Microsoft nimmt zweiten Anlauf mit dem Tablet PC

Die Fernsehwerbung für den Tablet PC ist ja wirklich witzig gemacht, und wer schon mal im Flugzeug (in der Holzklasse) sein Notebook aufs Tablett gestellt hat, kennt das Problem: Beschließt der Vordermann, es sich etwas bequemer zu machen und kippt seinen Sitz nach hinten, sollte man lieber ein Buch lesen statt zu arbeiten. Außer eben, man hat einen Tablet PC, nimmt ihn wie ein Klemmbrett in den Arm und macht es sich ebenfalls bequem – mit seiner Arbeit.
Ist das den Anwendern oder ihren Arbeitgebern, die ihnen die Rechner zur Verfügung stellen, 30 bis 40 Prozent Aufpreis (oder rund 1000 Euro) wert? Die einhellige Antwort bisher war ‘nein’. Der Tablet PC, bestückt mit Microsofts gleichnamiger Betriebssystem-Variante, hat seit seinem Erscheinen vor anderthalb Jahren einen durchaus erfolgreichen Weg hinter sich gebracht, allerdings als Nischenprodukt. Branchen wie das Gesundheits- oder das Versicherungswesen, bei denen mobile Datenerfassung und einfacher Umgang mit elektronischen Formularen wichtig sind, haben das Produkt mit Aufträgen gewürdigt.

Der Rest der Welt eher nicht. Etwa 300.000 Stück wurden weltweit in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres verkauft. Mit einem Anteil von 2 Prozent ist das eine verschwindend kleine Menge im Vergleich zu konventionellen Notebooks. Und so sehr sich mancher Marktforscher in euphorische Prognosen ergießen mag – IDC spricht von einem Anteil von 35 Prozent am Notebook-Markt im Jahr 2007 – er wird mit Zweifeln konfrontiert. “Wir halten diese Prognose für zu optimistisch”, sagt denn auch Armin Cremerius-Günther, Leiter des Geschäftsbereichs Windows bei Microsoft Deutschland.

Was nicht bedeutet, dass Microsoft nicht auf dieses Ziel hin arbeiten will. Die Werbespots im Fernsehen sind nur ein Teil der Marketing-Maßnahmen des Softwareriesen in seinem Versuch, den Tablet PC in den Mainstream zu pushen. Erst kürzlich ging eine Ausgabe des Microsoft-Kundenmagazins, die komplett dem Tablet PC gewidmet war, an seine zahlreichen Empfänger. Und während vielen Herstellern der Aufwand für eine Messe wie die CeBIT zu hoch wird und sie daraufhin aussteigen, wird Microsoft heuer die Hälfte eines 2000 Quadratmeter großen Standes in Halle 1 dem elektronischen Clipboard und dessen Anwendungen widmen.

Die Voraussetzungen für ein schnelleres Wachstum sind nach Ansicht der Microsoft-Manager günstig. Nach Ansicht von Christian Braun, Produktmanager für Windows in Deutschland, tragen die Fortschritte im Bereich Hardware wesentlich zur Attraktivität der Geräte bei. Sparsame Prozessoren, lange Akku-Laufzeiten, flachere Displays und WLAN-Fähigkeiten machen die Geräte besser einsetzbar.

Microsoft selbst will Mitte dieses Jahres mit einer neuen Version des Betriebssystems kommen, die vor allem Verbesserungen in Sachen Handschrifterkennung und Texteingabe bringen soll. So lässt sich das Eingabefeld jetzt an beliebige Stellen des Bildschirms setzen und vergrößert sich automatisch, sobald der eingegebene Text das Ende erreicht. Eine kontextbezogene Handschrifterkennung ermöglicht das Einrichten spezieller Eingabefelder, etwa für E-Mails, Kontaktdaten oder URLs.

Auch Office 2003 unterstützt die neue Arbeitsweise. Der Nutzer kann Dokumente, die mit Office 2003 erstellt wurden, mit handschriftlichen Notizen versehen, Skizzen in Powerpoint-Präsentationen einfügen oder über Outlook 2003 handschriftliche Mails versenden. Der digitale Notizblock OneNote 2003 erfasst handschriftliche Notizen, über die Tastatur getippte Texte, Fotos und Grafiken.

Während der Tablet PC hardwareseitig durch die meisten namhaften Hersteller (HP, Acer, Fujitsu Siemens, Toshiba und andere) unterstützt wird, ist die Zahl der Firmen, die Anwendungssoftware für die Plattform liefern, eher klein. Etwa 120 Softwarepartner zählt Microsoft bis dato, versucht aber neue Anreize zu schaffen. So wurden diese Woche im Rahmen eines Wettbewerbs auch die besten Lösungen von einer unabhängigen Jury prämiert. Der Gewinner des Hauptpreises war die Firma Softpro aus Böblingen mit zwei Lösungen für die Unterschriftenerkennung. Eine davon bindet elektronisch eingegebene Unterschriften in ein Dokument so ein, dass sie nicht herauskopiert werden können. Die andere ermöglicht es dem Nutzer, sich nur über die eigene Unterschrift in den Rechner oder das Netzwerk einzuloggen.

Silicon-Redaktion

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