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Open-Source: Vernetzung der Protagonisten lässt zu wünschen übrig

Die öffentliche Hand erweist sich als wichtigster Motor beim Einsatz von Open-Source-Software. Allgemein wird von den Beteiligten die Notwendigkeit erkannt, den Open-Source-Gedanken mit eigenem Know-how oder gar finanziellen Mitteln zu unterstützen. Doch eine koordinierte Vorgehensweise gibt es nicht.
Das Projekt ist nicht repräsentativ, aber vielleicht symptomatisch: Unter www.open-government.org bauen Mitarbeiter der Stadtverwaltung Treuchtlingen derzeit in Eigeninitiative eine Informationsplattform für den Einsatz von Open-Source-Software auf. Ziel: andere Kommunen und Entwickler sollen von den Erfahrungen der bayrischen Kleinstadt profitieren. 1999 wurde in Treuchtlingen der erste Linux-Server eingeführt, und im Juni 2002 der letzte mögliche Arbeitsplatzrechner durch einen Thin Client ersetzt.

“Die öffentliche Hand kann der öffentlichen Hand helfen”, davon ist Heinz Gräsing, Systemadministrator bei der Stadtverwaltung, überzeugt. Gräsing war an der Umstellung maßgeblich beteiligt und ist nun auch eine treibende Kraft von open-government.org, hinter der eine Linux-Anwendergruppe bei der Stadtverwaltung Treuchtlingen steht.

Zu den ersten Projekten, die Gräsing angehen möchte, gehören Softwarepflichtenhefte für Fachanwendungen: “Im Gegensatz zu den Pflichtenheften auf Bundesebene sind sie nicht einfach zu bekommen, weshalb wir sie nun in Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen Einrichtungen aufbereiten wollen, so dass Open-Source-Entwickler sich ein Bild über Fachanwendungen machen können, die bei Städten und Gemeinden im Einsatz sind.” Die Idee gehe auf konkrete Anfragen aus der Community zurück. “Da würde mancher gerne etwas entwickeln, das es derzeit noch nicht als Open-Source-Software gibt, aber es fehlen ihm die Grundlagen dafür”, so Gräsing. Doch auch Hersteller könnten davon profitieren, da mancher vielleicht unwissentlich ein geeignetes Produkt besitze.

Ein zweites Projekt soll dabei helfen, die Softwarelücken zu beseitigen, die durch eine Migration von Microsoft-Anwendungen zu offenen Applikationen entstehen. “Dabei handelt es sich oft um Miniprogramme, die in Access oder Excel geschrieben worden sind”, erläutert Gräsing. “Die Wasserabrechnung ist ein typisches Beispiel dafür, das fast in jeder Gemeinde vorkommt.” Hierzu arbeitet Gräsing mit der Fachhochschule Augsburg zusammen. Ein Open-Source-Framework auf Java- und XML-Basis soll bis Herbst daraus hervorgehen, mit dessen Hilfe sich Nachfolgesoftware für die Lücken erstellen lassen wird.

Die Stadtverwaltung hat auch in der Vergangenheit der Web-basierten Open-Source-Groupware ‘PHProjekt’ einen Betrag von 1000 Euro zukommen lassen, damit sich mit der Software konkrete Anforderungen für den Einsatz in Treuchtlingen erfüllen ließen.
Trotz dieser Aktivitäten gesteht Gräsing ein, dass der bisherige Austausch zwischen Städten und Gemeinden sowie anderen Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung einerseits und der Open-Source-Entwicklergemeinde andererseits Stückwerk sind.

Auch Horst Bräuner, IT-Koordinator bei der Stadt Schwäbisch Hall, bestätigt, dass “ein Podium für den Informationsaustausch fehlt”. Nur so lasse sich beispielsweise auch vermeiden, dass man parallel am Gleichen arbeite. “Wir haben in Schwäbisch Hall einen Referenz-Desktop mit Open-Source-Software aufsetzen lassen und mussten kürzlich von einem identischen Projekt in einer anderen Stadt erfahren”, nennt Bräuner ein Beispiel.

Einen anderen Weg geht die Open-Source E-Government (OseG), in der sich die Stadt Philippsburg, der Landkreis Germersheim, die Firma Inmeco und die Xinity Foundation zusammengeschlossen haben. Die Interessengemeinschaft wird demnächst in einen Verein umgewandelt und soll allen Interessenten – Anwendern und Anbietern – offen stehen. Die OSeG will künftig Anwender und Experten in Sachen Open-Source zusammenbringen.

Martin Kadlec, Geschäftsführer von Inmeco und Motor der OSeG, ist sich durchaus im Klaren darüber, dass solche Interessengemeinschaften problematisch sein können: “Open-Source funktioniert nur, wenn irgendwo kostenpflichtige Leistungen entstehen, die eine Querfinanzierung der Softwareentwicklung ermöglichen.” Sonst bekämen die Mitglieder einer Interessengemeinschaft schnell dass Gefühl, dass immer nur einer investiere und andere profitierten.

Es mutet etwas paradox an, dass ausgerechnet die Kommunen es untereinander nicht schaffen, eine stärkere Vernetzung in Sachen Open-Source-Software zu erreichen. Schließlich haben sie durch die Städte- und Gemeindetage eine vollständige Infrastruktur auf Landes- und Bundesebene und stehen gerade im IT-Bereich auch nicht in Konkurrenz zueinander.

Die Strukturen seien bislang einfach nicht auf einen horizontalen Informationsaustausch ausgelegt, resümiert man beim Deutschen Städte- und Gemeindebund. Über eine solche Vernetzung werde schon lange, aber vergeblich diskutiert, sagt ein Sprecher. Sie sei ja durchaus auch für andere Themenbereiche außerhalb der IT sinnvoll, aber funktioniere bislang nirgends.

Und so gibt es viele Initiativen, die den Informationsfluss zwischen den Einrichtungen der öffentlichen Hand, IT-Anbietern mit einem Open-Source-Portfolio und der Entwicklergemeinde verbessern sollen, aber es bleibt der Eindruck von Stückwerk. Jeder macht etwas. Das Bundesinnenministerium hat zusammen mit der Bundesverwaltung für Verkehr, Bau und Wohnungswesen und dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vergangenen März ein virtuelles Open-Source-Kompetenzzentrum gegründet, und das BSI achtet bei der Vergabe von Open-Source-Projekten darauf, dass nur Anbieter den Zuschlag bekommen, die stark in den Community-Prozess eingebunden sind.

Der Linux-Verband Live wiederum erarbeitet derzeit in seinem Arbeitskreis ‘Public Sector’ eine Liste der Verwaltungsprozesse, die in Städten und Gemeinden existieren, damit Open-Source-Entwicklungen wiederum darauf aufsetzen können und nicht das Rad neu erfinden müssen. Horst Bräuner, Vorsitzender dieses Arbeitskreises, erläutert: “Jede Kommune verwendet einen einheitlichen Aktenplan, der sich sogar in der Papierablage widerspiegelt.”

Im Jahr 2000 startete mit BerliOS ein Projekt, das am Berliner Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme (Fokus) angesiedelt ist. Das Bundeswirtschaftsministerium förderte die Internetplattform rund zwei Jahre lang mit 500.000 Euro. BerliOS wollte die Entwickler und Anwender von Open-Source-Software mit IT-Anbietern zusammenbringen, damit diese gemeinsame Projekte angehen können. Zwar ist es BerliOS gelungen, mehr als 1500 Open-Source-Projekte auf seiner Plattform zu vereinen, aber die Anwender blieben dem Angebot fern. Das Bundeswirtschaftsministerium kappte inzwischen die finanzielle Förderung, so dass Fokus derzeit alleine für Betriebs- und Personalkosten aufkommen muss.

Als weitere treibende Kraft bei einer stärkeren Vernetzung von Anwendern, Anbietern und der Community im Open-Source-Umfeld könnten sich künftig regionale Wirtschaftsförderungen erweisen. So will sich beispielsweise die baden-württembergische Wirtschaftsinitiative bwcon dem Thema Open-Source verstärkt annehmen. Ein Anfang Juli in Stuttgart stattgefundener Workshop legte dafür den Grundstein. In vier Projekten wollen Anbieter und Anwender – sowohl aus der öffentlichen Verwaltung als auch aus der Wirtschaft – Grundlagen für fehlende Standards in verschiedenen Bereichen schaffen, etwa bei Middleware. Der Ausgang ist ungewiss; der Erfolg steht und fällt mit dem Engagement in den Projektgruppen.

Silicon-Redaktion

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