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Ach, Europa

Der Alte ist böse. Aber das Böse schlechthin hat man sich eigentlich anders vorgestellt. Ein gutsortiertes Arsenal an High-Tech-Waffen soll er ja unterhalten haben. Die hat man aber nicht gefunden. Nur den Alten.
Für High-Tech-Waffen braucht man halt ein bisschen mehr als bloß einen fiesen Charakter. Derartige Fähigkeiten aber gehen jemanden ganz offenkundig ab, der nicht einmal die leichteste Despoten-Übung beherrscht, nämlich wenn’s daneben gegangen ist, sich ins Ausland abzusetzen. Mit ausreichend Geld. Aber kein Cash!

Na ja. Das Böse ist auch nicht mehr, was es einmal war. Seit dem Zusammenbruch des gleichnamigen Reiches. Die Achse ist da halt nur ein ganz matter Abklatsch. Was dabei ja fast untergegangen ist: Europa! Oh je! War wohl wieder mal nix. Erst einmal gibt’s also keine supranationale Verfassung für den Kontinent, auf dem die Nationalstaaten erfunden worden sind.

War absehbar. Nein, nicht wegen der Stimmengewichtung. Wegen der unterschiedlichen Charaktere, Kultur und Sprache. Wer sich mit IT befasst, dem war das schon vorher klar. Arg heterogen halt, das ganze. Und in der IT weiß man ja: Heterogenität ist schwierig.

Kompatibilitätsprobleme gibt’s vor allem mit den französischen ITlern. Die sprechen das – branchenübliche – perfekte Englisch. Was aber außer ihnen niemand so sehen mag.

In Deutschland wiederum gehört das Bewusstsein, zu kurz gekommen zu sein, ganz wesentlich zum Nationalcharakter. Verheerend ist das deswegen, weil wenn jenes Bewusstsein Raum greift, meist sehr viel zu Bruch geht.

In der Informations- und Kommunikationstechnologie nun sind die Deutschen eigentlich recht fit. Entgegen der landläufigen Meinung sind ja die Basiserfindungen der Informationsgesellschaft, das Telefon und der Computer, nicht in den USA gemacht worden. Vielmehr waren es Philipp Reis und Konrad Zuse, die das ersonnen haben.

Der Weltmarktführer für betriebswirtschaftliche Standardsoftware hat seinen Unternehmenssitz in Walldorf. Und Werkzeugmaschinen – die hiesigen Exportschlager – werden heute auch nicht mehr mit Zahnrädern gesteuert, sondern per Software.

Trotzdem tun die Deutschen so, als stamme die einzige Basisinnovation, made in Germany, vom ehemaligen IBM-Chef Hans-Olaf Henkel. Dessen Laden lief ja damals so gut – fast von selbst – dass er genügend Zeit hatte, um sich in seinen geistigen Hobby-Keller zurückzuziehen und dort das Problem vom Standort Deutschland zu erfinden.

Für den Export hat das nichts gebracht. Aber auf dem politischen Binnenmarkt ist es ein Renner. Die deutsche Wirtschaft ist seither auch in Sachen absichtsvoller Larmoyanz Weltmeister. Diese den Nationalcharakter prägende Miesepetrigkeit gerät zwangsweise in Konflikt mit der mediterranen Souveränität und Gelassenheit. Die ist ja vielen Südeuropäern eigen.

In italienischen Bahnhöfen kann man sie sehr gut studieren. Das sind jene Knotenpunkte internationaler Verkehrsströme, an denen man nichts auf Englisch beschrieben findet. Kosmopolitisch sind nur die Display-Anzeigen von computerisierten Fahrkarten- und anderen Automaten. Da steht dann “out of order”.

Auch hinter den Fahrkartenschaltern gibt’s Computer, deren Zuverlässigkeitsgrad durch die daneben stehenden Tisch- und Taschenrechner dokumentiert wird. Und Bedienungsprobleme mit denen werden nach dem Event-Prinzip gelöst.

Ein angestrengt blickender Schalterbeamter tippt langsam und konzentriert einzelne Zeichen ein. Ein ebenso angestrengt blickender Administrator sagt ihm welche. Und ein halbes Dutzend weiterer Personen steht aus Geselligkeitsgründen dabei.

Das Queuing übernehmen derweil die Reisenden vor dem Schalter. Nirgendwo sonst wird schlagender die These widerlegt, die Computerisierung trage zur Vereinsamung des Menschen bei. Und dann gibt’s da noch die kleineren europäischen Nationen. Die haben meist ein besonders fortschrittliches Verhältnis zu IT.

Die Luxemburger beispielsweise. Die sind längst drauf gekommen, dass mit dem Bau oder der Programmierung von Rechnern kein Geld zu machen ist. Deshalb haben sie auch die größte Supercomputerdichte der Welt und lassen die Maschinen für ihre Banken rechnen. Das höchste Bruttosozialprodukt pro Kopf der Bevölkerung haben sie deswegen natürlich ebenfalls.

Unterschiede über Unterschiede! Und die will man mit einer gemeinsamen Verfassung übertünchen. Das geht ja allein schon deswegen nicht, weil die Europäer mit Vorliebe ihre Vorurteile einander gegenüber pflegen. Alle Europäer?  – Alle! Bis auf einen. Der Autor, der ist objektiv.

Silicon-Redaktion

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