Ob On-demand oder Utiliy Computing – klar ist jetzt, dass die IT schon mitten in einem tiefgreifenden Umbruch steckt. IBM sorgt zum einen mit einem erweiterten Outsourcing-Deal in der Finanzbranche für Aufsehen, bei dem es um 2,2 Milliarden Euro geht, und mit einer Kooperation mit Siebel. Die Software für das Customer Relationsip Management soll IBM in Zukunft als Utility oder ‘Verbrauchsgut’ zum Kunden transportieren. Und schließlich macht sich sogar der PC-Schrauber Dell auf, Software übers Netz zu vertreiben – ohne Umwege und maßgeschneidert, versteht sich.
Der Auftrag von Nordea, der größten Finanzgruppe Nordeuropas, ist für IBM tatsächlich ein dicker Fisch. Der Vertrag mit einer Laufzeit von zehn Jahren sieht ein Jointventure vor, in dem 900 ehemalige Nordea-Mitarbeiter beschäftigt werden sollen. Vier Data Center sollen zusammengelegt werden und Nordea will das komplette Netzwerk- und Desktop-Inventar auf einen einheitlichen Standard hieven. Außerdem soll IBM helfen, beispielsweise die Workflow-Planung und das Asset-Tracking zu automatisieren. Nordea will also offenbar weit mehr als klassisches Outsourcing bestellen. Für IBM ist die Finanzgruppe der drittgrößte Kunde im eifrig propagierten On-demand-Geschäft, nachdem schon American Express und die US-Investmentbank JP Morgan Chase als Kunden gewonnen werden konnten.
Nordea wolle überflüssige IT-Kapazitäten abbauen und mehr Transparenz in die Nutzung von IT-Ressourcen bringen, erläutert der zuständige IT-Leiter Jarle Haug. “Das ist ein Konsolidierungs-Projekt, das uns alleine an unsere Grenzen gebracht hätte.” Der Konzern erwartet Haug zufolge eine Senkung der IT-Kosten, obwohl man gerade in den IT-intensiven Bereichen wie E-Banking stark wachsen wolle.
Gemeinsam wollen die beiden Konzerne ein ‘Zentrum für Transformation und Innovation’ besetzen und so nach Wegen suchen, wie sich die IT noch schlanker und intelligenter gestalten ließe. Trotz des großen Aufwands werde IBM vorerst keine zielgerichteten Investitionen für den Nordea-Deal tätigen, heißt es. Jüngsten Erhebungen von IDC zufolge muss das Ressourcenpolster bei IBM ohnehin stark gewachsen sein, nachdem der Outsourcing-Umsatz im vergangenen Jahr von 11 auf 15,3 Milliarden Dollar hochgeschnellt ist, was einem Marktanteil von 22,4 Prozent entspräche.
Für großes Aufsehen sorgt auch die Vereinbarung mit Siebel, über die IBM in den kommenden Tagen detaillierter informieren will. Die Software zum Management der Kundenbeziehungen (CRM) soll in Zukunft auch für kleinere Kunden nach Bedarf online zur Verfügung stehen – und zwar auf IBM-Rechnern. Erst vor zwei Jahren war Siebel mit einem ähnlich gestrickten Service baden gegangen, weil die Nachfrage ausblieb. Mit ‘Sales.com’ hatte Firmengründer und CEO Tom Siebel die ‘Software als Service’ schon 1999 angepriesen. Das Tochterunternehmen wurde nur ein Jahr später wieder in den Konzern integriert und ein weiteres Jahr später eingestellt.
Nachdem Tom Siebel zwischenzeitlich die Idee vollkommen abgeschrieben hatte, spricht er nun davon, dass Technologie und Einkaufsverhalten der Unternehmen sich derart verändert hätten, dass On-Demand “der Weg ist, auf dem Software in Zukunft vertrieben werden wird”. Siebel und IBM würden versuchen, ihr Angebot den Kunden vor allem mit einem Argument schmackhaft zu machen: Gerade bei den mächtigen CRM-Anwendungen sind die Anfangsinvestitionen in Hardware vergleichsweise hoch. Für wachsende Unternehmen ist der Einstieg deshalb besonders schwer. Stattdessen soll jetzt ein Browser und eine Kreditkarte ausreichen, um Siebels Software zu nutzen. Abgerechnet werde nach Stunden oder sogar nach Minuten, in denen die Anwendung genutzt werde, so Siebel. Im Gespräch ist auch eine Einzelplatzlizenz für 70 Dollar monatlich.
Kritiker meinen allerdings, dass sich Siebel das eigene Geschäft, das derzeit ohnehin nicht besonders gut läuft, kaputtmachen werde. Tom Siebel entgegnet, es sei unwahrscheinlich, dass man ein “100-Milliarden-Dollar-Business über das Web-Interface abwickeln” wolle. “Wir kannibalisieren uns hier keineswegs.” Wie viel Umsatz sich Siebel von dem neu strukturierten Angebot erwartet, wollte er aber nicht sagen. Erste Anwender gebe es schon, wie beispielsweise der Reiseinformationsdienst ‘Mobil Travel Guide’ mit seinem Saisongeschäft.
Das Dienstleistungsgeschäft will der amerikanische Computerhersteller Dell nun allerdings nicht den Platzhirschen wie IBM oder Hewlett-Packard überlassen. Noch in diesem Monat soll ein IT-Dienstleistungsangebot für Mittelständler auch in Europa starten. Wartung und RZ-Betrieb könnten dann online gebucht werden, verspricht Dell-Manager Kevin Libert. Nachdem sich die Texaner schon nicht mehr auf PCs und Server beschränken sondern auch Unterhaltungselektronik anbieten, soll die Erweiterung ins B2B-Servicegeschäft zusätzlichen Umsatz bringen. Innerhalb von fünf Jahren will Dell seinen Umsatz verdoppeln.
Deshalb bietet das Unternehmen beispielsweise auch die Wartung von Rechenzentren an, den Austausch von PC-Infrastruktur oder die Migration auf neue Desktop- und Server-Betriebssysteme als Komplettpaket. Outsourcing sei aber – vorerst – kein Thema für Dell, so Libert.
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