Intels Geschäftspraktiken unter verschärfter Beobachtung

Mit Argusaugen beobachten derzeit die Wettbewerbshüter in Brüssel das Geschäftsgebaren des Chipherstellers Intel. Die EU-Kommission war bereits vor einigen Jahren einer Beschwerde des Konkurrenten AMD nachgegangen. Damals wurden die Untersuchungen zwar ohne Ergebnis abgebrochen, doch AMD lässt nicht locker. Die Wiederbelebung des bereits totgesagten Falls bestätigt das wachsende Ansehen der kampfeslustigen EU-Regulierer, die auch die Auseinandersetzung mit ihren US-Kollegen nicht scheuen.
Wie bereits 2001 wirft AMD Intel erneut vor, Großkunden mit unerlaubten Rabatten geködert und exklusive Vereinbarungen abgeschlossen zu haben. Nach Angaben der EU-Kommission wurden nun Fragebögen an Konkurrenten verschickt. Anschließend wolle die Behörde entscheiden, ob ein Verfahren eröffnet wird oder nicht. Von einer offiziellen Klage wird nicht gesprochen.

“Bei uns ist ein neue Beschwerde von AMD eingegangen und daraufhin haben wir die Ermittlungen eingeleitet”, sagte EU-Sprecherin Amelia Torres. “Wir sind noch weit entfernt von einem Vorergebnis, geschweige denn einem endgültigen Beschluss”, so Torres. Intel selbst scheint sich auch noch keine großen Sorgen zu machen. Man werde weiter arbeiten wie in den vergangenen drei Jahren auch, sagte Intel-Sprecher Chuck Mulloy. “Wir glauben, und haben das auch bereits mehrmals gesagt, dass unsere Geschäftspraktiken sowohl legal wie auch fair sind. Bestimmte Vorwürfe oder Fragen der Kommission können wir nicht kommentieren.”

Dabei ist AMDs Vorstoß nicht das einzige Sorgenkind des Halbleiterhersteller in Europa. Schließlich wird derzeit in Brüssel auch untersucht, ob deutsche und italienische Behörden bei der Auftragsvergabe unzulässigerweise Intel bevorzugen. Auch gegen Österreich, Schweden, Finnland, die Niederlande, Belgien und Frankreich wurden die Ermittlungen aufgenommen. Auch hier hat AMD den Fall ins Rollen gebracht. Dieses laufende Verfahren, habe mit den aktuellen Untersuchungen jedoch nichts zu tun, hieß es aus Brüssel.

Der neueste Intel-Fall liegt dort auf dem Schreibtisch der selben Wettbewerbshüter, die auch vor kurzem über den Fall Microsoft entschieden haben. Er endete bekanntlich mit einem Rekordbußgeld von 497 Millionen Euro für den Softwaregiganten. Zudem wurde Microsoft verpflichtet, seine Geschäftspraktiken zu ändern.

Fälle wie diese unterstreichen, was Experten bereits seit einiger Zeit beobachten. Wenn es um die Beaufsichtigung von großen US-Konzernen geht, können sich die USA nicht länger über die Meinung der EU hinwegsetzen. Während in der Vergangenheit bei einer Reihe wichtiger politischer Fragen die Meinungen zwischen europäischen und amerikanischen Politikern auseinander gingen, konnten die Wettbewerbs-Regulierer der EU ihre Position stärken.

“In der Diskussion um eine angemessene Wettbewerbspolitik hat sich Europa Gehör verschafft”, sagte M.J.Moltenbrey von der internationalen Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer gegenüber US-Medien. “Früher hatten die USA die Vorreiterrolle beim Kartellrecht, inzwischen hat sich die EU zumindest eine gleichrangige Autorität verschafft.” Dabei achtet das europäische Kartellrecht mehr auf die Auswirkungen, die ein Monopolist auf das Geschäft der Konkurrenten hätte, und nicht so sehr auf die Verbraucher. So wurden auch im Fall Microsoft die Folgen genauer untersucht, die Redmonds Geschäftspraktiken für Konkurrenten wie Sun Microsystems und RealNetworks haben.

Die selbe Philosophie führte jetzt auch dazu, dass die EU-Regulierer den AMD-Klagen gegen Intel mehr Gehör schenken, als die zuständigen US-Behörden. Dennoch erwarten Experten keinen transatlantischen Machtkampf der Wettbewerbshüter. Schließlich herrsche über die Ziele, die man mit Hilfe des Kartellrechts grundsätzlich erreichen will, weitgehend Einigkeit. Nur bei der Frage nach dem richtigen Weg, gehen die Meinungen auseinander.

Silicon-Redaktion

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