Die Handelskette Spar, nach dem niederländischen Wort für ‘Tanne’ benannt, versteht sich als “nah, frisch, freundlich und mit attraktiven Preisen” ausgestattet. Dem wollte wohl auch die IT-Abteilung der schweizerischen Handelsorganisation folgen und stellte den Datenverkehr mit ihren externen Partnern auf neue Füße. Kostendruck und die notwendige starke Beziehung zu Lieferanten und Partnern als Handelskette hat Spar dazu veranlasst, über effektivere Datenaustausch-Wege nachzudenken.
Während SAP XI, ein Hauptbestandteil von SAP Netweaver, dabei als prozessorientierte Umgebung den Informationsfluss zwischen Anwendungen unterstützt, sind Adapter des Software-Spezialisten Seeburger aus Bretten bei Karlsruhe für unternehmensübergreifende Geschäftsprozesse auf Basis der weit verbreiteten EDI-Standards (Electronic Data Interchange) zuständig.
Demnächst sollen auch die internen Partner, also die derzeit über 140 Märkte, ferner sechs ‘TopCC Cash & Carry Abholmärkte’ und Zulieferdienste an die neue Lösung angebunden werden – zwar noch nicht dieses Jahr, aber es gibt bereits konkrete Pläne dafür, wie die Lösung aussehen könnte.
Nicht aus der Steinzeit
Doch nun soll eine integrierte Software-Lösung aus zwei Komponenten das Ziel verfolgen, den geschäftlichen Datenaustausch der Schweizer mit Lieferanten, Filialen und Speditionsfirmen zu flexibilisieren und Integrationskosten zu senken. Und so entschied sich die Spar AG im schweizerischen St. Gallen für das Gesamtpaket aus der SAP Exchange Infrastructure (SAP XI) und den EDI-Adaptern von Seeburger. Nach Aussage des IT-Leiters Wolfgang Mähr wird sie in der Kalenderwoche 38 live geschaltet.
“Die Integration nach außen ist wichtiger als die nach innen,” erklärt Firmengründer und CEO Bernd Seeburger die Logik beim gewählten Ansatz. Und dies gelte vor allem für Industriesektoren mit immer wiederkehrenden und gleichförmigen Abläufen wie Logistik, Serienproduktion und einfacher mechanischer Wartung. Hier ließen sich, davon ist er überzeugt, die größten Einsparungen erzielen. “Spezielle Aufgaben wie die Konstruktion leben von der Abwechslung, hier sind automatisierte und automatisierende Tools schwer effektiv einzusetzen, man wäre mehr mit der Anpassung der Tools als mit der eigentlichen Arbeit beschäftigt.” Damit fällt die Handelskette mit ihren wöchentlich und manchmal täglich wiederkehrenden Lieferwegen von der Lagerhalle in die kleinen Filialen mit Kühlwaren, Gebrauchsgegenständen und Lebensmitteln genau in diesen adressierten Bereich.
Wolfgang Mähr, IT-Leiter der Spar Schweiz, betont aber, dass die St. Gallener Handeltreibenden nicht bei Null anfingen mit der neuen kombinierten Lösung. Er sagt: “Die Abwicklung ist bislang via EDI-Konverter ebenfalls schon elektronisch erfolgt. Diese Lösung war bei uns bereits seit 1998 im Einsatz.” Das Vorläuferprodukt war ETS, ein Konverter der Firma SAA, eine britische und auf SAP-Umgebungen spezialisierte Software- und Beratungsfirma. Die SAA hat die Wartung für dieses Produkt allerdings gestoppt. “Gleichzeitig sind auch der Support und die Weiterentwicklung dieses Produktes eingestellt worden, was eine Migration zur Folge hatte,” erklärt Mahr. Ein weiterer Nachteil: Für ETS gab es bis dahin keine zentrale Integrationsplattform.
5000 in der Stunde
Für die neue Investition in das Gesamtpaket sprechen laut Mähr mehrere Gründe. Die Entscheidung für SAP XI und die integrierten EDI-Adapter von Seeburger sei deshalb gefallen, “weil wir von dieser zentralen Integrationsplattform sowie der Kompetenz und Leistungsfähigkeit der beiden Partner im EAI- und B2B-Umfeld überzeugt sind.”
Er sagt, dass zunächst ganz natürlicherweise eine neue Produktvariante des alten Partners SAA im Gespräch war. Gegen deren neues Produkt REIMS habe sich aber der einzige Mitbewerber im Auswahlverfahren, die SAP/Seeburger-Lösung, durchgesetzt. Nicht nur der Ruf der beiden Anbieter habe Mähr dabei überzeugt, sondern die Erfüllung der doch recht breitgefächerten Erwartungen. So rechnet er bald nicht nur mit einer deutlichen Senkung der Integrationskosten, sondern verspricht sich auch “Zeit- und Flexibilitätsvorteile bei der Anbindung unserer Lieferanten und Märkte”. Eine wichtige Rolle spiele auch das zentrale Monitoring der Lösung.
Und die Integration? Mähr skizziert die letzten Wochen und Monate: “Unsere Projektpartner führten die Einstellungen am System durch, wobei der Aufwand für unsere Firma lediglich 15 Manntage war.” Die gesamte Projektlaufzeit sei von Juni 2003 bis Anfang September 2003 terminiert. Der Zeitplan könne nach dem jetzigen Stand der Dinge eingehalten werden.
Zahlreiche Tests sollen dies gewährleisten. Mähr beschreibt die Testphase: “In einem Massentest wurden innerhalb einer Stunde 5800 Nachrichten ohne Probleme verarbeitet. Wir haben im Zuge der Testreihen mehrere Massentests durchgeführt.” In die adaptergesteuerte Zahlungsabwicklung und Nachschubsteuerung, die – bei stark steigender Tendenz – derzeit pro Stunde in der Regel 5000 Lieferscheine und Rechnungen von Filialen, Lieferanten und Speditionspartnern in SAP einbucht, wurden zunächst Einkauf, Warenlager und Fakturierung als interne Funktionsbereiche integriert. Sie kommunizieren über den Datenaustausch-Standard EDI.
Standards gegen Sprachschwierigkeiten
Bei Spar sind unter Berücksichtigung der EDI-Spezifikation EANCOM etwa 300 Geschäftspartner eingebunden. Über diesen Standard, der in allen Bereichen der Industrie einsetzbar ist und in über 100 Ländern in der jeweiligen Landessprache unterstützt wird, schreibt das Standardisierungsgremium EAN International und Uniform Code Council (UCC): “Die Anwendung von EDI hat nur dann einen Kostenvorteil, wenn die beteiligten Geschäftspartner eine gemeinsame Sprache für den Austausch von Daten einsetzen. Damit ist es für EDI von grundlegender Bedeutung, Produkte, Dienstleistungen und auch den Partner eindeutig und unverwechselbar zu identifizieren. In EANCOM-Nachrichten wird also jedes Produkt durch eine eindeutige EAN-Standard-Artikelnummer (EAN) und jeder Partner durch eine eindeutige internationale Lokationsnummer (ILN) identifiziert.”
Für den Einsatz der EAN-Standards in EDI beschreiben die deutschen EAN-Wächter von der Centrale für Coorganisation (CCG) beispielsweise folgende Vorteile: Weltweite Eindeutigkeit des EAN-Systems, Vereinfachung der EDI-Nachrichten, Reduzierung des Datenvolumens und damit der Übertragungskosten, Verringerung der Anzahl möglicher EDIFACT-Nachrichteninterpretationen und -versionen durch EANCOM. Davon will nun auch die Lebensmittel-Handelskette in der Schweiz profitieren.
Extra Anpassung
Um die spezifischen Bedürfnisse des Kunden zu berücksichtigen, sei die Lösung so gebaut worden, dass sie die speziellen Formate berücksichtige. Bernd Seeburger erklärt, wie wichtig dies ist: “Gemeinhin heißt dies Mapping und bedeutet eine in Skript gegossene Formatverbindung.” Von diesen Mappings besitze Seeburger allein schon etwa 3000. Dabei werde ein Eingabefeld in Java relativ einfach, also ohne sogenannte ‘Deep-Design-Kenntnisse’ erzeugt und vom Anwender ausgefüllt. Vorher würden aber feste Prozesse genau festgelegt. Seeburger: “Bei der Handelskette Metro heißt beispielsweise die Zahl Einhundert bei der Eingabe immer ‘hundert Paletten’, das ist also eine Mengenangabe, die unveränderlich angelegt ist und 365 Tage im Jahr Gültigkeit besitzt.”
Unterstützt werden bei Spar zum Beispiel die Nachrichtenformate Bestellungen (Orders), Liefermeldung (Desadv), Rechnung (Invoice), Preisliste/Katalog (Pricat) sowie das Kommunikationsprotokoll OFTP. All diese Formate haben eigene Sprachregelungen und Definitionen. Und so ist vor allem der kleinere Integrationspartner Seeburger stolz auf die Implementierungsphase: Nur zwei Tage dauerte demnach der Einsatz vor Ort, um das schlüsselfertige EDI-System inklusive Anbindung an SAP XI aufzubauen.
Spar spart nicht nur
Von der Integrationsplattform und der Automatisierung unternehmensübergreifender Geschäftsprozesse verspricht sich Spar aber nicht nur Einspareffekte. Weil die Adapter leicht zu erweitern seien, soll auch der Pflegeaufwand für künftige Partneranbindungen massiv verringert werden. Profitieren sollen auch Geschäftspartner, die aus Kostengründen noch nicht über ein EDI-System verfügen. Sie werden, so heißt es, über das Marktplatz-Portal ‘SwissMartOne’ in den automatisierten Geschäftsdatenaustausch integriert. Und dies ist eine Adaption des Web EDI-Portals iMartOne der Hersteller. Mähr dazu: “Heute nutzen wir die Lösung nur für externe Partner. In Zukunft kann ich mir aber auch vorstellen, die Filialen darüber abzuwickeln.”
Mähr verrät, dass in naher Zukunft eine Ausweitung der zentralen Integrationsplattform geplant ist. “Hier denken wir an die Anbindung der Kassensysteme in unseren Märkten.” Das wird so aussehen, dass man sich so nahe wie möglich an eine Echtzeit-Monitoring-Lösung heranpirscht. “Wir werden vermutlich nicht auf Echtzeit hinauskommen. Mir schwebt eine Übermittlung der Eingaben zweimal täglich, also mittags und nachts vor.”
Zum heutigen Zeitpunkt kann der IT-Leiter die Einspareffekte zwar noch nicht beziffern, doch glücklich scheint er dennoch: “Obwohl wir noch nicht live sind und erst wenig Erfahrung damit haben, würden wir diese Lösung nicht mehr hergeben.”
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