Es ist kein Geheimnis, warum die Auftragsabwicklung wieder mal aus dem Ruder läuft. “Da hat der Einkauf einfach nicht gewusst, was im Vertrieb passiert”, konstatiert nüchtern Klaus Straub, Chief Information Officer (CIO) bei Siemens VDO Automotive. Ein Grund mehr, das Unternehmensgeschehen mal wieder unter die Lupe zu nehmen und Reibungsverluste auszumerzen.
Fehlzündungen im Unternehmensmotor sind kein Einzelfall und die Ursachen sind häufig hausgemacht. Eine Studie der Delphi Group Ende letzten Jahres förderte zu Tage, dass viel zu wenig Firmen über aufeinander abgestimmte Steuerungsmechanismen in ihren Abteilungen verfügen. Als Grund ermittelten die Analysten, dass mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen Schwierigkeiten beim Umgang mit Business-Process-Management (BPM) haben.
Nachdem die IT-Strategen bei Siemens VDO ein zentrales Controlling aller Geschäftsprozesse über Kennziffern etablierten, konnte Straub aufatmen: “Wir haben in kurzer Zeit eine hohe Transparenz in die Abläufe bekommen”, sagt Straub erleichtert, “und können damit rechtzeitig potentiellen Störungen entgegenwirken.”
Bei BPM dreht es sich im Kern darum, die technische Kopplung der verschiedenen IT-Systeme zur Unterstützung und für die Lauffähigkeit der verknüpften Geschäftsprozesse zu nutzen. Aus Sicht von Wolfram Jost, Vorstandsmitglied der IDS Scheer AG in Saarbrücken, bedarf es lediglich einer flexibel aufgebauten IT-Infrastruktur, die Veränderungen in den betrieblichen Abläufen verlustfrei in betriebliche Anwendungssoftware überführt: “Im Normalfall initiiert der Repository-gestützte und transaktionsbasierte Aufbau automatisch Prozessketten vom Angebot über den Auftrag bis zur Lieferung und Rechnungsstellung”, erklärt Jost.
Das klingt nach Knöpfchen drücken und Geschäftsobjekte per Mausklick verlinken. Die Realität aber, und das weiß auch Jost, hält sich nicht immer an das Drehbuch der Softwarearchitekten. Die Integration der IT-Systeme und der Umgang mit Business-Logik und Anwendungssoftware kennen viele Fallstricke.
Erst analysieren, dann implementieren
“Die Kunst liegt darin, Konzepte in die Realität umzusetzen”, versichert Straub. Meist scheitern die Projekte schon daran, alle Beteiligten vor der Implementierung von Werkzeugen und Schnittstellen an einen Tisch zu bekommen und eine aussagekräftige Ist-Analyse zu erstellen. Das aber ist die Basis, um überhaupt ein Modell der Geschäftsstrategie und der darauf abgestimmten Arbeitsprozesse entwickeln zu können.
Fallstrick Nummer zwei ist die von Anwendern unterschätzte Komplexität der Unternehmensmodellierung. Die Auftragsannahme beispielsweise ist schon mit einer Vielzahl von Prozessen verknüpft: Da wird als erstes geprüft, ob die Anfrage mit allen notwendigen Angaben versehen ist, welcher Kreditrahmen eingeräumt wird, wie es um die Lagerverfügbarkeit der Waren steht. Dann geht es um Preiskonditionen, Lieferzeiten und Nachfolgemengen. Anschließend wird die Bestellung bestätigt und der Auftrag in Form von Stücklisten an das Lager und die Fertigung weitergereicht. Zu guter Letzt werden Finanz- und Abbuchungsvorgänge angestoßen und dem Kunden die Rechnung übermittelt. Standardsoftware für das Enterprise Resource Planning (ERP) schafft das erst nach mehrjähriger Implementierungs- und Anpassungszeit. “Da werden Erwartungen schnell enttäuscht”, bestätigt IDS-Mann Jost.
Ein Geschäftsprozess setzt sich aus den unterschiedlichen Objekten und den Teilprozessen der beteiligten Anwendungen zusammen. Die Crux liegt darin, dass es sich um kein monolithisches Gebilde handelt, das, einmal in Gang gesetzt, wie ein Schweizer Uhrwerk läuft. Ständig wechseln die Anfragen, Marktbedingungen und Kundenanforderungen. Das bedeutet Anpassung der Systeme ohne zeitaufwändige Neuprogrammierung. Schon daran hapert es bei älteren Softwaresystemen.
Ein weiterer Grund für die Anfälligkeit von BPM-Projekten ist der blinde Glaube an ‘intelligente’ Technik. Heutige Entwicklungsprojekte stehen unter Zeitdruck und müssen in kurzer Zeit Ergebnisse hervorbringen. Doch auch so gelobte Initiativen wie die Model Driven Architecture (MDA) der Object Management Group (OMG) haben ihre Schwächen. Die Modellbildung findet auf ziemlich hohem Abstraktionsniveau statt und den IT-Planern bleibt nach wie vor die Qual der Wahl, in welcher Komponente und auf welche Art beispielsweise ein Kundenauftrag von der Kundenmanagement-Software verarbeitet wird und wie die Daten im Produktionsplanungssystem, im Finanzmodul oder im Logistikmodul geführt werden sollen.
Modellbildung am Reißbrett
Seit 20 Jahren ist Professor August-Wilhelm Scheer mit seinem gleichnamigen Beratungs- und Systemhaus in Sachen Geschäftsprozessoptimierung unterwegs. Die Botschaft des Wirtschaftsinformatikers aus Saarbrücken hat sich seit den Anfangsjahren nicht verändert: “Der Unternehmenserfolg hängt ganz wesentlich von der Qualität des Prozessmanagements ab”, resümiert der Lehrstuhlinhaber und Unternehmensgründer.
Ein Rekordumsatz der IDS Scheer AG im Geschäftsjahr 2003 sowie steigende Lizenzverkäufe vor allem ins Ausland untermauern die These des Firmenpatriarchen. Laut einer aktuellen Befragung durch Analysten der Münchner Pierre Audoin Consultants (PAC) beschäftigen sich 76 Prozent der angesprochenen 145 Unternehmen mit der Verbesserung ihrer Geschäftsprozesse. PAC-Berater Jakov Cavar geht davon aus, dass die Unternehmen trotz angespannter Kassenlage in diesem Jahr wieder stärker in die Geschäftsprozessoptimierung investieren: “Die Kostenreduktion steht nicht mehr so deutlich im Vordergrund”, unterstreicht Cavar.
Das größte Verbesserungspotential steckt laut PAC-Studie in den Bereichen Controlling, Vertrieb und Marketing sowie Personalwesen. Diese Bereiche seien im letzten Jahr allzu rigoros dem Rotstift zum Opfer gefallen. Während traditionelle Bereiche wie Produktionsautomatisierung und Logistik weniger unter den knappen Budgets zu leiden hatten, blockierten im Dienstleistungsbereich die ausbleibenden Investitionen den weiteren Ausbau.
Das ändert sich in diesem Jahr. Nach Ansicht von Professor Scheer entfalten die richtig geplanten Eingriffe in die Geschäfts- und Arbeitsabläufe eine enorme Effizienzsteigerung, vor allem wenn sie mit fortschrittlichen Organisationskonzepten und Services verbunden sind. Moderne IT-Werkzeuge erlauben die modellgestützte Entwicklung von Product Lifecycle Systemen (PLS), die ganze Prozessschritte anhand von Kunden-, Logistik- und Fertigungsdaten steuern. Vorausgesetzt die Fach- und Organisationseinheiten haben ihre Hausaufgaben gemacht und ein einheitliches Prozessmodell mit der dazu gehörigen Business-Logik geschaffen. Die Übersetzung der Modelle in lauffähige Anwendungssoftware, so versichern die Saarbrücker im Brustton tiefster Überzeugung, lässt sich heute über die Aris-Plattform und ein Repository, das sämtliche fachlichen und technischen Modellinformationen enthält, ohne großen Aufwand realisieren.
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