Eine Internet-Plattform könnte das Wählen in der Schweiz verändern – wenn die Parteien mitmachen. Dank einer innovativen Internet-Wahlplattform könnten Wählerinnen und Wähler diesen Herbst ihre Idealkandidaten für den Nationalrat ermitteln. Doch nicht alle Parteien und schon gar nicht alle Kandidaten scheinen davon angetan, sich von ‘Smartvote’ in die Karten blicken zu lassen.
An den Nationalratswahlen diesen Herbst nehmen nach einem Bericht der Neuen Zürcher Zeitung über 3000 Kandidaten teil. Ein allgemeines Informationsdefizit und Unverständnis für die vorgefertigten Listen habe dazu geführt, dass bei den Nationalratswahlen 1999 in Zürich jeder zweite Wähler die Listen nach individuellen Gesichtspunkten verändert hat.
Genau hier soll das Internet-Projekt Smartvote ansetzen. In einer Datenbank werden sämtliche Kandidaten erfasst. Nebst Angaben zur eigenen Person können diese über einen Fragebogen ihr politisches Profil einspeisen. Die Wählenden können nun mit der Beantwortung derselben Fragen ihr eigenes politisches Profil erstellen und erhalten eine konkrete Wahlempfehlung.
Hinter dem Projekt steckt dem Bericht zufolge ein interdisziplinäres Team aus verschiedenen Schweizer Universitäten. Doch die Ambitionen sind hoch. Laut dem Politologen Bruno Jeitziner werden Wahlen im Internetzeitalter dank der Pionierarbeit von Smartvote nicht mehr so sein wie früher. Elektronische Wahlhilfen, basierend auf hoher Glaubwürdigkeit, werden sich durchsetzen und eine sorgfältigere und sachlichere Wahl ermöglichen, ist Jeitziner überzeugt.
Der Politologe Andreas Ladner, der als unabhängiger Beobachter fungiert, ist sich ebenfalls sicher, dass sich Wahlen mit dem Einsatz des Internet wesentlich verändern werden. Ein zentraler Punkt sei erreicht, wenn der Akt der Auswahl, für den Smartvote eine Grundlage bietet, mit dem tatsächlichen Akt der Wahl verbunden werde. Dies werde Auswirkungen auf die Listengestaltung haben: Listenpositionen werden an Gewicht verlieren. Dafür wird es wichtig sein, ein breites Angebot an Kandidaten auf eine Liste zu bringen, um Panaschierstimmen zu gewinnen, sagte Andreas Ladner.
Kandidaten und Parteien reagieren noch zurückhaltend. Allgemein treffe das Projekt zwar auf Wohlwollen, und sämtliche Bundesratsparteien empfehlen ihren Kandidaten die Registrierung. Indes habe bisher nur rund die Hälfte der Registrierten, das sind etwa 1000 Kandidaten, den Fragebogen überhaupt ausgefüllt. Einige kantonale Parteien konnten der Zeitung zufolge gar nicht zu einer Beteiligung bewogen werden. Andreas Ladner meint jedoch, dass es sich die Parteien in Zukunft nicht mehr leisten können, eine solche Plattform zu missachten. Denn schon wenige hundert Stimmen entscheiden oftmals über einen Sitz.
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