisiert und damit also illegal sei in verschiedener Hinsicht.
So heißt es in der Nachricht an die Nutzer, dass sie “keinerlei ordentliche Rechte an der Software erworben haben und alle Exemplare und Einzelteile der Software zu vernichten und vom Rechner endgültig zu löschen” hätten. Ferner sei jede Lizenz die Nutzer glaubten erworben zu haben, “ungültig, nichtig und abgelaufen”.
Einstweilen wurde aber nach einer Meldung der New York Times die Software am Wochenende bereits eifrig getestet und in Chatforen diskutiert. Sie soll laut Produktvorankündigung kleineren Teams die Zusammenarbeit erleichtern und Dokumententausch in einer geschlossenen, definierten Nutzergruppe ermöglichen. Diese so genannten Encrypted Networks setzen sich ausdrücklich von freien Tausch-Foren wie Kazaa und Morpheus ab, die nach dem Modell von Napster arbeiten und die Medienunternehmen wie AOL wegen eines “Umgehens der Urheberrechte” verärgern.
Die Tester übten einstweilen erste Kritik an der Instant-Messenger-Weiterentwicklung mit dem Arbeitstitel “Waste”. So sei das Produkt nicht als gleichwertig mit Napster oder Grokster anzusehen, da hier weniger als hundert Mitglieder einer Community Dateien tauschen könnten. Auch die Zahl der möglichen Tauschvorgänge reiche nicht an die heran, die mit von illegalen Sites heruntergeladenen Tools erreicht werde.
Dennoch betrachten offenbar viele der Hackergemeinde zuzurechnende Nutzer die Software von Frankel, der sich trotz AOL-Arbeitsvertrag das Gehabe eines Hackers gibt und bisweilen als “Code Warrior Freedom Fighter des 21. Jahrhunderts” bezeichnet wird, als verbreitenswert. Es gibt mittlerweile, nur wenige Tage nach dem “Release”, bereits regelrechte Waste-Netze, meldet die US-Zeitung.
Schwierigkeiten hat AOL aber nicht zum ersten Mal mit dem 24 Jahre alten Gründer von Nullsoft, dessen Firma AOL im Jahr 1999 für 80 Millionen Dollar gekauft hatte. Bereits im März 2000 hatte er seine damalige Entwicklung “Gnutella” der Öffentlichkeit bar jeder Verpflichtung und kostenlos zum Download zur Verfügung gestellt – und zwar vor dem offiziellen Release der Software, an der ja nun AOL die Rechte hielt.
Sollte dieser neuerliche Vorstoß von Frankel dazu führen, dass Waste eine Lizenz der Free Software Foundation bekommt, so könnte sich ein Tauziehen zwischen AOL und Frankel entwickeln. Eben Moglen, Rechtsanwalt der FSF sagt: “Allerdings würde allein die Lizenz und die rechtmäßige Bezeichnung als Open Source es sehr erschweren, eine einmal veröffentlichte Software jemals wieder einzufangen.”