Die Linux-Landschaft hat sich mit einem Schlag völlig verändert: Microsofts einstiger Erzrivale Novell kauft das deutsche Linux-Softwarehaus Suse für 210 Millionen Dollar in bar und nimmt damit einen zweiten Anlauf, die Vorherrschaft von Microsoft auf Desktop und Server zu brechen. Gleichzeitig hat IBM als einer der größten Linux-Verfechter angekündigt, 50 Millionen Dollar bei Novell zu investieren.
“Ich glaube, mit Novell kommen wir dahin, wo wir aus eigener Kraft nie hingekommen wären”, sagt Jürgen Geck, Suses Chief Technology Officer. Vor allem bei Support und Services bringe Novell die Größe mit, um Suse auf höhere Ebenen zu heben. Novells Vice Chairman Chris Stone betont im Gespräch mit silicon.de, dass man die Übernahme zwar fast ein Jahr lang vorbereitet habe. “Wir wollten aber auf keinen Fall hereinstürmen und alles platt machen, sondern das Unternehmen erst einmal verstehen.” Die entscheidenden Verhandlungen seien dann in den vergangenen drei Wochen über die Bühne gebracht worden.
“Diese Ankündigung ist von großer Bedeutung für Linux insgesamt,” meint auch Ovum-Chefanalyst Gary Barnett. “Damit wird Suse in die Oberliga katapultiert, weil das Unternehmen jetzt Innovationen wie auch Support wirklich in den Markt transportieren kann. Suse ist jetzt ein ernst zu nehmender Aspirant auf die Marktführerschaft und letztendlich werden die Kunden sowohl von Suse als auch von Redhat davon profitieren.”
Erst vor drei Monaten hatte Novell den Linux-Anbieter Ximian übernommen, der vor allem mit Desktop-Lösungen von sicht reden machte. Dazu soll sich nun offenbar die Expertise der Nürnberger Suse für den Serverbereich fügen. Die beiden Unternehmen haben eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet. Der Deal soll demnach Ende Januar abgeschlossen sein, nachdem die Novell-Aktionäre der Übernahme zugestimmt haben.
“Bei Ximian können wir glaube ich schon Erfolg melden”, so Stone. In fünf Wochen werde es erste Produkte geben, in denen sich die Integration wiederspiegeln soll. Bei Suse werde das ähnlich ablaufen, meint der Novell-Manager. “Denn wir haben ja mit Netware schon die einheitliche Plattform, auf die wir alles draufsetzen können. Microsoft ist mit seinem ‘Longhorn’ erst in zwei Jahren dort, wo wir heute schon sind.” Jetzt müsse es für Novell darum gehen, die entsprechenden Produkte auf den Markt zu bringen.
Bisher hat Suse zugesagt, alle vier Server-Linien von IBM zu unterstützen. Diese Vereinbarung könne aber noch weiter ausgedehnt werden, heißt es nun. Novell und IBM sprechen darüber nach eigenen Angaben bereits. Darüber hinaus ist ein gemeinsamer und koordinierter Vertrieb geplant, ebenso wie ein Support aus einer Hand. Damit bekommt Suse Zugang zum wichtigen US-Markt, der bisher trotz einer Niederlassung dort nur schwer erreichbar war. So gerät der US-amerikanische Linux-Spezialist Redhat erheblich unter Druck, der bisher im Unternehmensbereich den Spitzenplatz bei Linux-Serverlösungen für sich reklamieren konnte.
Für Suse ist die Übernahme die Chance, schnell zu wachsen, denn Novell verfügt nach letzten Informationen über Barmittel von 739 Millionen Dollar. Frühere Angriffe gegen Microsoft waren auch deshalb gescheitert, weil Novell auf dem Desktop nichts anzubieten hatte. Das soll mit den beiden Zukäufen im Linux-Bereich gelingen.
Auch die Machtverhältnisse im Streit mit der SCO Group werden sich verschieben. Denn Novell verfügt noch über weit reichende Unix-Rechte. Bisher konnte sich Suse nur auf eine frühere Partnerschaft mit SCO und seinen Vorläuferunternehmen stützen und so den etwaigen Vorwurf von Urheberrechtsverletzungen von sich weisen. SCO hatte das in Abrede gestellt. Gemeinsam mit dem SCOs Hauptziel IBM haben Novell und Suse nun ihre Kräfte gebündelt.
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