Spediteur setzt auf OpenOffice – und steht doch nicht im Abseits
Zeitgleich mit der Markteinführung von Microsofts Office 2003 stellt Sun nicht nur die eigene Alternative vor, sondern auch migrationswillige Anwender.
Wie schon in den vergangenen Wochen hat Sun Microsystems auf der Münchner Systems seinen Java Enterprise Desktop samt dem gerade erschienen StarOffice in der Version 7 propagiert. Auf einer Pressekonferenz, die passenderweise direkt im Anschluss an Microsofts Vorstellung seines Office 2003 stattfand, konnte Sun auch Partner und Anwender präsentieren. Deren Anliegen bei Kosten, Skalierbarkeit oder Migrationsplanung will Sun direkt ansprechen und verspricht sich hier, gerade im Mittelstand, Wachstumschancen.
Immerhin, so Martin Häring, Mitglied der deutschen Sun-Geschäftsführung, hätte sich in jüngsten Umfragen ein Drittel der Anwender gegen einen Umstieg auf Microsofts Office 2003 ausgesprochen, 55 Prozent dagegen wollten zu StarOffice oder der Open-Source-Variante OpenOffice wechseln. Dafür, so Häring gebe es handfeste wirtschaftliche Gründe: 50 Dollar je Mitarbeiter will der IT-Konzern für seine Software pro Jahr berechnen, wenn sie im Bundle mit Server-Software kommt, die Desktop-Software alleine soll 100 Dollar pro Arbeitsplatz und Jahr kosten.
Weltweit hat Suns Office-Suite, die durchgängig XML als Dokumentenformat verwendet, bereits einen Marktanteil von 7 Prozent. Nach verkauften und heruntergeladenen ‘Stückzahlen’ wären es in der Bundesrepublik sogar 20 Prozent. Auf jedem dritten Consumer-PC, so Häring, werde inzwischen StarOffice vom Hersteller vorinstalliert, der damit die Lizenzkosten bei Microsoft einspart. Im Unternehmen dagegen sollen sich damit 30 Prozent der Administrationskosten einsparen lassen, die Hälfte der Hardwarekosten und 80 Prozent der bisher fälligen Lizenzkosten für die Anwendung.
Diese Aussichten haben es Oliver Grenz offenbar angetan. Der IT-Leiter der ‘Internationalen Spedition Heinz Huber’ hat StarOffice in seinem mittelständischen Unternehmen eingeführt – und das, obwohl der Logistiker europaweit Sammelgutverkehr abwickelt und dafür mit rund 60 Partnern in einem Logistikverband zusammenarbeiten – und Dokumente austauschen – muss.
Trotzdem hat Grenz seine Mitarbeiter erst einmal Text und Tabellen im originären OpenOffice-Format verschicken lassen. Konnte der Geschäftspartner damit nichts anfangen, ergab sich zumindest immer die Möglichkeit, auf die Vorteile von OpenOffice hinzuweisen, meint Grenz. Er habe die Erfahrung gemacht, dass die Alternative zu Microsofts Office-Suite durchaus bekannter geworden sei. Wer die Dokumente der Spedition nach wie vor nicht öffnen und weiterbearbeiten könne, der werde dann eben mit Microsoft-Formaten versorgt, die StarOffice ebenso herstellen kann. Andere Partner hätten sich durchaus interessiert gezeigt – auch weil Grenz auf deutliche Kostenvorteile bei den Lizenzen im Bereich 8:1 hinweisen kann.
Die 38 Mitarbeiter der Spedition für den Umgang mit StarOffice zu schulen sei zwar auch ein Punkt, den man einkalkulieren müsse, so Grenz. Auch weil die Widerstände der Anwender anfangs durchaus massiv gewesen seien. Weil aber auch einige ‘Testnutzer’ im Unternehmen Support geben konnten, seien die Anfragen schon nach drei oder vier Wochen fast völlig abgeebbt.
Für die große Hürde einer Migration – schließlich soll auch der bisherige Dokumentenbestand schnell, einfach und zuverlässig konvertiert werden – stellt der IT-Berater und Sun-Partner Riess GmbH auf der Systems gerade die erste Version seines ‘StarOffice Migration Toolkit’ vor. Bei der Bewertung, ob ein Umstieg Sinn machen könnte, zählt für Firmengründer Martin Rieß neben den Kosten auch das Sicherheitsargument. Schließlich könne man mit StarOffice beispielsweise Active-X komplett vor die Firmentür setzen. Riess plant die Migration nicht nur, sondern bietet auch gangbare Etappen und Risikoeinschätzungen für die “Ausstiegsszenarien”.
Was fehle, so Grenz, seien immer noch Handbücher, wie man sie “meterweise” für Microsofts Office-Produkte in jedem Buchladen finde. Ansonsten sei er äußerst zufrieden, auch weil sein Gehalt erhöht wurde – wegen der Gesamteinsparungen von 73 Prozent.