Categories: MobileUnternehmen

British Telecom greift nach deutschen Vorzeigeprojekten

“Meine Aufgabe ist es, die deutsche Niederlassung von BT zu einem internationalen Unternehmen zu machen”, sagt Viesturs Vucins, seit Mai 2003 deutscher Country Manager bei BT Global Services. British Telecom (BT) wagt im Auslandsgeschäft einen Spagat zwischen Globalisierung und der Eroberung nationaler Märkte.
Der Globalisierungskurs der TK-Industrie dauert schon mehrere Jahre an, hat aber durch die Branchenkrise einen dramatischen Rückschlag erlitten. Wie viele Wettbewerber hat sich auch BT mit Mergern und Akquisitionen übernommen und für UMTS-Lizenzen kräftig geblutet. Investitionen in Infrastrukturen für höhere Bandbreiten, deren Bedarf selbst von renommierten Analysten im Internet-Boom maßlos überschätzt wurde, kamen zu früh. Bilanzfälschungen wie etwa bei MCI/Worldcom haben ein Übriges getan, um die Aktienkurse ins Bodenlose zu treiben. Rund 60 Telefongesellschaften mussten in den vergangen zwei Jahren Konkurs anmelden.

BT hat auf diese Situation mit einem straffen Sparkurs und einer Neuordnung des Geschäfts reagiert. So wurde das Mobilfunk-Geschäft in mmO2 (hier zu Lande O2) ausgelagert, für das Auslandsgeschäft wurden Festnetztöchter gegründet, darunter die auf Europa konzentrierte BT Ignite. Diese Strategie hat das Unternehmen wieder in die Gewinnzone geführt – wenn auch bei stagnierenden Umsätzen. Der Konzern scheint neuen Mut gefasst zu haben und nimmt seinen Globalisierungskurs wieder auf. Symbolisiert wird die Neuausrichtung durch die Umbenennung von BT Ignite in BT Global Services, einem jetzt weltweit (außer UK) agierenden Unternehmen, das zudem einen Globus im neu entworfenen Logo trägt. Unterstrichen wird diese neue Ausrichtung durch die Verlegung der Zentrale des Auslandsgeschäfts von BTs Festnetzsparte von London nach Brüssel.

Konzentration auf Großunternehmen

Vucins unterstreicht die Bedeutung der Globalisierung: “Im angestammten britischen Markt hat BT Umsatz verloren. Das ist normal. Dort müssen wir unsere Marktanteile ähnlich gegen den Wettbewerber verteidigen, wie die Deutsche Telekom hier. Das Wachstum findet aber jenseits der Insel statt.” Und er fügt hinzu: “Deutschland ist unser wichtigster Markt. 29 Prozent des Telekom-Umsatzes in Europa wird hier getätigt.”

BTs Deutschlandchef will sich hierzulande auf Großunternehmen konzentrieren. Dabei hofft er, dass sich für die vor seiner Zeit eingefädelten Vorzeigeprojekte, wie das auf sieben Jahre und einen Wert von rund 200 Millionen Euro angelegte Projekt im Freistaat Bayern, die Konzerntüren öffnen. Damit verfolgt er mit seinen 1100 Mitarbeitern hier das gleiche Konzept, wie umgekehrt die Deutsche Telekom im Vereinigten Königreich. Beiden Unternehmen geht es darum, dem jeweiligen Platzhirschen Marktanteile abzunehmen und sich mit spektakulären Erfolgen einen Namen zu machen. Gleichzeitig müssen beide Unternehmen kooperieren und voneinander Leitungen mieten. Allerdings ist Vucins auf die Telekom nicht gut zu sprechen. Er findet, dass die Deutschen in Großbritannien deutlich bessere Konditionen erhalten als sein Unternehmen hier.

Für seine Strategie nennt Vucins einen weiteren Grund: den derzeitigen Outsourcing-Trend. Wie beim Freistaat Bayern ist in vielen Unternehmen eine komplexe Netzstruktur herangewachsen, die es nicht nur zu konsolidieren gilt. Sie muss zudem auf aktuelle Anforderungen wie die sichere Datenintegration von Partnern oder die Sprach-/Datenkonvergenz angepasst werden. Hier bietet sich Vucins an: “Als Dienstleister senken wir die Kosten der Kunden und erhöhen zugleich die Qualität. Das ist genau, was die Anwenderunternehmen selbst nicht können – und sie wissen das.”

Die Orientierung an Großunternehmen könnte sich für Vucins allerdings als Bumerang erweisen. Fraglich ist, ob multinationale Firmen bereit sind, über die Auslagerung ihres Konzernnetzes mit einem Country-Manager zu verhandeln. Vucins räumt solche Probleme grundsätzlich ein. Er weiß, dass Kunden mit möglichst nur einem Ansprechpartner zu tun haben wollen. Er vertraut jedoch darauf, dass seine Organisation für solche Fälle vorbereitet ist. “Für international agierende Unternehmen gibt es die zentrale Organisation, die arbeitet als kenne sie keine Grenzen”, so Vucins. “Der Kunde entscheidet, von wo in der Welt er durch uns betreut wird.”

Einem anderen Problem hat sich Vucins bereits gestellt. Er weiß, dass Deutschland weniger von Konzernen als von mittelständischen Unternehmen geprägt ist. Und die werden üblicherweise über Systemhäuser und dem Fachhandel bedient. Der Country Manager ist aber dabei, einen indirekten Vertriebsweg für diese Klientel aufzubauen. Bislang verrät er lediglich, dass er mit einer Handvoll Partnerunternehmen in Verhandlungen steht, die BT-Leistungspakete in ihr PC- oder Desktop-Portfolio aufnehmen sollen.

Silicon-Redaktion

Recent Posts

Blockaden und Risiken bei APM-Projekten vermeiden

Application Portfolio Management (APM) verspricht Transparenz, mehr IT-Leistung und Effizienz – theoretisch.

2 Tagen ago

BSI-Bericht: Sicherheitslage im Cyberraum bleibt angespannt

Im Berichtszeitraum Mitte 2023 bis Mitte 2024 wurden täglich durchschnittlich 309.000 neue Schadprogramm-Varianten bekannt.

2 Tagen ago

KI-Hype in der Cybersicherheit – oder besser doch nicht?

KI kommt in der Cybersicherheit zum Einsatz, etwa um Abweichungen im Netzwerkverkehr zu identifizieren. Ist…

3 Tagen ago

Netzwerksegementierung schützt vor Angriffen über die OT

Ungepatchte und veraltetete Maschinen-Software ist ein beliebtes Einfallstor für Hacker, warnt Nils Ullmann von Zscaler…

4 Tagen ago

KI-Bluff bei AIOps erkennen

Die Auswahl einer Lösung sollte anhand von echten Leistungsindikatoren erfolgen, um echte KI von Behauptungen…

4 Tagen ago

Klinikum Frankfurt an der Oder treibt Digitalisierung voran

Interdisziplinäres Lenkungsgremium mit Experten aus den Bereichen IT, Medizin, Pflege und Verwaltung sorgt für die…

5 Tagen ago