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Verschworene SMS-Gemeinschaft hilft beim Seitensprung

Ausreden sind nicht länger verzweifelt gesucht: Für die Absage bei Familienfeiern, langweiligen Dates und sogar für einen erfolgreichen, weil heimlichen Seitensprung, hilft jetzt eine SMS-Idee. Per Handy können Mitglieder eines sogenannten ‘Alibi und Entschuldingungen’-Clubs Hilfe anfordern. Und schon steht die Ausrede. Der Erfolg lässt bereits die Betreiberkassen klingeln.
Am Beispiel eines geglückten Seitensprungs erklärt ein solches Club-Mitglied, das aus verständlichen Gründen gegenüber der New York Times anonym bleiben wollte, wie das geht. Er wollte ein Wochenende mit einer anderen Frau als der angetrauten verbringen und rief als registrierter Nutzer einer solchen Datenbank per Handy um Hilfe. Hunderte von ebensolchen registrierten Schlawinern empfingen den SMS-Hilferuf und einer von ihnen arrangierte die Hilfe, ebenfalls per SMS. Die erfundene Ausrede bestand darin, dass der “Helfer” die Ehefrau anrief, sich als Football-Trainer vorstellte und den treulosen Gatten dringend für ein Auswärtsspiel in der Amateurliga am Wochenende anforderte. “Es hat alles geklappt”, sagt der Fremdgänger.

Der Gatte war zuvor bei einem Netzwerk von Handy-Chatrooms Mitglied geworden, in dem 3200 User registriert sind. Die Chance unter ihnen jemanden zu finden, der auf einen Hilferuf reagiert und beispielsweise auch den ein oder anderen Teenager vor Verwandtenbesuchen rettet, scheint groß zu sein. Und sie zeigt auch, dass das Handy nicht länger nur als Verbindungs- und auch Kontrollwerkzeug im familiären und beruflichen Umfeld funktioniert, sondern auch für die moralisch bedenkliche Kehrseite zur Verfügung stehen kann.

Das beweist nicht zuletzt auch die US-Firma Kargo. Sie will ab Juli für einen Download-Preis ab drei Dollar Hintergrundgeräusche für Handygespräche vermarkten – vom schweren Husten, über Zahnarztpraxis-Geräusche bis zu Baustellenlärm statt Bar-Musik oder Meeresrauschen. So kann der unverfrorene Lügenbold jedem Angerufenen so ziemlich alles vortäuschen. Kontrolle über den Ort des Handy-Gesprächs und somit ‘Kontrolle über das Leben’ – so nennen die New Yorker diese elektronische Finte.

Für Wissenschaftler kommen diese Auswüchse nicht überraschend. Da es gang und gäbe sei, dass Lügen und Ausflüchte benutzt würden, sei die Adaption solcher Verfehlungen nur eine Frage der Zeit gewesen. Auch Geschäftsmodelle wie die kostenpflichtige Datenbank für Alibi-Bedarf sind mit juristischen Mitteln nicht zu verbieten. Und: Schließlich kann jeder mal in eine Situation kommen, wo er sich gern von einem falschen Abteilungsleiter für eine dringende Wochenendarbeit anfordern lässt – die kalten Füße bei dem gerade begonnenen Blind Date mit einem pickligen Muttersöhnchen lassen sich so vorübergehend wärmen.

Silicon-Redaktion

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