Auf die Entlassungswellen scheinen bald wieder Einstellungswellen zu folgen. Doch wer bei den nächsten Neueinstellungen dabei sein, einen interessanten und gutbezahlten Job ergattern will, sollte sich noch etwas Spezialwissen zulegen. Auch spezielles Branchen-Know-how kann nicht schaden. Das sagen die Analysten mit Blick auf den US-Markt. Und traditionell hinkt der alte Kontinent in solchen Entwicklungen immer ein paar Monate hinterher.
So sei schließlich ein leiser und steter Aufschwung in den letzten Monaten zu beobachten gewesen, meinen Spezialisten beim Marktforschungsunternehmen Yankee Group. Dieser werde sich auch bald in neuen Stellenausschreibungen niederschlagen. Und dabei – wenn das eintrifft, dürfen die IT-Spezialisten frohlocken – achten die Personaler künftig wieder mehr auf Qualität und sind wohl bald auch bereit, diese entsprechend zu honorieren.
Carrie Lewis, Senior Analyst bei dem Marktforschungsunternehmen, sieht hierbei vor allem Großunternehmen voranschreiten. “Was jetzt geschieht, ist erst der Anfang davon, dass Unternehmen ihre Belegschaft wieder neu ausstatten. Denn die Wirtschaft an sich wächst und die Einstellungszahlen werden mitwachsen. Die Firmen wissen schließlich inzwischen, dass sie mittelfristig wieder mit einem Fachkräftemangel rechnen müssen.” Für sie ist allerdings klar, welche Schritte noch vor den Neueinstellungen gegangen werden: “Es ist für die Unternehmen wesentlich billiger, die Angestellten weiterzubilden.” Diese Wege würden laut Lewis bereits von den ersten Konzernen beschritten, die gleichsam den Wert der eigenen Belegschaft dadurch steigerten.
Und es gibt auch die ersten Anzeichen dafür, in welchem Bereich solch eine Nachschulung stattfindet. So würden die einfachen Aufgaben oftmals ausgelagert, da hier durch standardisierte Vorgehensweisen das Outsourcing berechenbar bleibe. “Code schreiben, Applikationsentwicklung und Infrastrukturverbesserung werden gerne abgegeben, da sie gerade in Großunternehmen nicht als eine Kernkompetenz betrachtet werden”, sagte sie gegenüber der E-Commerce Times.
Die attraktiven, weil interessanten Kreativjobs behalte sich ein Unternehmen demnach gern im Haus, auch wenn die Qualifikation hierfür in Indien besser vorhanden sei. Dies gelte eher als Kernaufgabe. Beim Website-Design gebe es beispielsweise oftmals die Variante, dass die grundlegenden Pläne für das Design ‘zuhause’ gemacht, die eigentliche Umsetzung aber ausgelagert werde. Für Gespräche und Modifikationen, so der Analyst, sei ein Ansprechpartner im eigenen Haus eben – trotz Globalisierung – wichtig.
Und diese Tendenz, die Lewis hier sieht, erfordere von IT-Profis der westlichen Industrienationen eben eine Verstärkung ihrer Spezial-Skills. So werde bereits jetzt oft gefordert, dass sich eine IT-Belegschaft per Weiterbildung auf komplexere Aufgaben einlasse. Dazu gehöre beispielsweise Business Process Engineering. Doch auch Tiefenkenntnisse in Java können offenbar nicht schaden. Doch zu den Spezialkenntnissen in den Tiefen beispielsweise einer SAP-Umgebung kommt auch etwas anderes: Branchen-Know-how ist nach Meinung der Analystin für IT-Profis mit Ambitionen in Großunternehmen eine Fahrkarte nach oben, beziehungsweise ein dicker Pluspunkt beim Bewerbungsgespräch. Schließlich haben die Konzerne ihre Abteilungen oft nach bedienten Branchen aufgegliedert.
Doch wer Allrounder-Talente hat, kann sich auch bald beruflich verändern. Glaubt man Helen Chan, Senior Analyst für SMB (kleine und mittelständische Betriebe) bei der Yankee Group, so hat sich hier ein Paradigmenwechsel vollzogen und die IT an Aufmerksamkeit und dadurch auch Schlagkraft gewonnen. Auch in den USA sieht es schließlich so aus, dass 99 Prozent der Arbeitgeber zu diesem Sektor gehören und die Hälfte aller Stellen hier besetzt sind. Das mache den Einfluss der Mittelständler auf dem Arbeitsmarkt selbst für IT-Profis ganz erklecklich. Ihrer Erfahrung nach brauchen alle diese Firmen “wenigstens eine Person, die sich mit IT auskennt, auch wenn es keine dezidierte IT-Abteilung gibt”.
Sie sagt: “Das bedeutet oft, dass einer oder zwei Angestellte mit verschiedenen ‘Hüten’ auf dem Kopf herumlaufen.” Ebenso weist sie darauf, dass sich oft Quereinsteiger und Autodidakten in solchen Kleinunternehmen als Fachkräfte etablieren könnten. Wichtig sei die technische Praxis. Und solchen unentbehrlichen Mitarbeitern werde entsprechend selten gekündigt, schließlich eliminiere das Unternehmen mit einer einzigen Entlassung zuweilen drei Funktionen. Ein weiterer Aspekt unterscheide die IT-Arbeit im Mittelstand von der in Konzernen: “Oft lagern Firmen anspruchsvollere Tätigkeiten aus, da sie nicht über Spezialwissen verfügen; dann wird der Auftrag aber meist regional vergeben.”
Übereinstimmend raten die Analysten, gewappnet zu sein und sich fortzubilden: Kenntnisse für IT-Security und drahtlose Netzwerke seien für bildungshungrige IT-Leute die ersehnten Eintrittskarten. Eine Gewähr für Ein- oder Aufstieg sei dies allerdings auch nicht. In Anbetracht der Verspätung, mit der solche Entwicklungen hier in Deutschland landen, und wegen der Lebensdauer von Hypes ist von übertriebener Hektik abzuraten.
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