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Herr M auf der CeBIT

Eine der ersten Innovationen, die uns das Privatfernsehen beschert hat, das war ja seinerzeit ein Magazin Namens “M”. “M wie Muskeln! M wie Motoren! M wie Mann!” hieß es da im Vorspann.
Anschließend wurden kurze Filme über schöne Frauen gezeigt, die zumindest am Ende immer ganz nackig waren. Und zwischendurch kamen auch ästhetisch weniger ansprechende Beiträge über Rennautos und Extremsportarten.

Während jene liefen, konnte man dann darüber sinnieren, was denn eigentlich Mädels mit Motorenöl und den abwegigen Freizeitbeschäftigungen von irgendwelchen Muskelpaketen zu tun haben, die ganz offenkundig noch nicht auf dem aktuell gültigen Zivilisationsniveau angelangt sind. Fest steht, sie haben. Und das liegt an M. M wie Mann.

M nämlich ist nur dann völlig entspannt, wenn er unter seinesgleichen weilt. Frauen hingegen bedeuten für ihn immer Stress.

Dann muss M unter der denkbar höchsten psychischen Anspannung abchecken, ob was geht. Und wenn tatsächlich was gehen sollte, muss er sich darüber Sorgen machen, ob er’s denn bringt.

Bei Frauen in Gestalt der Geehelichten fällt der so geartete Stress zwar weitgehend weg, weil die einschlägigen Fragen weitgehend geklärt sind. Aber häusliches Appeasement, das Work-around um Unleidlichkeiten der Frau Gemahlin und das Handling ihrer gelegentlichen Übellaunigkeit sind auch sehr nervenaufreibend.

Deshalb fühlt M sich nur in Männerdomänen so richtig wohl. Und wenn ihm wohlig ist – und hier wird die Angelegenheit zum Paradoxon – dann verlangt er nach Frauen.

Nicht solchen, wie er meist eine zuhause hat, versteht sich. Keine, die nölt, Widerworte gibt oder gar eine, die schon die eine oder andere Falte hat.

Nein. Frauen in Männerdomänen haben keine Falten, weil die entweder sorgsam wegretuschiert worden sind oder aufgrund ihres jugendlichen Alters noch gar keine Gelegenheit hatten zu entstehen. Und diese Frauen nölen nicht und geben keine Widerworte, weil sie eh kaum den Mund auftun.

Die Centerfolds bilden etwa eine Spezies jener lieblichen Frauengattung. Ihre Populationsdichte ist denn auch in intakten Männerreservaten wie Autowerkstätten und Bundeswehrkasernen am höchsten.

Andere staksen bei Boxkämpfen durch den Ring und halten eine Tafel hoch, auf der steht, in der wievielten Runde sich zwei archaisch benehmende Gestalten gerade wechselseitig das verbliebene Hirn aus dem Schädel hauen. Oder sie hängen Rennfahrern Siegerkränze um.

Eigentlich könnte man die Litanei aus dem M-Magazinvorspann ja auch zur CeBIT nächste Woche herunterbeten: M wie Mikroprozessoren! M wie Mainframes!

Und um zum wesentlichen zu kommen: M wie Mädels! – Überall Mädels.

Niedlich knappe Corporate-Identity-Uniformen haben die ja immer an und verteilen diesmal sicherlich Produktflyer über ‘Manufacturing Execution Systems’, ‘Computing on demand’ und ‘Billing-Systeme’. Da interessiert man sich doch für – wenn man einen informativen Flyer in die Hand gedrückt bekommt – mit einem netten Lächeln.

Vor allem Billing-Systeme sind ja hochspannend. Der M, der auf der Telecom-World in Genf war oder auf der 3GSM in Cannes, der weiß das. Er wird sich vielleicht nicht mehr an Intels Roadmap zum 3-Komponenten-Handy erinnern oder an Motorolas HSDPA-Implementierung (High Speed Downlink Packet Access), aber ganz bestimmt an die Billig-Systeme der russischen CBOSS. Die ist zur Freude aller – wie auch immer gearteten – Experten übrigens ebenfalls auf der CeBIT. Sie lässt ihre Produktflyer im Rahmen einer stündlichen, stets gut besuchten Dance Show überreichen.

M wie Mobilfunk! Was Mädels mit Abrechnungssoftware zu tun haben? Das gleiche, was sie mit Motoren verbindet.

All das zeigt, dass die I+K-Branche halt noch eine echte Männerdomäne ist. Für M also eine Messe zum Wohlfühlen.

Allerdings Männerdomänen sind ja noch stärker bedroht als der Regenwald. Überall hin dringen Frauen vor, solche, die nicht so lieb sind wie die Prospektverteilerinnen.

Boxerinnen gibt’s mittlerweile und weibliche Parteivorsitzende. Ja, sogar Kandidatinnen fürs Bundespräsidentenamt sind die letzten paar Male aufgestellt worden – jeweils von derjenigen politischen Konstellation, die gerade nicht die Mehrheit hatte.

Und auch in der IT ist das so. Hewlett-Packard – immerhin der zweitgrößte Computerkonzern – hat eine Chefin. Und Lucent, einer der größten Telekommunikationsausrüster, auch.

Und alle stehen sie ihren Mann. Polieren ihren Gegnerinnen im Ring die Fresse, behumsen die Wähler, schalten interne und externe Konkurrenten aus und setzen, wenn’s gerade danach ist, Tausende von Werkelmännern und -frauen auf die Straße.

Wo soll das bloß enden? Frauen in Führungspositionen werden überhand nehmen. Und irgendwann einmal werden sie bei ihren Informationsrundgängen auf der CeBIT auch was fürs Auge haben wollen. Und dann werden waschbrettbäuchige Latin-Lover-Typen mit Drei-Tage-Bart und Schlafzimmerblick die Flyer verteilen.

Ach ja. Man sollte die Gelegenheit nutzen und sich auf der CeBIT auf angenehme Art über Manufacturing Execution Systems, Billing-Systeme und Computing on Demand informieren. Solange sowas noch geht.

Silicon-Redaktion

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