Der Handschlag zwischen Sun und Microsoft letzten Monat war ebenso spektakulär wie schwierig einzuschätzen, was seine Folgen betrifft. Dass die Umgebungen, die durch die Plattformen Windows und Solaris geschaffen werden, durch den Austausch von Technologie zwischen den beiden Unternehmen besser kommunizieren sollen, leuchtet ein. Doch die Kooperation hat auch etwas Unheimliches an sich wenn man bedenkt, wie sehr beide Unternehmen ihre Zukunft einerseits auf Java, andererseits auf Dotnet abhängig machen. Was bedeutet der Deal für die Verbreitung von Dotnet und für die Offenheit von Java?
Java soll aufgebohrt werden, Solaris neue Funktionen erhalten, sagt Deutschland-Chef Helmut Wilke von Sun Microsystems, und kündigt an, dass in Sachen Software von Sun künftig mehr zu erwarten sein wird: “Sun wird mit Jonathan Schwartz am Ruder eine Software-Company.” Das sind die Argumente, mit denen Sun Microsystems derzeit die Kunden davon überzeugen will, dass sich durch die neue partielle Zusammenarbeit mit Microsoft nichts Negatives auf sie zu bewegt.
“Freiheit und Offenheit”
Sun verkauft den Deal als Sieg offener Technologie, zu der auch Java zu zählen ist. “Die aktuelle Entwicklung, die sich aus dem Informationsaustausch zwischen Sun und Microsoft ergeben, bedeutet, dass sich die geschlossene Welt Microsofts der offenen Welt Java und Sun öffnen muss”, sagt Andreas Slogar, bei Sun Manager für Java Web Service Solutions. Für einen Java-Entwickler bedeute dies, dass er über sein bisheriges Wissen und seine bisher genutzten Technologien einen Zugang erhalte, der ihm bis Dato verschlossen gewesen sei. “Die Freiheit und Offenheit von Java bleibt weiter erhalten und wird sogar noch ausgebaut, da sie den Zugang bezüglich Interoperabilität und Integration in die Microsoft-Welt ermöglicht.” Aus Sicht der Kunden sei die Investition in Suns Java als strategische Entwicklungsumgebung für die Applikationen somit maximal geschützt.
Wenig direkten Einfluss der Interoperabilität zwischen Windows und Solaris auf Java und Dotnet sieht auch Neil Macehiter, Analyst beim Marktforschungsunternehmen Ovum. “Die Interoperabilität der Betriebssysteme muss ganz klar getrennt werden von Java und Dotnet. Beispielsweise können heute schon Java und Dotnet durch Webservices ganz gut interoperieren, und das ohne Interoperabilität der darunter liegenden Betriebssysteme.” Diese Zusammenarbeit sei eine Notwendigkeit für Unternehmen, die beide Systeme im Hause haben und beispielsweise dafür sorgen müssen, dass Windows-Clients auf Solaris-Servern besser laufen.
So manch Anwender ist jedoch auf längere Sicht etwas skeptischer und sieht durch den Deal für Microsoft die Gelegenheit, den Aktionsradius von Dotnet erheblich zu erweitern. Der DV-Leiter eines großen Energiekonzerns befürchtet, dass durch das Abkommen Dotnet gestärkt hervorgeht: “Microsoft wird weiterhin auf Dotnet setzen, die können jetzt von einer Position der Stärke heraus agieren. Alle neuen Applikationen von Microsoft werden derzeit auf Dotnet-Basis entwickelt.” Dem halten die Sun-Manager zwar entgegen, dass Entwicklerteams bereits an den API-Strategien sitzen und Java sich nicht verenge, sondern erweitere. Doch diese Formel mit Leben und greifbaren Ergebnissen zu füllen, wird wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen, denkt er.
Ein Migrationspfad tut sich auf
Andererseits werde aber die bessere Interoperabilität mit Java-Umgebungen dazu beitragen, Dotnet-Anwendungen populärer zu machen, glaubt der CIO eines traditionsreichen deutschen Maschinenherstellers. Java sei insbesondere im Internet eine Tatsache, der sich nicht einmal Microsoft verschließen könne. “Ein Runtime-Environment wird auf jeder Plattform gebraucht, auch und insbesondere auf der Client-Seite.”
Für den CIO ist klar: “Das könnte ein Migrationspfad für Stammkunden von Sun sein.” Als Java-Großanwender interessieren ihn vor allem Entwicklungen in diesem Umfeld. “Unsere Anwendungen basieren derzeit überwiegend auf Java. Eine verbesserte Interoperabilität öffnet natürlich zukünftig stärker die Tür für die Integration von Dotnet-basierenden Applikationen.” Für den Augenblick will er die Entwicklung abwarten, seine IT-Strategie von der Verbindung zwischen Redmond und San Jose zunächst nicht beeinflussen lassen. Eine erhöhte Marktbedeutung für Dotnet könnte aber auch für ihn relevant werden, wenn Third-Party-Anbieter einsteigen. “Eine verbesserte Interoperabilität könnte ein mittel- bis langfristiges Migrationsszenario unterstützen.”
Der CIO erwartet auch, dass sich Microsoft über die Entwicklungsumgebungen engagieren wird, um die eigene Betriebssystem-Plattform für heutige Unix-Anwender und -Entwickler noch interessanter zu machen. “Dotnet und Java werden nach unserer Einschätzung noch auf absehbare Zeit getrennt bleiben, so etwa drei bis fünf Jahre”, sagt er. Ob Microsoft aber dauerhaft die Java-Seite genauso stark forciert wie das eigene Dotnet-Environment, sei fraglich. Auf der anderen Seite sieht er nicht viel Potenzial für Sun, durch die optimierten Schnittstellen in der Windows-Welt Boden gut zu machen. “Ob hier ein größerer Erfolg möglich ist, vor allem in Anbetracht der etablierten Konkurrenz, erscheint zweifelhaft.”
Unheilige Allianz?
Einem Zusammenrücken von Windows und Java sieht Christian Paulsen, IT-Leiter beim agrarwirtschaftlichen Landeskontrollverband LKV in Westfalen-Lippe, mit Sorge entgegen. “Wir bauen in der Entwicklung voll auf Java und schätzen gerade seine Plattformunabhängigkeit. Sollte Windows gegenüber Linux bevorzugt werden, müssen wir die Reißleine ziehen”, äußerte er sich gegenüber silicon.de. Paulsens Abteilung setzt traditionell auf Open Source und gilt als einer der ersten drei Referenzkunden von Suse-Linux.
Kritiker hatten Sun und Microsoft von Anfang an unterstellt, das Abkommen stelle eine unheilige Allianz der beiden gegen Linux dar. Für Ovum-Analyst Macehiter ist das sonnenklar: “Ein Element der Kooperation ist durchaus auch gegen die Open-Source-Gemeinschaft gerichtet, wenn man bedenkt dass ja beide Unternehmen – wenn auch aus ganz verschiedenen Gründen – von Open Source im Allgemeinen und Linux im Speziellen bedroht werden.”
Dennoch sieht er deswegen die beiden Unternehmen nicht unter einer Decke: “Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die beiden Unternehmen und deren Plattformen sich weiterhin einen erbarmungslosen Wettbewerb liefern werden. Schließlich geht die Zusammenarbeit darum, dass Interoperabilität dort hergestellt wird, wo beide Systeme erfolgreich sind.”
Konkurrenzkampf hin oder her – für IT-Leiter Paulsen vom LKV bleiben Sun und Microsoft auch weiterhin Anbieter proprietärer Software und der will nicht viel damit zu tun haben: “Wir sehen uns in unserem Verfahren, voll auf Open Source zu setzen, bestätigt. Nur mit transparenten, kostengünstigen Systemen können wir überleben – ohne Bindung an Sun, IBM, Novell, Microsoft und wie sie sich sonst noch nennen!”
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