Im Schlepptau von On-Demand- und Utility-Computing gerät derzeit auch das Thema Grid-Computing in die Schlagzeilen. Das Konzept von verteilten Ressourcen, die nach Bedarf flexibel einzelnen Aufgaben zugewiesen werden können, leuchtet ein. Auch die Grid-Aktivitäten von Herstellern und Regierungen lassen keinen Zweifel daran, dass wir technologisch vor einer neuen Ära stehen.
Doch das Marketing für Grid-Computing ist oft irreführend. Immer wieder werden als Beispiele Forschungsnetze in der als hip geltenden Genforschung genannt, die sich der Möglichkeiten von Grid-Computing bedienen. Ein beliebtes Beispiel ist auch der Seti-Bildschirmschoner, mit dessen Hilfe Millionen von PC-Nutzern ihre Ressourcen für die Auswertung astronomischer Messwerte zur Verfügung stellen – auf der Suche nach außerirdischem Leben.
Was jedoch die kommerzielle Nutzung des Grid betrifft, sind die Fortschritte bei weitem nüchterner zu betrachten. Der IBM-Technologe Mark Cathcart, ein ‘IBM Distinguished Engineer for On Demand Systems Environment Architecture and Design’, sieht in Grid vor allem eine Methode zur Virtualisierung von IT-Ressourcen im Rechenzentrum.
<b>silicon.de:</b> Bei IBM gilt Grid als eine Säule des On-Demand-Computings. Aber ist Grid nicht viel zu aufwendig, um darüber Rechenleistung On-Demand ordern zu können?
<b>Cathcart:</b> Die großen Unternehmen haben riesige und komplexe Rechenzentren voller heterogener Systeme. Diese lassen sich in ein internes Grid einbinden. Dann kann man Techniken wie Java nutzen, um die Anwendungen auf verschiedenen Systemen laufen zu lassen – je nach vorhandener Kapazität.
<b>silicon.de:</b> Gibt es keine Lizenzprobleme, wenn man Anwendungen durch die Gegend schiebt?
<b>Cathcart:</b> Das kommt auf die Lizenzgestaltung an. Keine Probleme gibt es etwa, wenn nach tatsächlicher Nutzung abgerechnet wird. Falls es auf einem Unix-Server Probleme gibt, könne man in einem Grid-Rechenzentrum die Arbeitslast von einem Server auf einen anderen verlagern, weil vorher festgelegt wurde, dass man von überall im Grid auf die Datenbank und die Speicher zugreifen kann. Bei dem neuen Server muss es sich nicht um die gleiche Hardware oder dasselbe Betriebssystem handeln.
<b>silicon.de:</b> Was geschieht, wenn eine Grid-Komponente defekt ist? Schiebt dann nicht jeder Hersteller die Schuld auf den anderen und alle zusammen auf die Grid-Software?
<b>Cathcart:</b> Solche Probleme sind nicht zu leugnen. Aber das Beispiel der Webservices zeigt, dass die Möglichkeiten der Zusammenarbeit so groß sind, dass selbst harte Konkurrenten bereit sind, sich auf gemeinsame Standards einzulassen. Wenn wir kooperieren, werden wir technisch und finanziell weit bessere Ergebnisse erzielen.
<b>silicon.de:</b> Sie haben dahingehend recht, dass es bei Webservices ungewöhnlich viel Kooperationsbereitschaft gibt. Aber ist diese Haltung auf Grid-Techniken übertragbar?
<b>Cathcart:</b> Ja, denn die ganze derzeitige Schnittstellenstandardisierung ist von den Webservices getrieben.
<b>silicon.de:</b> Wenn ich Sie recht verstehe, sehen Sie diese Netze eher firmenintern als in externen Rechnerverbünden wie das oft zitierte Cern.
<b>Cathcart:</b> Ich sehe zwei unterschiedliche Facetten oder Stufen: zum einen die Implementierung der Technik und zum anderen die Nutzung dieser Implementierung. Unser Geschäft ist die Implementierung. Die Nutzung für DNA-Analysen oder anderes ist eine andere Sache. Was die Implementierung betrifft, so werden wir in den nächsten Tagen eine Grid-Toolbox ankündigen, die in all unsere Systeme eingebaut wird.
<b>silicon.de:</b> Was ist die Aufgabe dieser Toolbox?
<b>Cathcart:</b> Mit ihrer Hilfe sollen Rechenzentrums-Grids geschaffen werden, soll die Heterogenität dieser Umgebungen virtualisiert werden. Auf dieser Ebene ist Grid eine Managing-Technology.
<b>silicon.de:</b> Grid unterstützt Ihrer Ansicht nach vor allem das Management von heterogenen Umgebungen sowie die Nutzung von Ressourcen auf den beteiligten Systemen?
<b>Cathcart:</b> Ja. Unser Ziel ist, dass diese Grid-Implementierungen die Umgebungen verwalten, in denen Anwendungen auf Basis von Standards wie Java, Dotnet oder Cobol laufen.
<b>silicon.de:</b> Das ist nicht besonders konkret.
<b>Cathcart:</b> Ich denke, bis zum Herbst kommenden Jahres haben wir unsere Grid-Infrastruktur für Speicher und Services ausgeliefert. Wir beginnen noch in diesem Jahr mit den Produkten für Linux und AIX, nächstes Jahr folgen alle anderen IBM-Systeme und die Speicher-Subsysteme.
<b>silicon.de:</b> Wie organisiert und verwaltet man ein Grid, wenn es oft schon nicht möglich ist, die genaue Zahl von PCs in einem Unternehmen zu erfassen?
<b>Cathcart:</b> Unternehmensweit ist das wirklich schwierig. Im Rechenzentrum beziehungsweise in Rechenzentrumsverbünden ist das schon viel einfacher. Außerdem liefern wir Grid-Software aus, die dafür sorgt, dass sich die damit ausgestatteten Geräte in einem Grid an- und abmelden.
<b>silicon.de:</b> Es geht also derzeit vor allem um den Einsatz im Rechenzentrum?
<b>Cathcart:</b> Meiner Ansicht nach können Grids heute vor allem dabei helfen, Ressourcen im Rechenzentrum besser zu nützen.
<b>silicon.de:</b> Ist Grid für Sie ein Virtualisierungs-Werkzeug?
<b>Cathcat:</b> Ja, definitiv. Neben logischer Partitionierung und der virtuellen Maschine ist das die dritte Virtualisierungsmethode, auf die IBM setzt.
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