Sechs Millionen Unterstützer des Wahlkampfes für George W. Bush erhielten vergangene Woche eine Mail, in der der voraussichtliche demokratische Gegenkandidat John Kerry portraitiert und, wie es in einem amerikanischen Wahlgeplänkel üblich ist, ordentlich aufs Korn genommen wird. Daraufhin nahm auch Kerry das Internet für sich in Anspruch und versendete seine Retourkutsche an 300.000 Anhänger. Beide Mails beinhalteten einen Link auf ein Video, in dem die ‘Informationen’ abzurufen waren.
Das Zähnefletschen unter den Rivalen an sich ist nicht neu. Was aber auffällt ist die Häufigkeit, mit der neuerdings Informationen per Mail transportiert werden, noch dazu mit den gleichen Argumenten, mit denen reguläre Werbemailer und Spammer ihre Massenmails rechtfertigen: es geht schnell, kostet nicht viel und diese Art von Werbung kann auch mal gehässiger oder anstößiger sein als im Fernsehen. Dort bestimmen Gesetze, was gesendet werden darf und was nicht.
Der Unterschied zwischen einem Spammer und einem rechtmäßigen Werbe- oder Massenmailer ist ja, das letzterer die Einwilligung des Adressaten hat, der Spammer aber ungefragt seine Produkte unters Volk schickt. Und weil es rechtlich wohl kaum haltbar ist, eine Einwilligung alleine von der Tatsache abzuleiten, dass jemand ein Parteibuch von den Republikanern oder den Demokraten besitzt, ist das, was Bushs und Kerrys Helfer derzeit tun, nicht anderes als Spam, Polit-Spam.
Die Adressaten werden sich wahrscheinlich nicht dagegen wehren, zumindest nicht solange der Wahlkampf dauert. Schließlich werden sie auch von den Wahl-Strategen eingelullt. Bei den Mails halte man sie auf dem Laufenden, auch und gerade darüber, was der Konkurrent so treibe. Und unterhaltsam ist es auch. So wirft das Kerry-Team dem Präsidenten vor, in seinem eigenen Video nicht einmal selbst aufzutreten, während Kerry selbst den Spot fast alleine durchzieht. Bush hält dagegen und wirft seinem Gegner vor, sich auf spezielle Gebiete zu stürzen, statt das Land im Ganzen zu sehen, berichtet die Nachrichtenagentur AP.
“Diese Art von Informationsaustausch wird zunehmen”, sagte selbst einer aus dem Bush-Wahlkampfteam. Weil es eben so einfach sei. Und, es ist nicht das erste Mal, dass per Mail gesagt wird, was gesagt werden muss. Vergangenes Jahr hat das Democratic National Committee zwei Videos versendet, in denen dem Adressaten erklärt wurde, wie Bush das Volk über den Irak-Krieg und die Massenvernichtungswaffen des Saddam Hussein getäuscht habe. Außerdem wurde der Leser gebeten, Geld zu spenden, damit das Video als TV-Spot produziert werden kann. Und erst vor einer Woche haben Bushs Helfer ein Video versendet, das Ausschnitte seines TV-Auftritts bei “Meet the Press” von NBC zeigte.
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