Wolfram Fischer, Managing Director der Abteilung HP Services in Böblingen, stellt zunächst klar: “Wir legen Wert auf strategisches Outsourcing in enger Partnerschaft mit dem Kunden, wir teilen uns also das Risiko wie auch den Nutzen.” Er führt an, dass HP eben nicht nur selbst als Dienstleister für Hardware, Software und die zugehörigen Lösungen auftritt, sondern selbst als Offshore-Kunde asiatischer und osteuropäischer Software-Unternehmen die Erfahrungen von der anderen Seite betrachten kann.
Und die, so Fischer, fließen wieder in die eigenen Angebote ein. Das soll sich so bewähren, das laut Fischer im nächsten Jahr 70 Prozent der Outsourcing-Aufträge im Bereich “strategisches Outsourcing” eingehen werden. Im Vergleich zum Vorjahr sah demnach seine Abteilung ein Wachstum von mehr als 40 Prozent verglichen mit 2001 – dennoch werde sich HP erst ab einem weiteren 40-prozentigen Wachstum in 2003 und 2004 Gedanken darüber machen, ob diese Steigerung kräftemäßig noch zu verdauen ist oder doch im Sinne einer stabilen Aufstellung etwas gedrosselt werden sollte. Nach wie vor setzt HP aber hauptsächlich auf die DAX-Unternehmen und hat für den regelrechten Mittelstand (im Gegensatz zu dem “gehobenen” mit internationaler Aufstellung und 500 bis 1000 Mitarbeitern) keine dezidierten Lösungen parat. Fischer: “Das lohnt sich zu selten für uns, da lassen wir meist unsere Partner ran.”
Application Management findet in Osteuropa statt
Er sieht im ganzen Markt die größten Wachstumsfelder bei Desktop-Management, Outtasking, also die Auslagerung von abgrenzbaren und kleinen Arbeitsprozessen, Application Management und IT On-demand. Für das Application Management, so fügt sein Kollege Jens Bohlen an, seines Zeichens Direktor in der HP-Abteilung, werde es ab Oktober einen kostengünstigen neuen Standort geben, der eines Tages unabhängig von Böblingen als “europäisches Hub für Application Management” fungieren soll. “Wir haben uns für die slowakische Stadt Bratislava entschieden, um uns ein umfangreiches Center hierfür einzurichten, denn die Experten sitzen vor Ort und die Lohnkosten sind im Vergleich zu etablierten osteuropäischen Offshore-Ländern wie Tschechien noch vergleichsweise niedrig”, sagt er.
Desktop-Mangement gibt es nach Angaben der HP-Manager ganz aktuell zu bewältigen, und zwar steckt der Konzern gerade mit DaimlerChrysler in einem Projekt für die weltweite Desktop-Standardisierung. Die IT on-Demand, so sagen sie, sei gemeinsam mit Partnern zu bewältigen. Und mit dieser Aufstellung will HP, so Fischer, in absehbarer Zeit an IBM und T-Systems vorbeiziehen. Schließlich ist der IT-Services-Markt im Moment laut IDC noch folgendermaßen aufgeteilt: IBM führt mit 11 Prozent Marktanteil, dann folgt die Telekom-Tochter mit 9,4 Prozent, Siemens Business Services mit 6,1 Prozent. HP hat mit seinen derzeit 4,0 Prozent noch eine Strecke zurück zu legen, um an ihnen vorbeizuziehen. Immerhin liegt HP noch vor Electronic Data Systems (EDS) mit 3,5 Prozent Marktanteil in Deutschland.
Bei diesem Wettlauf sieht Bohlen HPs hervorstechendste Eigenschaft in der eigenen Hardware-Expertise: “Vor allem der Bereich IT on-Demand ist ohne Hardware-Know-how nicht zu stemmen, da sämtliche Zwischenschritte einer Kapazitätsveränderung Hardware-abhängig sind. Schließlich sind immer noch die greifbaren Produkte die Basis jeder IT und außerdem sind die Kosten hier besser zu stricken.”
Auf die genannten vier Bereiche gestützt will HP also an den anderen drei Spitzenreitern vorbeiziehen und die lukrativen Großprojekte abgreifen, die es auch im nächsten Jahr noch ausreichend geben soll. Dabei seien international aufgestellte Projektteams ein Vorteil, der eingefahrene Denkmuster beim Kunden aufbrechen und neue Ansätze etablieren helfe. “Schließlich geht es beim Outsourcing größtenteils um Change Management – da helfen interkulturelle Teams schon durch ihre Anwesenheit, das Alte in den Köpfen zu überwinden.”
“Eine neue Art Partnerschaft”
Doch das allein genügt offenbar nicht. Ganzheitlichkeit im Outsourcing steht immer häufiger im Mittelpunkt der Diskussionen. Und so erlaubt Dietmar Fink, Professor für Unternehmensberatung an der Fachhochschule Bonn, einen Blick in eine noch rein theoretische Outsourcing-Zukunft. Er sieht als idealen Dienstleister nicht den heutigen Hardware- oder Services-Anbieter, sondern eine Art Multitasking-fähigen Allrounder, der alle Bereiche spezialisiert angehen kann. Konkret soll das so aussehen: “Die Unternehmen werden von IT-Auslagerung und klassischem Outsourcing weggehen, hin zu strategischem Outsourcing mit einer neuen Art Partnerschaft.”
Die bestehe dann darin, dass die Partnerschaften sich auch auf sehr interne Bereiche wie das Controlling, Billing und Marketing erstrecken sollen. Den Kritikern eines solchen Outsourcing wirft er entgegen: “Das ist wie die Behauptung zu sehen, die Unfälle auf den Straßen kämen daher, dass sich die Autos bewegen; dabei liegt dies nur daran, wie man ein Auto bedient, und dass man es eben auch falsch bedienen kann.” Solche Fehler zu vermeiden, sei Aufgabe der Vertragspartner beim Aushandeln eines Vertrages.
Der Dienstleister der Zukunft soll in diesem Blickwinkel alles aus einer Hand anbieten und auf lange Sicht mit dem Kunden eng verbunden sein, der außer dem Kerngeschäft nichts mehr selbst abwickelt. Fink erklärt: “Das Gegenteil vom künftigen Unternehmen ist beispielsweise der Gründer Henry Ford: Er besaß außer den Fertigungsanlagen und den Hallen für Fließbandproduktion und der Konstruktion, was ja sein eigentliches alleiniges Kerngeschäft gewesen wäre, eine eigene Eisenbahnstrecke, eigene Kupferbergwerke und sogar eine Glasfabrik, um tatsächliche Kontrolle über alle Prozesse zu haben.” Der Gedanke, für Services statt für Waren zu bezahlen, sei den ersten großen Kapitalisten der Gründerzeit noch sehr fremd gewesen.
Wertschöpfung im Wandel
Künftig würden sich die Wertschöpfungsstrukturen aber dahin gehend verändern, dass die Unternehmen, ausgehend von der “Epoche der Eigenherstellung über die Epoche des Fremdbezugs, hin zu einer Epoche multipler Wertschöpfung” gingen. Als Modell führt Fink dabei an, dass beispielsweise bei dem neuen Automobilmodell ‘Cayenne’ von Porsche nur noch 10 Prozent der Leistungen vom Entwurf bis zum straßentauglichen Fahrzeug tatsächlich im eigenen Haus erbracht würden. “Solche Innovationspartnerschaften gibt es derzeit kaum in Deutschland”, bedauert der Fachmann. Und dafür gebe es “reichlich diffuse” Gründe, wie er sich ausdrückte. Dabei gehöre in Deutschland die Angst vor Kontrollverlust zu den größten Hürden des Outsourcing, dicht gefolgt von den Bedenken in Bezug auf langfristige Abhängigkeitsverhältnisse und einer schlechten Informationslage und der damit verbundenen Unsicherheit bei neuen Geschäftsmodellen. Alles in allem also ein recht trübes Bild.
Dass dies jedoch auch produktiv sein kann, denkt Direktor Jens Bohlen von HP. Er sagt zu dem von Fink gezeichneten Modell eines Muster-Partners, der in sämtliche Nicht-Kerngeschäfte eins Unternehmens verstrickt ist: “Ein Dienstleister, der in allen Bereichen der Beste ist, ist nicht realistisch; das wäre ein völlig unübersichtlicher Moloch, der sich auf Dauer verzettelt.” Er hält viel mehr davon, als Dienstleister einige wenige Dinge gut zu machen; Netzwerkmanagement sei beispielsweise ein Bereich, in dem HP auf Dauer nicht die Rolle des Branchenprimus anstrebe. Managing Director Fischer pflichtet ihm bei: “Die Kundenunternehmen sollten durchaus auch bei einer IT-Auslagerung noch Grundlagen-Expertise über die eigene IT im Haus behalten, das ist ein wichtiges Korrektiv während der Vertragslaufzeit und für den Dienstleister ein wertvoller Ansprechpartner beim Kunden, der diesem und uns gleichermaßen Sicherheit gibt.”
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