Warum DSL für kleinere Unternehmen attraktiv sein müsste, scheint klar: geringer Preis, viel Durchsatz. Doch das überzeugt deutsche Mittelständler offensichtlich nicht. So scheint DSL (Digital Subscriber Line) nur eine Erfolgsgeschichte im Bereich Privatanwender zu sein. Immerhin gibt es in Deutschland rund 3,2 Millionen Anschlüsse. Die Telekom stellt davon über 90 Prozent bereit. Wie viele davon aber von Unternehmen genutzt werden, darüber möchte sich die Telekom bislang nicht auslassen.
Verbandsfunktionäre und Vertreter der ITK-Industrie sehen es freilich anders: “UMTS und DSL sind die Techniken für den Mittelstand,” beteuert Joachim Claus, Vorstandsmitglied des Verbands der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE), und Leiter Innovations-Management der Deutschen Telekom. Großunternehmen könnten sich schließlich aufwändigere Internet-Zugänge wie zum Beispiel Standleitungen leisten. Doch mit weiteren Erläuterungen, wozu die Mittelstandsfirmen DSL eigentlich nutzen sollen, gehen Claus, aber auch andere Telekom-Vertreter nur vage ein.
Die schlechte Akzeptanz mag daran liegen, dass es bislang eine Art Killer-Applikation weder für DSL noch für UMTS gibt. Doch wenn es stimmt, wie Claus behauptet, dass für potentielle UMTS-Kunden “alle Anwendungen interessant sind, die heute schon im Internet genutzt werden”, lohnt es sich anzuschauen, wie Mittelstandsfirmen das DSL-Angebot annehmen. Schließlich sollen bis Ende dieses Jahres 200 deutsche Städte über ein UMTS-Netz verfügen.
<b>DSL bietet einen Einstieg</b>
Für Manfred Breul, Bereichsleiter Mobile Kommunikation und Infrastrukturnetze beim Branchenverband Bitkom, ist DSL die Einstiegstechnik für kleine Unternehmen, die elektronische Kommunikationsformen nutzen wollen. Zu dieser These veranlasst ihn unter anderem eine Bitkom-Erhebung vom Jahresende 2002, die auf einen erheblichen Nachholbedarf schließen lässt. Demnach nutzen nur 10,7 Prozent der Firmen, die weniger als 20 Mitarbeiter beschäftigen, eine DSL-Verbindung oder eine Standleitung mit 2 Mbit/s. Bei den Mittelständlern, die weniger als 500 Beschäftigte zählen, erstaunt die Rate ebenfalls: Sie liegt unter 30 Prozent.
Die Gründe, die Mittelständler schließlich zu breitbandigen Internet-Zugängen führen sollen, sind nicht wie im Privatbereich durch Neugier und mehr Komfort beim Surfen begründet, sondern durch die Suche nach Unterstützung für die eigenen Geschäftsprozesse. Da diese unterschiedlich sein können, existiere auch der typische Anwendungsfall nicht, führt Breul aus.
Das Entscheidende könne sowohl der Wunsch sein, Standorte zu verlinken oder die in der Republik verteilten Vertriebler besser in die Betriebsabläufe einzubinden. Anlass kann aber auch die Einrichtung von Heimbüros sein. Breul selbst arbeitet in Darmstadt, während sich die Bitkom-Zentrale in Berlin befindet. Auch der Manager ist per DSL an die Organisation angeschlossen – mit 1,5 Mbit/s im Downlink, damit er viel aus dem Internet und dem Firmennetz empfangen kann, und 192 Kbit/s im Uplink. Der Uplink entspricht der Leistung, die jeder DSL-Privatanschluss bereitstellt.
<b>Der Zugang darf ruhig etwas schneller sein</b>
“Bei uns”, berichtet Breul, “funktioniert die schriftliche Kommunikation zu 90 bis 95 Prozent per E-Mail.” Das Virtual Private Network (VPN) schließe aber auch eine 2-Mbit/s-Standleitung zwischen Zentrale und Frankfurter Niederlassung ein. Über diese Verbindung soll in Zukunft auch Telefonie funktionieren.
Doch noch ist es mit der Verbreitung der IP-Telefonie nicht soweit, wie bei dem Gros der deutschen Unternehmen herauszuhören ist. Etwa 81 Prozent der Unternehmen nutzen ISDN-Wählverbindungen, 12 Prozent sogar analoge Telefonleitungen.
Während Breul DSL als Einstieg in die Breitbandkommunikation sieht, streicht Nikolaus Böhning, Vorstand der Bildbau AG, die Flexibilität und den günstigen Preis als Pluspunkte für die Technik heraus. Die Multimedia-Agentur, in der 10 bis 25 Mitarbeiter ständig online sind, wechselte von einer Standleitung-Lösung zu DSL.
Die Agentur nutzt “Q-DSL Max”, ein Angebot der QSC AG, Köln. Hierbei sind Übertragungsgeschwindigkeiten von 2,3 Mbit/s in beide Richtungen möglich. Das ist einerseits notwendig, weil in beide Richtungen große Datenmengen auf einmal übertragen werden, zum Beispiel im Freigabeprozess für das Bildmaterial. Andererseits “nutzen wir die Bandbreiten nie voll aus”, sagt Böhning.
<b>Auf die Umgebung kommt es an</b>
Der Vorstand lobt zudem die Zuverlässigkeit der Lösung. Allerdings befinde sich die Firma in der Mitte Berlins, wo die Infrastruktur insgesamt besonders gut sei. Böhning spielt darauf an, dass selbst in Großstädten die Netze unterschiedlich dicht sind. Zudem räumt der Bildbau-Vorstand ein, dass die Entscheidung zugunsten von DSL nur zögerlich fiel. “Wir haben lange überlegt, ob wir den Schritt wagen können.”
So kam der Wechsel nicht von heute auf morgen. Das Unternehmen probierte die Technik zunächst parallel zu den bestehenden Verbindungen aus. Damals habe die Firma einen Umzug geplant und in diesem Zusammenhang nach einer flexibleren und preiswerteren Lösung gesucht, erinnert sich Böhning. Tatsächlich zahlt der Betrieb heute weniger als die Hälfte der Kommunikationskosten als zuvor. “Damals waren schon die Grundkosten sehr hoch”, erschaudert Böhning.
Auch Bitkom-Experte Breul bestätigt, dass wenn sich ein Unternehmen heute für einen DSL-Anschluss entscheidet, die Kosten dafür nahezu in den gesamten Telekommunikationsaufwendungen verschwinden. Die Verfügbarkeit der Leitungen stellen auch für ihn kein DSL-Hindernis dar; er schätz sie als hoch ein. “Die vom Anbieter garantierten Werte aber sind wie die Reaktionszeit im Fehlerfall, eine Frage der vertraglichen Vereinbarung”, setzt der Kommunikationsexperte hinzu. Zudem räumt er hierbei den Vereinbarungen zwischen Telekom-Alternativen und Mittelständlern wesentlich größere Erfolgschancen ein als möglichen Geschäftsbeziehungen mit dem Magenta-Riesen.
<b>Was kostet UMTS?</b>
So ordnet auch Breul DSL als Technik für den Mittelstand ein. Eine ähnliche Zuordnung der Breitband-Technik UMTS möchte er jedoch vermeiden. “UMTS ist auch für die Großen interessant”. Das Breitband für mobile Devices ermögliche eine ganz neue Dimension, gerät er ins Schwärmen. So sei es künftig möglich, direkt bei Kunden Aufträge zu buchen, Lagerbestände und Preise abzufragen. Aber auch die Steuerung von Service-Mitarbeitern durch Informationen vor Ort könne neue Qualität erreichen.
Trotz der offenbar geringen Vergleichbarkeit mit DSL scheint jedoch auch die Attraktivität von UMTS für den Mittelstand ein dafür ausgelegtes geschneidertes Preismodell zu sein. Zudem müsste das mobile Breitband auch außerhalb der großen Städte zur Verfügung stehen. Schließlich sind mittelständische Firmen zu einem Großteil außerhalb der Zentren angesiedelt und Außendienstmitarbeiter auch in Dörfern und Kleinstädten unterwegs. Außerdem reicht das bloße Technikangebot nicht. Für die Unterstützung von Geschäftsprozessen muss es die passenden Ansprechpartner geben, die sowohl die Chancen der Technik als auch die Bedürfnisse der Firmen erkennen als auch einfach umsetzen können.
In diese Richtung überlegt Joachim Claus offenbar nicht: “Kunden, die heute selbstverständlich Internet nutzen, wollen das in Zukunft mobil machen”, steht für ihn fest. Als Treiber sieht er das Bedürfnis “allways on”, also jederzeit informiert zu sein.
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