Die großen Hersteller von Unterhaltungselektronik machen tatsächlich ernst mit ihren Linux-Plänen. Am Rande der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin betonten die vertretenen Unternehmen, das Open-Source-Betriebssystem werde schon bald in Fernsehgeräten, Set-top-Geräten und DVD-Playern zum Einsatz kommen. “Die Consumer-Electronics-Industrie hat sich zu großen Teilen bereits für Linux entschieden”, betonte Philips-CEO Gerard Kleisterlee in Berlin. Für ihn gibt es zwei große Vorteile: Zum einen eigne sich das OS in Embedded-Versionen hervorragend, weil es so flexibel sei. Zum anderen nähmen alle Hersteller jede Möglichkeit dankbar an, Kosten zu senken, um im besonders harten Konkurrenzkampf der Branche bestehen zu können.
Neben Philips, der Nummer drei auf dem Weltmarkt, hoffen auch die beiden führenden Unternehmen Sony und Matsushita darauf, dass sich auf dem Linux-Unterbau schon bald ein von allen Herstellern akzeptierter Standard entwickeln wird, mit dem sich die digitalen Inhalte zwischen den Geräten verschiedener Hersteller problemlos austauschen lassen. Derzeit setzen die meisten Unternehmen proprietäre Lösungen ein. Wachsender Beliebtheit erfreuen sich derzeit Websites, auf denen der Umbau der ‘D-Box’ des Abonnement-Fersehsenders Premiere zum Linux-Device beschrieben wird. Erfolgreiche Bastler berichten, ihre Set-top-Box arbeite jetzt viel schneller als mit dem eigentlichen OS des Herstellers.
Auch die Entwickler scheinen sich mit der Marschrichtung ihrer Firmen anfreunden zu können. Microsoft hat zwar auch ein abgespecktes Betriebssystem für die vernetze Heimunterhaltung im Programm – der Linux-Kernel aber lässt sich auf Größen von nur 1 MB eindampfen und stellt damit geringe Ansprüche an die Hardware. Weltweit werden jedes Jahr allein rund 164 Millionen Fernsehgeräte verkauft, die Spielwiese ist damit groß genug.
Viel Geld lässt sich mit diesen Produkten aber schon seit längerem nicht mehr verdienen. Martin Fink, bei Hewlett-Packard zuständig für die Linux-Aktivitäten, wies im Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters darauf hin, dass die Gewinnmargen bei fast allen Herstellern äußerst dünn sind. “Wenn dann die Lizenzgebühren für die verwendete Software wegfallen, zahlt sich das direkt aus.” Damit ist der Druck im Markt für Consumer Electronics schnell stark angewachsen, wie die Konkurrenz auf Linux zu setzen, um keine Kostennachteile einzufahren.
Deshalb geht es jetzt darum, Zeitvorteile herauszuarbeiten. Die beiden Schwergewichte Sony und Intel haben bereits vereinbart, gemeinsam Konzepte für die Vernetzung von PC und Stereoanlage oder von DVD-Player und Internetanbindung zu entwickeln. Weltweit sind nach Schätzungen der Unternehmen bereits rund 20 Millionen Haushalte mit entsprechender Technik ausgerüstet, in denen die kleinen PC-Lautsprecher nicht mehr ausreichten, um etwa die Musik-Inhalte auf der Festplatte zu nutzen. Sony, Philips und Samsung zeigen auf der IFA bereits Komplettlösungen für das ‘Home Network’. Und obwohl sich die deutschen Kinobetreiber gerade erst beklagt haben, dass der Online-Tausch von raubkopierten Filmen bereits zu Besucherrückgängen geführt hat, scheut sich Sonys Deutschland-Chef Leopold Bonengel nicht, ausdrücklich auf die erfreulich schnelle DSL-Verbreitung hinzuweisen. “Breitband-Internetzugänge werden vollkommen neue Möglichkeiten eröffnen”, meint Bonengel. Fragt sich nur, ob die Unterhaltungsindustrie davon auch im erhofften Umfang profitieren wird.
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