Eine Leistung von 150 Gigaflops bei 192 GByte Arbeitsspeicher und bis zu 9,6 TByte Plattenspeicher – und das alles unterm Schreibtisch. So manch ein Forscher bekommt feuchte Augen bei dem Gedanken, so viel Rechenpower nur für sich allein zur Verfügung zu haben.
Die Wunderkiste kommt von Orion Multisystems, einem bis dato privat gehaltenen Start-up aus Silicon Valley. Deren Gründer sind jedoch alles andere als ungeschriebene Blätter: Colin Hunter und Ed Kelly hatten vor einem knappen Jahrzehnt von sich reden gemacht, als sie den Mut hatten, einen neuen Prozessorhersteller zu gründen – Transmeta. Zuvor hatte Hunter Ready Systems gegründet und Kelly bei Sun Microsystems hochkarätige Workstations entworfen.
Nun also eine Workstation, deren Eckdaten wie die eines Supercomputers klingen. Die so genannte ‘Cluster Workstation’ von Orion soll die Lücke zwischen Desktop-Systemen und Superrechnern schließen, zwischen denen ein Leistungsvakuum von Faktor 1000 besteht. Dass es ernsthaften Bedarf für Hochleistungsrechner für einzelne User gibt, wurde den Orion-Chefs im Vorfeld mehrmals bestätigt.
“Die heute verfügbaren Systeme sind entweder Ad-hoc-Sammlungen handelsüblicher PCs oder teure Rechenzentrumsressourcen,” sagt beispielsweise Dr. Horst Simon, Chef des National Energy Research Scientific Computing Center (NERSC) im Lawrence Berkeley National Laboratory. Noch dazu gebe es Unzulänglichkeiten bei der Reife und der Funktionalität der Systemsoftware. Simons Rechenzentrum ist Hauptanlaufstelle für 2500 Forscher, die im Auftrag des US-Energieministeriums neue Energieformen erkunden.
Auch für Dr. Ben Inglis, Hirnforscher an der University of California in Berkeley, ist die Orion-Maschine ein Segen: “Durch die Cluster Workstations haben die Möglichkeit, die Produktivität in unserer Einrichtung deutlich zu erhören, da wir jede Stunde mehrere GByte an Bilddaten bekommen und es eine permanente Warteschleife für unseren gemeinsamen High-Performance-Rechner gibt. Die Verarbeitung dieser massiven Bilddateien ist inzwischen zum bestimmenden Faktor für den Fortschritt unserer Forschung geworden.”
Wirklich neu ist an den Orion-Workstations, dass sie Cluster-Technologie für Einplatz-Rechner verwenden – ohne dass der Anwender selbst sich um Cluster-Technologie den Kopf zerbrechen muss. Dadurch werde die “Schwarze Magie” rund um die Verwendung von Cluster-Technologie irrelevant, sagt das Unternehmen. Der Nutzer muss sich nur mit seiner Workstation und nicht mit einem Cluster auseinandersetzen.
Die Unterstützung eines der wichtigsten Player im Bereich Scientific Computing hat Orion schon mal gesichert. Wolfram Research, Hersteller der Anwendung ‘Mathematica’, hat die Grid-Version seines Flaggschiffs für die Orion-Plattform optimiert. Dadurch ist die wohl größte Sammlung mathematischer Algorithmen auf den Cluster Workstations verfügbar.
Die Orion-Maschinen laufen unter Linux und verwenden dabei alle gängigen Libraries für Parallelverarbeitung wie MPI, PVM und SGE. Existierende Cluster-Anwendungen könnten ganz ohne oder lediglich mit geringfügigen Modifizierungen laufen. Die Rechner booten in nicht mehr als 90 Sekunden und haben die Benutzeroberfläche eines Linux-Desktops.
Zwei Varianten werden von Orion zunächst angeboten: Die kleinste Desktop-Ausführung zum Preis von etwa 10.000 Dollar beherbergt zwölf Transmeta-Prozessoren auf einem Board, adressiert 24 GByte Arbeitsspeicher und 1 TByte Plattenspeicher. Sie kann durch drei weitere Desktops zu einem System mit 48 Prozessoren aufgebohrt werden. Die Spitzenleistung für den Desktop wird mit 36 GFlops (Milliarden Fließkommaberechnungen pro Sekunde) angegeben, kontinuierlich sind es 18 GFlops.
Die High-end-Maschine hat in der maximalen Ausbaustufe 96 Knoten und adressiert 192 GByte Arbeitsspeicher. Ihre Spitzenleistung liegt bei 300 GFlops (kontinuierlich 150 GFlops) und sie wird noch unter 100.000 Dollar kosten. Lieferbeginn ist Oktober.
Bleibt nur noch, die Starkstromleitung bis zum Schreibtisch zu legen. Nicht notwendig, sagen die Ingenieure von Orion. Selbst in der Vollausstattung reichen dem Kraftzwerg ganze 1500 Watt – die kann auch die normale Schuko-Steckdose an der Wand liefern, wenn das Kabel dick genug ist. Das Desktop-Modell begnügt sich mit 220 Watt.
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