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Open Source-Lizenzen: Ordnung dringend ersehnt

“Was die Open-Source-Community vor allem braucht, sind weniger Open-Source-Lizenzen.” Das sagte Martin Fink, HP’s Vice President of Linux, auf der LinuxWorld Conference in San Francisco. Die steigende Zahl der Lizenzen werde für Entwickler und Kunden immer mehr zum Problem.
“Die vielen Lizenzen stiften nur Verwirrung”, so Fink. Er verantworte jede Woche drei bis fünf Open-Source-Projekte und komme nie auf die Idee, jeweils eine neue Lizenz zu schreiben. Die Open-Source-Community solle nach Wegen suchen, um das Chaos zu beenden. Er habe jüngst 52 Lizenzen gezählt und am Ende der Woche könnten es schon 55 sein.

“Auf meiner Liste stehen etwa 80 Lizenzen”, sagte Gary Barnett, Analyst beim britischen Marktforschungsunternehmen Ovum, gegenüber silicon.de. Er stimme mit Fink überein – die Schmerzgrenze sei erreicht. “Es wird immer schwerer, die Übersicht zu behalten”, so Barnett.

Das Durcheinander führe dazu, das die Unternehmen Open-Source-Software viel langsamer einführten als erwartet. Der Grund: Die Firmen prüften erst, ob ihre Open-Source-Vorhaben Lizenzrechte verletzten. Dabei seien viele neue Lizenzen nur Modifikationen bestehender Lizenzen.

Er verstehe nicht, warum die Entwickler so viele Lizenzen schrieben. “Ich empfehle jedem Start-up, keine eigenen Lizenzen aufzusetzen, sondern bereits eingeführte Lizenzen wie die Apache License, die General Public License oder die Mozilla Public License zu nutzen”, meinte Barnett.

“Die Mehrzahl der Lizenzen, die wir nach der ‘Open Source Definition‘ zertifiziert haben, wird nur in einem einzigen Projekt genutzt”, erklärte Eric Raymond, President der ‘Open Source Initiative’ (OSI), dem US-Branchendienst Infoworld. Raymond will sich jetzt selbst um die Angelegenheit kümmern. Die OSI werde ihre Zertifikate nach strengeren Maßstäben vergeben, hieß es.

“Wenn einige Lizenzen aussortiert werden, wird unser Geschäft auf jeden Fall einfacher”, meinte auch Chris Hjelm, CTO des US-Reiseanbieters Orbitz. Das Unternehmen setzt auf verschiedene Open-Source-Programme und hat seine Codes jetzt mit dem Programm ‘protexIP’ geprüft. Das Tool wurde von US-Software-Unternehmen ‘Black Duck’ entwickelt, um in proprietären Anwendungen nach Open-Source-Codezeilen zu fahnden.

“Ein Großteil der Open-Source-Projekte wäre mit drei oder vier Lizenzen abgedeckt”, konstatierte auch Till Jaeger, Rechtsanwalt und Mitbegründer des ‘Instituts für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software’ (ifrOSS). Bei der Gestaltung von Open-Source-Lizenzen gebe es drei Ansätze. “Apache und BSD-artige Lizenzen räumen dem Lizenznehmer alle Freiheiten einer Open-Source-Lizenz ein”, so Jaeger. Der Lizenznehmer könne veränderte Versionen der Software ohne Bedingungen weiterverbreiten, also auch in proprietäre Software überführen.

“Der zweite Ansatz sind Lizenzen mit einem strengen Copyleft-Effekt wie bei der GPL”, sagte Jaeger. Der Lizenznehmer werde verpflichtet, die von der ursprünglichen Software abgeleiteten Werke nur unter den Bedingungen der Ursprungslizenz weiterzuverbreiten.

“Die dritte große Gruppe liegt zwischen diesen Polen”, so Jaeger. Lizenzen wie etwa die Mozilla Public License verfügten über einen eingeschränkten Copyleft-Effekt. Werde die Software in eigenen Dateien verändert, dürfe der Lizenznehmer diese Dateien auch unter proprietären Lizenzbedingungen weiterverbreiten.

“Eine Lizenzierung schützt die Open-Source-Software jedoch nicht vor Patentklagen”, erklärte Jaeger zur aktuellen Debatte um die Softwarepatente. Da die Patente anders als die Lizenzen nicht den konkreten Code schützten, sondern das implementierte Verfahren – sofern dieses neu und erfinderisch sei – könne nicht ausgeschlossen werden, dass die vom Urheber lizenzierte Software das Patent eines Dritten verletze. Dies gelte allerdings ebenso für proprietäre Programme.

Gleich ob lizenziert oder patentiert – “die Open-Source-Software wird sich nur wegen ihrer Qualität durchsetzen und nicht aufgrund spitzfindiger Lizenzen”, so Ovum-Analyst Barnett.

Silicon-Redaktion

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