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Eine letzte virtuelle Verbindung muss sein

Es gibt Leute, die können ohne ihre Mails nicht mehr leben, und sterben können sie ohne sie auch nicht. Und bevor sie nicht ihre letzten Worte in die Tastatur gehämmert haben, ist an ein Abtreten nicht zu denken. Aber wohin mit dem letzten “Tut mir leid” oder dem nie ausgesprochenen “Ich liebe Dich”? Keine Plattform gab es mehr im Internet. Doch jetzt scheint wieder Licht in die dunkle Zukunft zu kommen: mylastmail.com macht einen weiteren Anlauf, Mail-Junkies den allerletzten Wunsch zu erfüllen.
Fünf Nachrichten für die Nachwelt, soviel Speicherplatz muss sein. Jeder kann sich einen Account einrichten und sich bei Angehörigen per Mail verewigen. Die Firma LifeTouch – natürlich ansässig in den USA – gibt die Mail frei, nachdem sich Freunde oder Familienmitglieder mit einem vom inzwischen Verstorbenen ausgehändigten Zertifikat ausweisen. Zumindest also trifft es die Hinterbliebenen nicht unvorbereitet, wenn sie morgens den PC starten und mit einem “Sie haben Post” begrüßt werden.

Als Ersatz für ein notarielles Testament ist mylastmail.com indes nicht geeignet. So weit will und kann LifeTouch nicht gehen. “Wir wollen es angenehm machen für den Schreibenden und die Empfänger. Der Absender erklärt sich ein letztes Mal und sagt das, was er sich nie getraut hat. Für die Empfänger ist das ein besonderer Abschied”, so Karen Peach, Mitgründerin von LifeTouch, mitfühlend.

Die Zielgruppe sind Menschen, die nicht mehr lange am Leben festhalten können. Und so genannte ‘Silber Surfer’, Mail-Benutzer über 50. “Wenn es dem Ende zugeht, bekommen viele ein großes Mitteilungsbedürfnis”, so die Mitarbeiterin einer Beratungsstelle. Aber auch schon junge Leute hätten sich ein Benutzerkonto gesichert.

Während des Internet-Hypes zwischen 1995 und 2000 gab es schon einmal solche Plattformen. Doch sowohl FinalThoughts.com als auch Timelessmail.com haben die Zeit nach der geplatzten Dotcom-Blase nicht überlebt. LifeTouch erhebt eine Gebühr von 10 Dollar für drei Jahre Speicher. Wohl dem, der mehr ausgeben muss. Und: Hoffentlich hat sich das Unternehmen gegen den Datengau abgesichert. Das nämlich wäre für die Firma tödlich.

Silicon-Redaktion

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