Categories: NetzwerkeUnternehmen

Beerbt Google Microsoft als IT-Supermacht?

Schon jetzt, sechs Jahre nach seiner Gründung, hat Google etwas erreicht, was vor ihm kein einziges Unternehmen geschafft hat. Die Menschen haben zum ersten Mal aus einem Firmennamen ein Verb gemacht. Autofahren heißt nicht ‘daimlern’ und die Arbeit mit einem Computer heißt nicht ‘microsoften’. Aber die Informationssuche im Internet heißt: googlen.
Wenn die Google-Gründer Sergey Brin und Larry Page so weiter machen wie bisher, könnte ‘googlen’ in einigen Jahren noch etwas anderes bedeuten: über Nacht von einem Nichts zu einer Supermacht zu werden. Das zumindest geben die Gerüchte über die Zukunftspläne von Google her, die in letzter Zeit die Qualität von Verschwörungstheorien erreicht haben. Genährt werden sie mitunter von der Enthüllung neuer Dienste wie Gmail, die Politiker wie Bürgerrechtler gleichermaßen auf die Barrikaden schicken.

Das jüngste Gerücht: Google entwickelt ein eigenes Linux-basiertes Betriebsystem für Desktops und mobile Geräte: GooOS (Google Operating System). Das behauptet der New Yorker Internet-Guru Jason Kottke. Seine Mutmaßungen bewegen sich zwar noch im Rahmen von Spekulation, doch es spricht einiges dafür, dass er Recht haben könnte. Schon in der Vergangenheit hat er bezüglich Google Weitsicht bewiesen als er behauptet hatte, dass Google keine Suchmaschinenfirma mehr sei. Die Google-Zentrale in den USA hält unterdessen in gewohnter Manier dicht. Auch eine Anfrage von silicon.de zum Thema blieb unbeantwortet.

Kottkes Visionen finden Unterstützung durch Rich Skrenta in dessen Weblog Topix.net. Skrenta, ein Unix-Programmierer der ersten Stunde (1982 schrieb er mit ‘Elk Cloner’ den vermutlich ersten Virus für Kleincomputer), kennt sich mit zwei guten Dingen aus: mit der Internet-Suche und mit Google. Er hat das ‘Netscape Open Directory Project’ mitbegründet und beobachtet Google mit einem eigenen Nachrichtendienst.

Skrenta fragt: Was machen die vielen Betriebssystem-Forscher bei Google? Unter ihnen sei Rob Pike, der Unix mitentwickelt hat. Wenn er sehe, welchen tiefen Einblick die Google-Forscher in die Entwicklung von Betriebssystemen haben, käme er sich vor wie ein Kind in Disneys ‘Tomorrowland’, das zum Mars reise.

Die Spielweise der Google-Forscher gibt Leuten wie Kottke und Skrenta ebenfalls Rätsel auf – und Anlass zu Spekulationen. Angeblich besteht Googles Infrastruktur aus nicht weniger als 100.000 miteinander vernetzten Rechnern. Diese Zahl stammt aus einem Artikel von John Markoff in der New York Times vom Februar dieses Jahres. Google habe “heimlich die größte Rechenkapazität der Welt entwickelt”, schreibt Markoff. Danach besaß das Unternehmen im Frühling 2003 noch 50.000 Computer in einem Dutzend Rechenzentren. Ende November 2003 seien es bereits 100.000 Rechner gewesen. Das habe die New York Times von einem Google-Insider erfahren.

100.000 Rechner! Mit diesem Super-Cluster kann man schon etwas anfangen, meint Skrenta. Auf dem Supercomputer liefen bereits die erfolgreichste Suchmaschine der Welt und Google-Anwendungen wie Orkut und Froogle. Diese Installation ermögliche es Google, den Nutzern des geplanten Freemail-Services Gmail einen kostenlosen Speicherplatz von 1 GByte anzubieten. Zum Vergleich: Microsofts MSN bietet nur 2 MByte.

Diese Installation sehe laut Skrenta nicht nach einem Rechner aus, auf dem nur einige Spezialanwendungen wie Internet-Suche laufen sollten. Während Microsoft und Yahoo die Einzelanwendungen von Google attackierten, baue Google eine “riesige und allgemeine Rechner-Plattform” auf. Diese Plattform umfasse ein eigenes Dateisystem, das Google Filesystem (GFS), den Fernabruf von Programm-Prozeduren, ausreichend Netzwerk-Speicherplatz sowie ein ‘Datacenter Management System’, das es einer Handvoll Ingenieuren erlaube, die 100.000 Rechner zu managen.

An Ideen, wie aus dieser Plattform Geld zu machen ist, scheint es den Google-Gründern und ihren 1000 Mitarbeitern jedenfalls nicht zu mangeln – im Gegenteil: Google scheint eine Art Hyperaktivität zu entwickeln: Froogle, AdSense, AdWords, Orkut, Google Local, Google News, Gmail – und was kommt noch? Sind das alles Projekte eines Unternehmens, das nur seine Suchtechnik optimieren will? Welches Ziel steckt dahinter?

Lesen Sie auch : KI-Bluff bei AIOps erkennen

Als nächstes greift Google die IT-Supermacht Microsoft an, sagt Kottke. Und zwar da, wo sie einen Angriff am wenigsten erwartet: Bei den Betriebssystemen.

Wie soll das gehen? Wie kann eine Suchmaschine den Monopolisten bei den Betriebssystemen entmachten? Es geht, sagt Kottke. Erstens, mit Linux. Auf dem Open-Source-Betriebssystem baut Google sein eigenes Geschäft auf. Und zweitens, mit den 100.000 Rechnern und einem eigenen Betriebssystem für Google-Nutzer.

Dieses Linux-basierte Betriebssystem für Desktops und mobile Geräte würde extrem schlank und noch dazu billig bis kostenlos zur Verfügung gestellt werden, denn seine Aufgabe bestünde, auf den Google-Superrechner zugreifen zu können, spekuliert Kottke. Darauf könnte man dann auf alles zugreifen, was man als Anwender braucht: Ein Office-Paket, E-Mail, Suche, Shopping, Chat, Spiele und vieles mehr. Daten könnten auf dem Google-Supercomputer gespeichert und weltweit verfügbar sein.

Microsoft scheint derweil hoffnungslos hinterher. Steve Ballmer, CEO von Microsoft, hat Ende März eingeräumt, dass es Redmonds größter Fehler gewesen sei, zu wenig Geld in die Entwicklung einer eigenen Internet-Suche gesteckt zu haben. Jetzt will Microsoft Google mit einer neu entwickelten Suchmaschine übertrumpfen. Doch während Redmond noch seine Achillesferse namens ‘Internet-Suche’ bepflastert, könnte sich Google anschicken, Microsoft aus seinem eigenen Reich zu jagen, der Plattform namens PC.

Sollte dieses Szenario tatsächlich mit Googles Plänen übereinstimmen, würde deren Verwirklichung weder am Know-how noch am Geld scheitern. Die Einnahmenquellen von Google sprudeln. Genaue Zahlen gibt es erst zum angeblich bevorstehenden Börsengang, doch bereits jetzt wird Google von Finanzexperten als hochprofitabel gehandelt. Wie Branchenkenner schätzen, hat Google im letzten Jahr ein Viertel des auf vier Milliarden Dollar geschätzten US-Online-Werbemarkts für sich beansprucht. Und die Gewinnmargen sollen ähnlich unanständig sein wie die von Microsoft.

Ein alter Glaubenssatz lautet: “Wissen ist Macht”. Fest steht: Google weiß durch seine Produkte sehr viel. Google weiß, wonach die Menschen suchen. Google weiß, was die Menschen kaufen (Froogle). Google weiß, wer wirbt und wie effektiv die Werbung (AdSense und AdWords) ist. Google weiß, worüber die Menschen mit ihren Freunden reden (Orkut). Und Google weiß, was die Menschen schreiben: Via Gmail verschickte E-Mails sollen automatisch nach ihrem Inhalt gescannt werden, um die dazu passende Werbung einzublenden.

Da muss Microsoft erst mal hinkommen.

Silicon-Redaktion

Recent Posts

IT 2025: IT-Führungskräfte erwarten massiven KI-Ruck

Einsatz von KI-Lösungen wirbelt auch in deutschen Unternehmen die Liste der Top-Technologieanbieter durcheinander.

18 Minuten ago

Sofortzahlungen im Wandel: Sicherheit und KI als treibende Kräfte

Echtzeitüberweisungen erfüllen die Erwartungen der Nutzer an Geschwindigkeit, sind jedoch anfällig für spezifische Sicherheits- und…

4 Stunden ago

Blockaden und Risiken bei APM-Projekten vermeiden

Application Portfolio Management (APM) verspricht Transparenz, mehr IT-Leistung und Effizienz – theoretisch.

2 Tagen ago

BSI-Bericht: Sicherheitslage im Cyberraum bleibt angespannt

Im Berichtszeitraum Mitte 2023 bis Mitte 2024 wurden täglich durchschnittlich 309.000 neue Schadprogramm-Varianten bekannt.

3 Tagen ago

KI-Hype in der Cybersicherheit – oder besser doch nicht?

KI kommt in der Cybersicherheit zum Einsatz, etwa um Abweichungen im Netzwerkverkehr zu identifizieren. Ist…

3 Tagen ago

Netzwerksegementierung schützt vor Angriffen über die OT

Ungepatchte und veraltetete Maschinen-Software ist ein beliebtes Einfallstor für Hacker, warnt Nils Ullmann von Zscaler…

4 Tagen ago