1200 neue Malware-Varianten hat der japanische Viren-Scanner Trend Micro allein im März entdeckt. Mindestens eine davon muss es wohl geschafft haben, was man während des Suchlaufs denn auch gleich auf dem Monitor sieht: “lauter Bilder von Gewürm und scheußlichem Getier” (Hesekiel, Kapitel 8, Vers 10).
Trend Micro schreibt ja, der Wurm sei mittlerweile quasi der Löwe des digitalen Ungeziefers. Die dominante Gattung.
Aber das stimmt nicht. Denn Malware kommt heute vor allem in Gestalt des Wolpertingers daher: meist eine Mischungen aus Virus, Wurm und Trojaner. Fast noch scheußlicher als die zusammengeleimten Jagdabfälle, die in Neuschwanstein norddeutschen Touristen als vermeintlich witziges Souvenier andreht werden.
“Wurm Sober.F ante portas!” hat vergangene Woche in der Schweizer Netzzeitung gestanden. So als wär’s der karthagische Feldherr mit seinen Kriegselefanten. Vielleicht ist er es ja, der ins System eingefallen ist. Der Sober.
Wobei man sich fragt – während der Scanner die Platten absucht, hat man schließlich genügend Zeit zum Nachdenken – warum im Zusammenhang mit dem binären Dreckszeug so viele Historismen bemüht werden. ‘Trojaner’ beispielsweise. Der Name ist doch eine einzige Gemeinheit!
Fakt ist: Seit jeher trieben die Griechen Handel mit ihren Nachbarn im Osten. Historisch mit den Persern, aktuell – das heißt: seit etlichen Jahrhunderten – mit den Türken und in der Mythologie mit den Trojanern. In der Mythologie haben sie gewonnen.
Und zwar aufgrund der ausgeprägten Heimtücke eines der ihren, des Odysseus, der frisch verheiratet war und allein schon deswegen nach zehn Jahren Krieg endlich heim zu seiner Frau wollte. Make Love not War, halt.
Odysseus hatte die Idee mit dem hölzernen Pferd. Was es den Griechen ermöglichte, in Troja einzufallen und dessen Bewohner niederzumetzeln. Nur Äneas entkam, floh nach Karthago und gründete später Lavinium, das nachmalige Rom.
Ausgebrochen war der Krieg, weil ein – wahrscheinlich glutäugiger und waschbrettbäuchiger – Anatolier Namens Paris einem anderen Griechen, Menelaos, die Frau ausgespannt hatte. Helena hieß die. Wenn einem heute sowas passiert, dann versucht man, seine bei solchen Gelegenheiten aufkommenden Selbstzweifel mit reichlich Alkohol zu betäuben, und brennt nicht gleich eine Stadt nieder!
Also die zivilisierte Welt verdankt den Trojanern sehr viel – ihr Zentrum während vieler Jahrhunderte, vor allem: die ewige Stadt. Und dann benennt man ein Stück in Malware gegossene Gemeinheit nach ihnen!
Warum bloß? fragt man sich also, während der Virenscanner gerade die 17. infizierte Datei findet. Die Antwort fällt einem bei der 34. ein: Karl Marx. Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte!
Dort heißt es über die Leute in den Zeiten großer Umbrüche: “In solchen Epochen… beschwören sie ängstlich die Geister der Vergangenheit zu ihrem Dienste herauf, entlehnen ihnen Name, Schlachtparole, Kostüm, um in dieser altehrwürdigen Verkleidung und mit dieser erborgten Sprache die neue Weltgeschichtsszene aufzuführen.”
Stimmt! Man ist ja tatsächlich dauernd verunsichert im Internet-Zeitalter, kann sich nicht vorstellen, wie ein digitalisiertes Holzpferd hinter die personal Firewall gekommen sein soll und hat auch keine schönen Zeus-Töchter auf ihrer Homepage besucht.
Bei der 41. entdeckten Viruskopie dann schießt es einem durch den Kopf: Wer tut denn sowas? Wer setzt all diese Plagen in die Welt?
Früher war das ja noch überschaubar: “sieben Engel, die hatten die letzten sieben Plagen” (Apokalypse, Kapitel 15, Vers 1). Aber was ist das gegen die 1200 Plagen, die Trend Micro letzten Monat entdeckt hat!
Zuerst fallen einem ja die Script-Kiddies ein. Schließlich: “Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte.” (Sokrates, 469 – 399 v. Chr.) Viren und Würmer – der Vandalismus des 21. Jahrhunderts!
Und meist ist ja auch jugendliche Vitalität mit im Spiel. Also Sex halt. Die Startseite im gehijackten Browser listet denn auch alle Möglichkeiten und Deviationen auf, die es diesbezüglich gibt.
War ja früher nicht anders – lange vor dem Internet. Da hat man ganz groß ‘Sex=Fun’ ans schwarze Brett der Schule geschrieben, dadurch für einen Skandal gesorgt und außerdem seine Virilität unter Beweis gestellt, indem man demonstriert hat, dass man dieses Wort zumindest kennt.
Aber glauben diese Rotznasen heutzutage denn wirklich, sie könnten eine Generation schocken, die schon, lange bevor sie überhaupt auf der Welt waren, ganze Lehrerkollegien in Aufruhr versetzt hat – und zwar ohne Viren-Kit, nur mit Filzstift und Papier?
Tun sie natürlich nicht. Weil: Sie sind’s ja nicht.
Wenn gekaperte Rechner Spam verschicken, dann geht’s dabei um richtiges Geld. Deswegen werden sie ja gekapert. Und das hat mit den Script-Kiddies soviel zu tun, wie ‘Sex=Fun’ auf dem schwarzen Brett mit dem Rotlicht-Milieu. Und wenn’s um Geld geht, dann sind Kaufleute im Spiel.
Auch der gehijackte Browser zeigt’s ja. Die neue Startseite schockt nicht. Sie nervt, kommt mit einer Penetranz wieder und wieder, wie man’s sonst nur von kommerziellen Werbespots her kennt.
Der bekannteste Anbieter von Spyware – oder Adware, wie’s juristisch korrekt heißt – will denn jetzt auch schon raus aus der Schmuddelecke und rauf auf’s Börsenparkett: Claria. Früher hieß er Gator. (Unter dem Namen hätte er ja auch ein Stück für den Wolpertinger abgegeben.)
Kommerz ist der Grund, das Business, dass jetzt der Scanner die 51. infizierte Datei entdeckt. Kein Vandalismus.
Und deswegen sind auch keine Trojaner schuld. Sondern mehr oder weniger ehrbare Kaufleute. Meist weniger, versteht sich. Phönizier quasi. Was ja auch wieder so ein Historismus wäre.
Aber, weil der Scanner gerade das 67. befallene File findet, ist einem das auch schon egal. Die Karthager waren Phönizier und die Heilige Schrift nennt sie Philister. Das Alte Testament. Das ist der Teil, in dem die Empfehlung hinsichtlich der linken und der rechten Wange noch nicht vorkommt.
Wär’ ja auch wirklich sehr unpassend, sagt man sich, derweil der Virenscanner gerade bei Datei Nummer 83 ankommen ist.
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