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Protest gegen Göttinger Professor und seine Linux-Kritik

Noch keine sechs Wochen ist die Studie von Professor Gerald Spindler von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Göttingen alt, die im Auftrag des Verbandes der Softwareindustrie Deutschlands e.V. (VSI) durchgeführt wurde – nun regt sich der LIVE Linux-Verband Deutschland mit einer Kritik in sieben Punkten und dem Vorwurf, der VSI instrumentalisiere die Studie. Vor allem die von Spindler angesprochene Rechtsunsicherheit freier Software ziehen die Linux-Vertreter in Zweifel. Der Fehler, so äußert sich Daniel Riek, Vorsitzender vom LIVE Linux Verband, beruhe im wesentlichen auf einer Gleichsetzung der General Public License (GPL) mit freier Software. Seiner Ansicht nach ist dies grundfalsch.
Er erklärt, dass freie Software schließlich eine ganze Reihe von Lizenzfamilien umfasse, von denen die GPL und die MIT-Lizenz die Hauptstränge bildeten. Außerdem handle es sich bei der GPL, einer Copyleft-Lizenz, mitnichten um eine Nutzungserlaubnis für Endanwender. Die GPL regle statt dessen die Veränderung und Weitergabe der Software und schränke die Nutzung sogar explizit nicht ein. “Ähnliches gilt auch für viele andere freie Software-Lizenzen”, setzt Riek hinzu. So seien die Bestimmungen in rechtlicher Hinsicht eben nur dann relevant, wenn man als Nutzer die Software verändern und weitergeben wolle. Eine ausschließliche Nutzung sei ganz und gar uneingeschränkt.

Künstliche Problemkonstruktion wirft Riek dem Professor außerdem vor und erklärt, dieser verweigere sich “aus nicht erkennbaren Gründen bereits ausgiebig diskutierten Lösungsansätzen”. Spindler behaupte, die Tatsache, dass die Lizenzbedingungen der GPL nur in englischer Sprache vorlägen, sei ein Problem. Riek hält dagegen: “Wer in Berufung auf die GPL Software verändert oder weiterverbreitet, wird sich den damit verbundenen Pflichten nur schwerlich mit dem Argument entziehen können, er sei nicht in der Lage, die englischsprachigen Lizenzbedingungen zu verstehen.”

Weiterhin sei es Humbug von Spindler zu sagen, dass die GPL die Verbreitung über das Internet ausschließe, und dass “diese Verwendungsart den Autoren der Lizenz nicht bekannt” gewesen sei. Vielmehr habe Linus Torvalds bereits im Jahre 1991 die erste Vorversion des Linux-Kerns im Internet veröffentlicht und die Väter der GPL in der Free Software Foundation nutzten elektronische Wege bereits seit Mitte der 80er Jahre zur Kommunikation. Es sei also kaum anzunehmen, dass sich die Autoren der GPL nicht der Möglichkeiten des Internet für die Verbreitung von Software bewusst waren.

Außerdem will Riek mit dem ‘Kettenbrief’-Gerücht aufräumen: Bei freier Software und insbesondere bei der GPL gebe es, entgegen dem Eindruck, den die Studie an verschiedenen Stellen erweckt, keine Pflicht zur Weitergabe der Software. Vielmehr bestehe im Falle einer freiwilligen Weitergabe die Pflicht, auch die mit der GPL verbundenen Rechte und explizit den Quellcode der Software weiterzugeben. Die Weitergabe, so fügt der Vorsitzende des Linux-Verbandes an, könne aber durchaus auch gegen ein Entgelt erfolgen.

Riek weiter: “Schwerwiegende rechtliche Probleme sind dabei (bei der Nutzung von freier Software, Anm. d. Redaktion) die Ausnahme geblieben.” Er führt an, dass freie Software und die Idee ihrer Verbreitung ein seit mehr als drei Jahrzehnten weltweit praktiziertes Modell sei, das im Gegensatz zu proprietärer Software selten solche Schwierigkeiten gemacht habe. Und er geht noch weiter: “Dass eine in Deutschland ausschließlich vor dem Hintergrund der Problematiken proprietärer Software entwickelte Rechtsauslegung sich hier nicht eins zu eins übertragen lässt und gegebenenfalls angepasst werden muss, mag eine aktuelle rechtspolitische Aufgabenstellung sein, stellt das Modell jedoch nicht in Frage.”

Insgesamt sei jedoch zu bemerken, dass besonders die in der Studie angesprochenen haftungsrechtlichen Fragen und weitere Probleme durchaus auch für die proprietäre Software-Welt relevant seien. Riek: “Hier offenbart sich einer der zentralen Mängel der Spindler-Studie. Sie betrachtet isoliert freie Software oder die GPL und erweckt so streckenweise den Eindruck, grundsätzliche Fragen zur rechtlichen Behandlung von Software allgemein seien ein Spezifikum von freier Software.” Gälte dasselbe Maß für proprietäre Software, so zitiert er einen Bericht von Rechtsanwalt Thomas Eibinger aus dem Frühjahr dieses Jahres, so könne diese gar nicht mehr eingesetzt werden, sofern nicht der Support sichergestellt sei und eine Insolvenz des Herstellers nicht auszuschließen wäre.

Riek wirft Spindler vor, seine Thesen nicht in das Gesamtbild des Software-Rechts einzuordnen. “Zu einer solchen Einordnung hätte gehört, darauf hinzuweisen, dass einige der von ihm indizierten Probleme bei Software insgesamt existieren.” Außerdem seien einige der angeführten Punkte für Endanwender gar nicht relevant, sofern sie die Software nicht verändern. Vor diesem Hintergrund sollte er (Spindler) sich über den Vorwurf der Einseitigkeit nicht wundern. “Zwar ist die Studie im juristischen Kern wesentlich differenzierter, jedoch fehlt dies in der Außendarstellung vollkommen.”

Dieser letzte Punkt ist gegen den VSI gerichtet. Und so schließt Riek seine Betrachtungen mit dem Vorwurf der Instrumentalisierung der Studie durch den Microsoft-nahen Verband. Er hätte sich eine Einbeziehung der Haftungsbeschränkungen in den Endbenutzer-Lizenzen der großen Hersteller gewünscht und sagt abschließend: “Die Entwicklung und der Einsatz von Software birgt immer auch haftungsrechtliche Risiken. Der vom VSI erweckte Eindruck, dies sei nun ein besonderer Makel freier Software, trifft jedoch nicht zu.”

Silicon-Redaktion

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