Real verklagt Microsoft auf 1 Milliarde Schadenersatz
Der Monopolist soll durch Knebelverträge mit PC-Herstellern und der Verheimlichung von Schnittstellen seine Macht missbraucht haben.
Der Hersteller von Multimedia-Software Real Networks hat gestern Microsoft wegen Monopolmissbrauchs auf 1 Milliarde Dollar Schadenersatz verklagt. In der Klageschrift, die bei einem Bundesgericht im kalifornischen San Jose eingereicht wurde, behauptet Real, dass der Softwaregigant “über mehrere Jahre ein räuberisches Verhalten an den Tag gelegt hat, das in substantielle Umsatzverluste für Real Networks resultierte”.
Microsoft habe seine dominierende Rolle auf dem Markt für Betriebssysteme genutzt, um PC-Hersteller zu zwingen, den eigenen Windows Media Player vorzuinstallieren und die Produkte der Konkurrenz außen vor zu lassen. Das Unternehmen schätzt den dadurch entstandenen Schaden auf mehr als 1 Milliarde Dollar.
“Unsere Klage bezieht sich auf ein mehrmals in der Vergangenheit festgestelltes Verhalten, das bereits als illegal erklärt worden ist”, sagte der Anwalt der Klägerin, Bob Kimball. Die Feststellung führt auf den seitens mehrerer US-Bundesstaaten geführten Prozess gegen Microsoft zurück, dessen Auslöser das Verdrängen von Netscape aus dem Browser-Markt war. Der Prozess endete mit einer Verurteilung von Microsoft und der Festlegung von Auflagen, die der Monopolist seither erfüllen muss.
In der Tat erinnert der Fall inhaltlich stark an den letzten Rechtsstreit. Auch diesmal wird Microsoft vorgeworfen, nicht nur Knebelverträge mit den PC-Herstellern geschlossen zu haben, sondern auch auf technischer Seite Schnittstellen verheimlicht zu haben, die nur die eigenen Produkte nutzen durften um die Performance des Players zu steigern.
Laut Klageschrift wurde auf 95 Prozent aller ausgelieferten PCs zwischen Oktober 2001 und März 2003 der Windows Media Player vorinstalliert, während der Real Player auf nur 2 Prozent der Geräte vorinstalliert war. Das sei einem entsprechenden Verhalten der Gates-Company gegenüber PC-Herstellern zu verdanken. Auch habe Microsoft bestimmte Informationen über Sicherheits-Features in Windows dem Konkurrenten vorenthalten. Hinzu komme die Tatsache, dass die Redmonder ihren Player kostenlos zur Verfügung stellten, was nur der Absicht diene, Konkurrenten zu verdrängen.
Die Anwälte von Microsoft wiesen die Vorwürfe zurück mit der Begründung, dass Real sowohl auf Windows als auch auf anderen Betriebssystemen erfolgreich sei und dass PC-Hersteller grundsätzlich das Recht haben, jeden beliebigen Player auf ihren Produkten zu installieren. Auch Anwender könnten ihre Multimedia-Anwendungen frei wählen.
Real Networks schlägt damit in dieselbe Kerbe wie der EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti, in dessen Visier Microsoft seit längerem ist. Erst letzten Monat fand in Brüssel eine Anhörung in dieser Angelegenheit statt. Das Urteil seitens der EU wird nächstes Frühjahr erwartet.
Pikant wird die Angelegenheit durch die persönliche Fehde zwischen dem CEO von Real Networks, Rob Glaser, und Microsoft-Chef Bill Gates. Glaser ist ein ehemaliger Microsoft-Angestellter, der es 1993 zum Vice President der Multimedia Systems Group gebracht hatte. Er verließ Redmond im Zorn als Gates im Zuge einer internen Konsolidierung seine Abteilung mit einer anderen zusammenlegte und ihm Nathan Myrhvold, dem jetzigen Chef der Multimedia-Sparte vor die Nase setzte. Böse Zungen behaupten, Glaser will seitdem Gates zeigen, dass seine damalige Entscheidung eine falsche war.