Sun Microsystems kämpft immer noch darum sein Geschäftsmodell so umzustellen, dass die Zukunft des Unternehmens längerfristig gesichert ist. Nach einer endlosen Serie von enttäuschenden Quartalsergebnissen, Ausgabenkürzungen und Entlassungen stellte sich CEO Scott McNealy in San Francisco erneut den Fragen der Analysten, um seine Strategie zu erläutern. Erstes Fazit: Die Baustelle Geschäftsmodell wird den Sun-Chef noch eine ganze Weile beschäftigt halten.
Immerhin glaubt McNealy mittlerweile das richtige Rezept gefunden zu haben, um die seit fast drei Jahren sinkenden Umsätze zu stabilisieren. Wichtigster Umsatzbringer soll nach wie vor die Hardware sein. Doch im Gegensatz zu den boomenden Dotcom-Zeiten, als man allein durch den Verkauf von Servern plus Betriebssystem mit Wachstumsraten von 60 Prozent glänzen konnte, soll der Anreiz für die Kunden in der Software, Peripherie und vor allem im Angebot schlüsselfertiger Lösungen liegen.
Das klingt zunächst nicht viel anders als Suns Grundhaltung aus der Vergangenheit, als Software nur notwendiges Beiwerk war, um teure Server und Workstations zu verkaufen. Doch die Rolle der Software als Teil der Lösung und als Verkaufsargument ist inzwischen wesentlich wichtiger geworden, Lösungen aus einer Hand stehen bei den Kunden stärker im Vordergrund.
Rein technologisch gesehen hatte das Unternehmen schon immer viel in Sachen Software zu bieten. Die Unix-Variante Solaris gehört zu den robustesten Betriebssystemen, Java ist aus der heutigen IT nicht mehr wegzudenken und auch Standard-Anwendungen wie Web- und Applikationsserver haben eine ansehnliche Verbreitung. Doch Sun hat es in der Vergangenheit versäumt, daraus eine richtige Säule für sein Geschäft zu bauen.
Das Zusammenfassen der einzelnen Module in das sogenannte ‘Java Enterprise System’ und dessen aggressive Vermarktung durch eine radikal vereinfachte Lizenzpolitik soll jetzt Versäumtes nachholen. Auch die Open-Source-Welle möchte man sich nicht entgehen lassen: Das auf Linux basierende ‘Java Desktop System’, ein Bundle aus Linux-Betriebssystem und Office-Anwendungen, das die Kosten einfacher PC-Arbeitsplätze radikal senken soll, ist als Türöffner für größere Installationen mitsamt Server und systemnaher Software in Unternehmen gedacht.
Obwohl damit Sun nun endlich Freundschaft mit Linux geschlossen hat, will der Hersteller sein Solaris einer größeren Zielgruppe schmackhaft machen. Genauer gesagt den Leuten, die sich hardwareseitig auf günstige x86-Architekturen eingeschossen haben und darauf Windows oder seit neuestem Linux laufen lassen. Eigene x86-basierte Server mit Intels Xeon oder AMDs Opteron-Prozessor sollen dort, wo Windows zu unsicher oder Linux nicht versiert genug ist, mit Solaris laufen.
Neu bei Sun ist auch das Bemühen um die Gunst der Entwickler. Nicht nur die Bedeutung der Java-Gemeinde wurde dem Management plötzlich bewusst, auch die Entwickler von Software für die x86-Plattform werden regelrecht hofiert. In einem neu vorgestellten Programm bekommen Kunden von Suns aktueller Entwicklungsumgebung zusammen mit ihrer Software auch einen Server kostenlos mitgeliefert.
Was McNealy mit all diesen Maßnahmen anstrebt ist eine möglichst hohe ‘Attach Rate’. Dieser Begriff beschreibt den Anteil von Software oder Speicherkomponenten, die zusammen mit den Servern verkauft wird. Software ist momentan bei der Hälfte aller Aufträge Teil des Pakets, jeder vierte Kunde bestellt Speicherkomponenten zusammen mit den Servern. Erhöht werden soll die Attach Rate außerdem durch die Verfügbarkeit von Komplettlösungen, zum Beispiel um einen Exchange-Server zu ersetzen oder um ein Data Warehouse samt Analysefunktionen aufzubauen.
Überhaupt ist das Ersetzen von Infrastrukturen, die mit Konkurrenzprodukten bestückt waren, für die Sales-Force des Herstellers oberste Priorität. Vorbei sind eben die Zeiten des Geschäfts mit neuen Unternehmen, die während des Dotcom-Booms wie Pilze aus dem Boden schossen und allein aus Prestige-Gründen Sun-Hardware bevorzugten. Jetzt ist Verdrängungswettbewerb angesagt. Erste Ansätze dieser Replacement-Strategie scheinen laut McNealy auch zu funktionieren. So verkündete der Sun-CEO, dass im Rahmen seines ‘HP Away’-Programms schon 80 Kunden gewonnen wurden, die ihre AlphaServer gegen Sun-Maschinen ausgetauscht hätten.
Allerdings lassen die Sonderkonditionen dieses Programms zwangsläufig die Frage aufkommen, ob sich Sun dadurch nicht auf eine teure Weise Marktanteile kauft, die kaum Gewinn bringen. McNealy wäre nicht aber McNealy, wenn er auch nicht darauf eine Antwort hätte. Zweck der Übung sei die Generierung “wiederkehrender Umsätze”, die den niedrigen Einstiegspreis ausgleichen und für einen konstanten Geldfluss aus Updates, Upgrades und Services sorgen sollen. Das geflügelte Wort der “wiederkehrenden Umsätze” werde man künftig bei Sun noch öfter hören, versprach er.
Alles schlüssige Maßnahmen, die so manchen Analysten in San Francisco überzeugt haben mögen. Doch der Weg zum Turnaround könnte länger sein als es McNealy und Co lieb ist. Deswegen heißt es erneut für die nächste Zukunft, die Kostenbasis von Sun noch schlanker zu machen. Rund 250 Millionen Dollar sollen im Laufe des Jahres eingespart werden, und das Ziel für nächstes Jahr sind weitere 250 Millionen – mit oder ohne Personalabbau.
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