Das besondere an Oracles neuer Datenbank-Software sind Funktionen, die unternehmensinterne
Grid-Funktionen vereinfachen und den Kunden Ersparnisse bescheren sollen. Die Infrastruktur bei
den Kunden soll durch verminderten Administrationsaufwand und eine einheitliche
Benutzeroberfläche verbessert werden. Doch die Kritiker sprechen von unrealistischer Gaukelei. Als
Totschlagargument wirft CEO Larry Ellison auf der Händlermesse ‘Oracle World’ in San Francisco
seinen Kunden ins Gesicht: “Sie müssen weniger bezahlen wollen.”
Trotz anhaltender Kritik zeigt sich Larry Ellison felsenfest von ’10g’ überzeugt: Vierzig Jahre lang
habe die Branche darauf gesetzt, immer größere Mainframes zu bauen. Mit all den damit
verbundenen Problemen: “Beschränkte Kapazität, hohe Kosten und geringe Zuverlässigkeit. Wenn
ein Server nicht funktioniert, funktioniert auch die Anwendung nicht.” Ellisons Antwort auf diese
Fragen nach dem einen großen und leistungsfähigen Server ist Grid: “Die Antwort ist, auf Grid
umzustellen. Auf eine neue Architektur, die günstige Computer, Speicher und Netzwerke verbindet,
damit sie wie ein einziger Computer arbeiten – und das für den Bruchteil der Kosten und bei höchster
Zuverlässigkeit, da es keinen Single Point of Failure gibt.”
Der Vorstandschef unterstreicht seine Aussage damit, dass Anwendungen wie
Warenwirtschaftssysteme dabei unverändert beibehalten werden können. Ellison lässt sich sogar zu
einer Rechnung hinreißen, die die Kunden überzeugen soll: “Verglichen mit einem einzigen
IBM-Mainframe kostet eine Oracle Grid-Architektur mit günstigen Intel-basierten Blades den
Endkunden ein Dreißigstel des Betrages.”
Von der Idee, einen Vorstoß in den Grid-Bereich zu erwägen, hält Marten Mickos, CEO von
MySQL, grundsätzlich auch viel. Er sagte im Interview mit
silicon.de: “Für uns ist das eine interessante Sache: Man setzt neue Steine hinzu und erhält
mehr und größere Bauten. Aber Datenbanken sind nach diesem Modell besonders schwer zu
griddeln.” Denn die Zeit sei dafür noch nicht reif und so gebe es momentan noch keine realistischen
Ideen. “Ein Grid heißt ja schließlich, dass die Hardware auch unternehmensextern ist, und das macht
die Verteilung einer internen Datenbank heikel.” Für Mickos ist klar, dass es noch keine Antwort auf
die Frage gibt, wie man diese externen Hardware- und Kapazitätsbausteine denn nun eigentlich
kontrollieren will.
Auch Carly Fiorina hat zu dem Thema einiges zu sagen. Die Chefin von IT-Konzern
Hewlett-Packard (HP) hat zwar eigene Grid-Pläne. Allerdings forderte sie in ihrer Keynote auf der
Oracle-Messe eine realistischere Herangehensweise an das Thema, als sie von den anderen
anwesenden Unternehmen an den Tag gelegt worden sei. Bis zu einem sinnvollen und lauffähigen
Einsatz der Technik würden noch etwa fünf Jahre vergehen, sagte sie. Zu den größten Stolpersteinen
auf diesem Weg gehöre ihrer Ansicht nach die Komplexität von Grid-Software. Diese verhindere,
dass “das Grid für IT-Ressourcen das leistet, was das Web für Dokumente getan hat” – nämlich einen
einfachen und stetigen Zugang zu gewähren.
Sie wünscht sich statt der “sehr wissenschaftlichen und umfangreichen” Software-Vorstellungen
lieber ein automatisiertes System zur Verteilung von Fixes, das sei unabdingbar. Sie fürchtet auch
derzeit noch um die Sicherheit im Datenzentrum, Heterogenitätsfragen und die reibungslose
Interoperabilität der Systeme. Und sie schloß sich Sun-Chef Scott McNealy an in ihrer Ansicht, dass
Grid-Standards wichtig aber nicht leicht zu haben seien. Sie befürchtet einen enorm teuren
Forschungsaufwand, um hier einheitliche Schritte industrieweit anbieten zu können.
Bei Oracle denkt man hier sichtlich anders. Ein eigenes Oracle 10g Solution Center soll dem
Produkt technisch zu mehr Schlagkraft verhelfen. Außerdem bietet der Konzern allen Kunden und
Interessenten Schulungen und Vorab-Versionen der Software zum Ausprobieren. Dabei erhalten sie
Zugang zu Migrations-, Integrations-, Upgrade- und Porting-Kits. Bei der Schulung werden die
Kunden vielleicht auch darüber unterrichtet, dass Oracle-Software nur mit spezieller Zusatz-Software
(natürlich auch von Oracle) gut läuft. Diese marktschreierische These, die proprietäre Software als
Einstiegsdroge hinstellt, versuchte der Konzern schließlich ebenfalls auf der Messe zu belegen. In
einer Mitteilung heißt es: “Kunden aus allen Industriebereichen profitieren davon, dass
Oracle-Produkte ihre geschäftskritischen Oracle-Datenbanken verwalten.”
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