Die Frankfurter Fachmesse Linux-World sorgt in diesen Tagen für weitreichende Ankündigungen der Branchenriesen. Gleichzeitig fordert Dänemark eine sehr viel aktivere Förderung von Open Source. Und Linus Torvalds hat vom Open Source Developmant Lab (OSDL) aus die – voraussichtlich – letzte Testversion des kommenden Kernel 2.6 veröffentlicht.
Auf der Linux-World dominieren inzwischen die großen Unternehmen wie IBM, Hewlett-Packard oder Computer Associates. Big Blue sicherte zu, seine vor zwei Jahren eingeschlagene Strategie einer massiven Linux-Unterstützung fortzusetzen. Joachim Moll, Chef der IBM-Softwaregroup in Deutschland, wollte zwar keinen konkreten Betrag nennen. Moll versicherte den Anwendern allerdings, dass eine Investition in Linux-Technologie und angepasste Infrastruktur von IBM auf lange Zeit unterstützt werde. “IBM wird weiterhin massiv in Linux investieren”, so Moll.
Dem Linux-Markt attestiert IDC derzeit ein jährliches Wachstum von 45 Prozent. Davon versuchen auch die Softwareanbieter wie Redhat und Suse zu profitieren, die immer mehr von der reinen Distribution mit Installationshilfen abkommen und in Frankfurt vor allem Server-Betriebssysteme und -Anwendungen zeigen. Fujitsu-Siemens kündigte auf der Linux-World an, seinen Support für das Open-Source-Betriebssystem deutlich auszubauen. In der Bundesrepublik soll so ein “Partnernetzwerk aus rund 40 Linux Competence Centern” entstehen.
Unterdessen wartet die Anwenderschar schon sehnsüchtig auf den Kernel 2.6, der nach den ursprünglichen Planungen eigentlich schon verfügbar sein sollte. Wie bei jeder Generalüberholung des Linux-Kerns beansprucht der Begründer Linus Torvalds gemeinsam mit seinem Co-Entwickler Andrew Morton allerdings ein paar Monate zusätzlich. Die beiden arbeiten seit kurzem aus dem Open Source Development Lab heraus, das unter anderem von IBM, Cisco, Nokia und Dell finanziert wird. Inzwischen ist ‘Test 9’ für Entwickler und Anwender herunterzuladen.
“Jetzt sollten Unternehmen und Softwarehersteller den Kernel auf Herz und Nieren prüfen, damit wir deren Anregungen oder Wünsche noch in die ‘Final Version’ von Linux 2.6 einarbeiten können”, sagt Torvalds. “Es ist ihre letzte Chance.” Voraussichtlich Ende des Jahres wird Torvalds den neuen Kernel freigeben. Wichtigste Neuerung ist die Unterstützung von noch mehr Prozessoren. Derzeit laufen Tests auf 64-Wege-Maschinen. Stabiler Betrieb wird bereits für 32-Wege gemeldet.
Mit Linux 2.6 werden die Anwender, so die allgemeine Erwartung, auch aus dem Schatten der Drohungen der SCO Group heraustreten. Denn im neuen Kernel sollen sich die Code-Bestandteile, für die SCO nach derzeitigem Kenntnisstand Urheberrechtsansprüche erhebt, nicht mehr wiederfinden. Nachdem die Kernel-Version 2.7, an der bereits gearbeitet wird, dann wieder mit dem Fokus auf eine technische Weiterentwicklung des Betriebssystems ausgerichtet wird und erst 2.8 wieder eine kommerziell einsetzbare Version mit einem großen Entwicklungssprung darstellen wird, soll 2.6 für eine ganze Weile vorhalten.
Die Diskussion über den produktiven Einsatz des Open-Source-Betriebssystems hat jetzt ein Bericht der dänischen Regierungskommission für Technologie ausgelöst. Die Experten, vom Parlament zur Beratung der Regierung bestellt, empfehlen darin, Linux als Betriebssystem in der öffentlichen Verwaltung nicht wegen Kosten-, Sicherheits- oder Standortvorteilen einzusetzen, sondern weil es Aufgabe des Staates sein müsse, mit seiner Unterstützung Industriepolitik zu betreiben.
“Open-Source-Software ist eine ernstzunehmende technische und ökonomische Alternative zu proprietärer Software, und zwar auch in jenen Bereichen, in denen proprietäre Industriestandards vorherrschen”, heißt es in dem Bericht. “Das De-facto-Monopol” müsse gebrochen werden, indem Regierungen offene Dokumenten-Standards propagierten und Alternativen bei den Anwendungen förderten. “Es wird nur dann gelingen, Wettbewerb herzustellen, wenn neuen Anbietern auf dem Markt mit politischen Entscheidungen unter die Arme gegriffen wird.”
Vor allem vor dem Hintergrund der Pläne für umfassende E-Government-Projekte sei es unverantwortlich, sich von einzelnen Softwareherstellern abhängig zu machen, schreiben die dänischen Regierungsberater weiter. Von den Entscheidungsträgern fordern sie aktive Unterstützung von XML-basierten Formaten, entweder durch die Verwendung von OpenOffice oder durch ein europaweites Entwicklungsprojekt für eigene Dokumentenstandards. Die Kompatibilitätsfrage sei dabei eines der größten Hindernisse, räumen die Experten ein.
Die bisherigen Ansätze der Regierungen etwa in Großbritannien oder der Bundesrepublik bezeichnen die Berater als “halbherzig”. Dort werde nur empfohlen, bei Anschaffungen oder Technologieentscheidungen auch nach Alternativen aus dem Open-Source-Bereich Ausschau zu halten.
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