Wer über Asset-Management spricht, redet meist über Software von Remedy, Peregrine, USU, Haitec AG, Hewlett-Packard, IBM, BMC oder Computer Associates (CA). “Falsch!” sagen Analysten des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Meta Group. Denn vor den Produkten kommt der Prozess.
In überfüllten Hallen drängelt sich das Publikum an Ständen von Unternehmen, die Asset-Management anbieten. Das war zumindest während der Computermesse CeBIT im vergangenen Jahr so. Für Georg Lukas, Director Consultant bei der Meta Group, ist das Phänomen erklärlich. Denn es gebe insgesamt einen starken Trend zum Service-Management; die Aufmerksamkeit der IT-Verantwortlichen gelte derzeit verstärkt dem IT-Betrieb: der Vereinheitlichung, Verbesserung und Kostenreduktion.
<b>Was soll das sein?</b>
Asset-Management ist ein Mittel, mit dem sich diese Ziele erreichen lassen. Hierbei geht es um die Bewertung von IT-Investitionsgütern: Hard- und Software, Lizenzen, Verträge beziehungsweise Service Level Agreements (SLAs) sowie die Frage: Wer nutzt was, wie intensiv? Eine klare Begriffsbestimmung ist jedoch unmöglich. Es fehlt die Abgrenzung zum Inventory- und Configuration-Management. Viele Hersteller verknüpfen Aspekte dieser Disziplinen im Asset-Management, integrieren sie in ein Helpdesk-Management, oder alle Bereiche werden unter Lifecycle-Management subsummiert. So heißt es etwa in der Produktbeschreibung von “Asset Center” der Peregrine Systems Inc., die Software ermögliche die Erfassung und Verwaltung “technischer, finanzieller und vertraglicher Aspekte” der IT-Infrastruktur und erlaube “die Abdeckung des kompletten Lebenszyklus”.
Doch bei den Analysten stößt ein Ansinnen, Produkte genauer voneinander abzugrenzen, auf Granit. “Alle wollen es technisch anfassen”, amüsiert sich Lukas. Allerdings sei das der falsche Weg. Tatsächlich bedeute Asset-Management in jedem Unternehmen etwas anderes. Deshalb gebe es auch weder ein Ideal-Tool noch eine universell gültige Definition.
Dennoch unterscheidet die Meta Group Asset-Management als finanziellen Aspekt eines Service-Managements grob von der Inventarisierung und technischen Beschreibung der Beziehungen von IT-Komponenten zueinander. Die entsprechenden Daten müssen laut Lukas zentral abgeglichen und vorgehalten werden. Das Zusammenspiel der Disziplinen ist ein Prozess. Tools ermöglichen lediglich eine weitgehende Automatisierung. Um aber herauszufinden, welches Produkt diese Automatisierung erzielen könne, muss zunächst der Prozess identifiziert und definiert sein.
<b>Asset Management ist ein Prozess</b>
Dazu ein Beispiel: Viele Unternehmen inventarisieren ihre IT-Komponenten immer wieder, zum Beispiel wenn sich Wirtschaftsprüfer ankündigen oder neue IT-Projekte aufgesetzt werden. Wie bei jeder Inventur im Supermarkt stellt sich heraus, dass die in der Buchhaltung aufgeführten Güter nicht mit dem Bestand übereinstimmen. Außerdem haben unterschiedliche Abteilungen und Geschäftsbereiche eine andere Art zu zählen. Für die einen ist ein PC ein PC, für die anderen besteht er aus diversen Komponenten und Applikationen, unter anderem Maus, Tastatur, CPU, Laufwerken und Virenscanner. Es fehlen unternehmenseinheitliche Regeln, was wie zu erfassen ist.
Zu den Standardfragen, die Unternehmen mit Hilfe von Asset-Management beantworten wollen, gehört: “Ist die Firma mit Hard- und Software über- oder unterversorgt? Dafür müssen Daten aus Leasing-, Lizenz- und Wartungsverträgen sowie aus Garantie- und Servicevereinbarungen in das zentrale Repository aufgenommen und mit den Nutzerdaten verknüpft werden. Denn Anwendungen wie R/3 laufen auf vielen verschiedenen Systemen, die unterschiedlich genutzt werden. So kann ein Mitarbeiter in Teilzeit einen Arbeitsplatz mit anderen teilen, kann vom Heimbüro auf Teile der Applikation zugreifen und andere von einem mobilen Gerät aus nutzen. Sind die Anforderungen bekannt, lässt sich IT-Infrastruktur und damit das IT-Budget planen. Darüber hinaus ermöglichen die Informationen, SLAs zu überprüfen und eventuell unternehmensweit neu zu strukturieren.
<b>Alles ist relevant</b>
Konfigurationsinformationen geben Aufschluss über die Abhängigkeiten von IT-Komponenten. Auf diese Weise wird erkennbar, welche Folgen ein Release-Wechsel einer zentralen Datenbank hat, welche Schnittstellen betroffen sind und welche Hardware erneuert werden muss. Es ist aber auch erkennbar, wie viele und welche PCs betroffen sind, wenn ein Hub ausfällt, ein Virus ein Teilnetz lahm legt, oder welche Arbeitsplätze mit einem Patch oder einem neuen Release ausgestattet werden müssen. Solche Informationen können für Helpdesk- und Support-Abteilungen sinnvoll sein. Der User-Helpdek sollte ohne Nachforschung über die Ausstattung des Arbeitsplatzes hinaus kennen, wie alt das System ist, welche Verträge und Vereinbarungen daran hängen und die Historie nachvollziehen und beschreiben können.
Ist ein Drucker schon das zehnte Mal in Reparatur, sollte unter Umständen das Fabrikat gewechselt werden oder die Druckerströme anders konfiguriert werden. Außerdem sollten die Helpdesk-Mitarbeiter Systeminformationen interpretieren können. So kann der Druckerausfall auf Bedienungsfehler zurückzuführen sein, aber auch auf den Ausfall einer Netzkomponente oder einen Applikationsfehler. Die Mitarbeiter müssen die Konfiguration, die Abhängigkeiten wissen.
Darüber hinaus spielen in der Prozessdefinition neben Art und Umfang der Informationen sowie ihre Beziehungen auch Zuständigkeiten eine Rolle. Meta-Group-Experte Lukas sagt: ” Es geht auch um die Klärung von Verantwortlichkeiten und die Verteilung von Rollen.” Wer liefert verlässlich welche Informationen und wer braucht diese? Nicht zu vergessen sind Kennzahlen und Metriken, mit denen sich der Prozess überprüfen und korrigieren lässt. Erst wenn geklärt ist, wie das Service-Management funktionieren soll, können die Unternehmen an die Automatisierung des Prozesses oder der Teilprozesse durch Software-Tools gehen.
<b>Hilfe bei der Strukturierung bietet ITIL</b>
Hilfe bei der prozessorientierten Strukturierung und Organisation bietet die Infrastruktur Library (ITIL). Diese enthält unter anderem Empfehlungen für die Gestaltung von Abläufen in einer optimalen IT-Organisation. Laut Lukas setzt sich ITIL inzwischen in den europäischen Konzernen durch. Die Nutzung in Deutschland untersuchte im Oktober des vergangenen Jahres die Universität Dortmund zusammen mit der Materna GmbH in Rahmen einer Kurzstudie. Hiernach wird einer der größten Vorteile in der Standardisierung gesehen: ITIL führe zu einer einheitlichen Vorgehens- und Denkweise und bietet Lösungsmodelle, die sich bereits in der Praxis bewährt haben. Dies bringe den Unternehmen Planungs- und Prozess-Sicherheit. Auch die Flexibilität wird hervorgehoben. Da das ITIL-Regelwerk kein Dogma darstelle, könnten alle Vorgaben individuell angepasst werden. Gleichzeitig erhöhe sich die Transparenz der IT-Prozesse, da diese mit Hilfe von ITIL genau definiert sind.
Allerdings scheint es für die Unternehmen durchaus diffizil zu sein, zu erkennen, wie weit sie jeweils bereits ITIL-konform aufgestellt sind. Consultants wie Lukas haben derzeit jede Menge mit entsprechenden Assessments zu tun, verrät der Meta-Group-Mann. Außerdem ist nach Erkenntnissen aus der Kurzstudie ITIL in den meisten der befragten Unternehmen nur in Form von Vorschriften oder Verfahrensanweisungen verankert.
ITIL bezieht sich auf elf Prozesse, sechs davon im aus dem Bereich Service und Helpdesk: Incident- (Ereignis-), Problem-, Change-, Release-Management, Service-Desk- und Configuration-Management, und fünf unter dem Begriff Service Delivery: Availability- und Capacity-Management, IT-Financial-, IT-Service-Continuity- sowie Service-Level-Management. Die standardisierten Methoden und Verfahren sollen zu einer Rationalisierung und Automatisierung des IT-Betriebs führen, zum Beispiel bei der Installation von Desktops und Servern.
<b>Standardschnittstellen sind das A und O</b>
So verweisen viele Hersteller, die Produkte im umfassenden Sinn Asset-Management-Werkzeuge anbieten, darauf, das ihre Produkte ITIL-basiert sind: Remedy, jetzt unter dem dach von BMC, mit Action Request, USU mit Valuemation, Altiris mit der Asset Management Suite und Axios Systems mit Assyst. Andere wie Front Range Solutions, die mit Asset Tracker noch ein vergleichsweise neues Produkt haben, wollen bald mit ITIL-Konformität aufwarten.
Die ITIL-Prozesse verdeutlichen, dass ein Asset-Management-Produkt vor allem die Eigenschaft besitzen muss, sich mit anderen Produkten zu vertragen. Denn die vielen Prozesse verursachen Schnittstellen “noch und nöcher”, macht Meta-Group-Berater Lukas aufmerksam. So sollte der Datenaustausch mit Systemen für das Enterprise Ressource Planning ebenso funktionieren wie zum System-Management. “Ein gutes System nutzt zunächst alle vorhandenen Daten und erzeugt keine neuen”, sagt dazu etwa Stephan Pohlmann, Vorstand der Tireno Innovations AG.
IBM beziehungsweise Tivoli habe geradezu vorbildlich lange Zeit eine Schnittstellen-Zertifizierung für das Framework angeboten, erinnert sich Meta-Group-Berater Lukas. Doch heute verfüge jedes adäquate Produkt über Standard-Interfaces. Somit böten sich durchaus auch Produkte von kleineren Herstellern an. Im übrigen spiele selbst SAP oder Peoplesoft eine Rolle als Anbieter von Software für die Asset-Verwaltung, und zwar vorrangig über die Verknüpfung zum Einkaufsprozess. Eine IT-Komponente wird angeschafft, sie altert, wird ausrangiert und vielleicht gelagert, irgendwann reaktiviert, oder ausgeschlachtet und schließlich ersetzt.
<b>Längerfristig planen</b>
Bis ein Service-Management-Prozess implementiert ist, mit der Definition des Prozesses, der Rollen- und Verantwortlichkeiten sowie der Integrationsschnittstellen und schließlich mit dem Aufbau der Automation, vergeht leicht ein ganzes Jahr. So dauere es 18 bis 21 Monate, rechnet Lukas vor, bis ein Return on Investment zu erwarten ist. Die Meta Group geht davon aus, dass im Schnitt Einsparungen von 25 bis 30 Prozent zu erwarten sind. “Es lohnt sich immer”, bekräftigt Lukas. Oft fänden die Berater in Abteilungen größerer Mittelstandsfirmen noch Excel-Tabellen vor, in denen das Inventar aufgelistet werde. Die Ablösung weitgehend manueller Methoden erklärt das hohe Einsparpotenzial.
Die Einführung eines Asset-Management bedeutet Aufräumen, Vereinheitlichen und Zentralisieren der Daten in einem Repository, fasst der Meta-Group-Experte die Grundzüge noch einmal zusammen. Verbessern soll sich das Lizenz-Management und die -Kontrolle sowie das Vertrags-Management. Zudem zielt Asset-Management auf die Wartungs- und Reparaturoptimierung und den Einsatz von Gebraucht-Hardware. Es erleichtert die Kostenplanung, -kontrolle und -optimierung, beschleunigt die Fehlerbehebung, professionalisiert den Einsatz von externen Dienstleistern und verbessert den Service Desk.
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