Sun darf Java Desktop millionenfach nach China liefern
Scott McNealy findet auch in China große Zustimmung für seinen Java Desktop. Ausschlaggebend ist offenbar der Wunsch, sich von Microsoft unabhängig zu machen.
Sun Microsystems findet auch in China große Zustimmung für seinen Java Desktop. Ausschlaggebend ist offenbar der Wunsch der Regierung in Peking, sich von Microsoft unabhängig zu machen. Gleiches gilt im wichtigsten Markt Lateinamerikas: Der brasilianische Präsident Lula da Silva setzt seine Ankündigungen um, Linux zur Standard-Plattform zu machen, um größeren Teilen der Bevölkerung Zugang zu Informationen zu ermöglichen.
Ohne finanzielle Details zu nennen, spricht Sun in China nun von einer Vereinbarung mit dem staatlich geführten Konsortium ‘China Standard Software Company’ (CSSC), die für die kommenden Jahre Bestand haben soll. Demnach wird angestrebt, jährlich eine halbe Million Desktops mit Suns ‘Java Desktop System’ auszurüsten. Als Fernziel wird eine installierte Basis von 200 Millionen PCs mit Sun-Software ins Auge gefasst.
Auf Basis von Linux liefert Sun damit eine grafische Benutzeroberfläche, einen Web-Browser und neben Mail-Client und Messaging-Anwendungen auch sein Star-Office-Paket. Der Vereinbarung zufolge wird die CSSC das Produkt allerdings unter eigenem Namen vertreiben, um zunächst einen landesweiten Standard zu etablieren. Die Entscheidung der staatlich regulierten Unternehmen in der Volksrepublik wird in Südostasien mit großer Aufmerksamkeit verfolgt, weil sich in den vergangenen Monaten bereits Taiwan, Korea und Japan zu ähnlichen Plänen geäußert haben. Diskutiert wird sogar über regionale Anpassungen von Linux, die dann einen asiatischen Standard begründen könnten.
Für Sun ist der Deal von großer strategischer Bedeutung. Die beiden großen Linux-Distributoren Red Hat und Suse haben in den Augen vieler Anwender den Eindruck erweckt, sie seien nicht mehr besonders daran interessiert, ein Desktop-Linux voranzubringen. Jetzt werde deutlich, dass Sun sich hier engagieren wolle, heißt es. Finanziell sei es eine gute Nachricht, wichtiger sei aber die Akzeptanz einer so großen Nutzerzahl. Noch steht allerdings die Exportgenehmigung der US-amerikanischen Behörden aus. In China heißt es ausdrücklich, man wolle mit dem Verzicht auf Software-Lizenzgebühren auch die bisher positive Handelsbilanz mit den USA nicht belasten – also weiterhin mehr Waren und Dienstleistungen in die Vereinigten Staaten exportieren als von dort einführen.
Die Nachfrage nach preiswerten Desktop-Lösungen scheint jedenfalls immens zu sein. Eine aktuelle Studie der chinesischen Akademie der Wissenschaften belegt, dass sich die Nutzung des Internet selbst in abgelegenen Regionen des Landes schneller verbreitet als bisher erwartet wurde. In den Städten haben zwischen 24 und 33 Prozent der Bevölkerung Zugang zum Netz. Der Umfrage unter 4100 Bürgern zufolge sind aber auch 86 Prozent davon überzeugt, dass die Regierung den Datenaustausch kontrolliere. Immerhin 13 Prozent halten das für eine sinnvolle Maßnahme.
In Brasilien spricht Sergio Amadeu, der Chef des nationalen Instituts für Informationstechnologie, schon von Open-Source-Inseln, die sich in der Verwaltung des Landes ausgebreitet hätten. “Aber wir wollen ja einen Open-Source-Kontinent schaffen”, so Amadeu. Die amtliche Nachrichtenagentur arbeitet bereits auf Basis von Linux, ebenso wie die öffentlichen ‘Telecentros’, in denen die Bürger entgeltfrei einen Internet-Zugang nutzen können. Jetzt wird darüber nachgedacht, die 400.000 Wahlmaschinen des Landes ebenfalls mit freier Software auszurüsten.
Nach anfänglichem Zögern meldet sich nun der amerikanische Softwarehersteller Microsoft vernehmbar zu Wort. Luiz Moncau, Microsofts Vertriebschef in Brasilien, verwies darauf, dass die freie Wahlmöglichkeit für Unternehmen, Verbraucher und Verwaltung immer noch zu bevorzugen sei. “Wir sehen die Gefahr technologischer Inseln, die staatlich verordnet werden.” Zwischen 6 und 10 Prozent der Umsätze in dem hochverschuldeten Land macht Microsoft mit Regierungsstellen.