Als “besseres Outlook” bezeichnen CRM-Profis die neue Software für Customer Relationship Management, die der Betriebssystemhersteller Microsoft nun im Januar auf den Markt bringen will. Die lange Wartezeit von drei Jahren, gerechnet seit der Mittelstandsspezialist Great Plains gekauft wurde, soll demnach nahezu umsonst gewesen sein. Die Software werde weder der Zielgruppe, noch den Ansprüchen an CRM-Software auf dem neuesten technischen Stand gerecht, so heißt es beispielsweise auch bei dem Magazin crm-expert-site. Microsoft weist solcherlei Vorwürfe als “vorgefasste Urteile” weit von sich.
Doch sogar bei Unternehmen, die schon länger als Microsoft in dem Marktumfeld tätig sind, gibt es bei aller Partnerschaft mit dem Großkonzern auch Kritik. So sagt Michael McCloskey, CEO bei dem CRM- und Helpdesk-Softwarehersteller FrontRange Solutions, im Interview mit silicon.de: “Das Produkt, das Microsoft da hat, stellt bisher noch nicht besonders viel dar.” Die CRM-Lösung sei eher im Bereich Service Management angesiedelt statt eine reine CRM-Software im herkömmlichen Sinne zu sein.
Microsoft, so McCloskey weiter, müsse der Channel-Kundenbasis mehr Aufmerksamkeit widmen. Allerdings werde Microsoft binnen kurzer Zeit, so glaubt er, wohl auch auf diesem Gebiet seine Zähne zeigen. McCloskey: “Microsoft wäre nicht Microsoft, wenn sie nicht auch damit erfolgreich wären.” Er sieht die Kompetenz der Redmonder woanders: “Die Firma ist eher auf den Massenmarkt konzentriert, CRM hat aber nichts von einer Massenanwendung.” Und überhaupt, so der CEO von FrontRange, sei die CRM-Lösung “ein besseres Outlook, sonst nichts”. Abgesehen von alldem betont er aber: “Microsoft ist für uns keine Konkurrenz – sie sind eher ein Partner.”
Die genannten Punkte will Microsoft nicht auf sich sitzen lassen und verteidigt das neue Produkt, vertreten durch Eduard Dell, Produktmanager Microsoft CRM: “Wir haben eine separate, reinrassige CRM-Lösung entwickelt, die jedoch in Outlook integriert werden kann.” Sie umfasse Workflow-Management-Funktionen, Support, Prozessmanagement, Marketingbibliothek und eine Vertriebsdokumentation – genau wie jede andere CRM-Lösung auch. Von einer “Degradierung zu einer Erweiterung von Outlook” will er nichts wissen.
Zu den Infrastrukturanforderungen in mittelständischen Unternehmen sagt er lediglich: “Bezüglich der Infrastrukturanforderungen werden, wie bei anderen CRM-Lösungen auch, ein Netzwerkbetriebssystem, ein Datenbankserver sowie ein Kommunikationsserver benötigt.” Für die Mittelstandsfreundlichkeit der Lösung spreche, dass die Anwendung “sogar den Small Business Server unterstützt, um dem Mittelstand den Einstieg zu erleichtern und die Angst vor CRM zu nehmen.” Die Lösung, so der Produktmanager, solle daher zugänglich und erschwinglich sein.
Die Tatsache, dass Microsoft sich nicht auf eine Softwarekategorie spezialisiert habe, kommentiert er so: “Wir sind tatsächlich kein reiner CRM-Hersteller, sondern eine Abteilung innerhalb eines Großkonzerns. Aber hier sind Fachleute seit 15 Jahren und länger mit der Materie ‘Unternehmensanwendungen’ beschäftigt.” Doch dabei sucht sich der Konzern offenbar seine Gegner gut aus. Die seit wenigen Wochen brodelnden Gerüchte, dass der Softwarekonzern SAP und Microsoft sich bald in einem originären SAP-Gebiet in die Wolle geraten könnten, erhält hier und jetzt vom Microsoft-Mann keine Nahrung. Er äußert sich vorsichtig: “Wir sind genau wie SAP aktiv im Geschäft mit Unternehmensanwendungen; Microsoft ist eher im Mittelstand tätig, im Großkundenbereich sind wir eher Partner von anderen Anbietern, dazu zählt auch SAP.”
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