“Die Nutzer von Open-Source-Software haben ein ernsthaftes Problem.” Das meint Gary Barnett, Analyst beim Marktforschungsunternehmen Ovum. Der Name des Problems: “Mixed Ownership.”
Im Gegensatz zu proprietärer Software, bei der ein Urheber eindeutig identifizierbar ist, gibt es bei Open-Source-Software keinen einzelnen Urheber mehr. So können die Entwickler Software unter Open-Source-Lizenzen wie der GPL (General Public License) verändern, wenn sie das neue Produkt wieder per GPL verfügbar machen.
Barnett: “Ohne einen klaren Urheber stellt sich die Frage, wer dann die Partei ist, bei der ein Anwender rechtliche Ansprüche geltend machen kann.” So könne es passieren, das ein Unternehmen ein Open-Source-Produkt genutzt und verändert hat – um später zu entdecken, das es gestohlenen Code enthielt.
Als es nur proprietäre Software gab, war das geistige Eigentum eine Frage, die die Softwarehersteller unter sich ausmachten, so Barnett. Streitereien um Copyright und Lizenzen fanden hinter den Türen der Hersteller statt. Die Anwender konnten Software kaufen und einsetzen, ohne sich groß um die rechtlichen Belange zu kümmern. Das habe sich geändert, seit dem Open-Source-Software zum Mainstream geworden sei. “Jetzt laufen die Anwender plötzlich Gefahr, in einen teuren Rechtsstreit um ‘Intellectual Property Rights’ (IPR) verwickelt zu werden”, meint Barnett.
Was ‘Mixed Ownership’ bedeutet, zeigt der jüngste Fall aus den USA. Brian Connolly, Chef des Service Providers Furthermore, hatte zwei Entwickler mit dem Programmieren einer Content-Management-Software beauftragt. Als das Projekt beendet war, fügte ein Entwickler laut Connolly den Code ohne Erlaubnis von Furthermore in die Open-Source-Software Mambo ein. Mambo ist ein Content-Management-System.
Damit sei der Vertrag verletzt worden, den Furthermore mit dem Entwickler abgeschlossen hatte, so Connolly. Seitdem der Code Bestandteil von Mambo sei, hätte eine Reihe von Unternehmen die Software kopiert. “In einem Fall hat die Firma lediglich die Copyright-Information im Titel geändert”, sagt Connolly.
Das ‘Mambo Development Team’ weist die Aussagen Connollys zurück. “Was Connolly sagt, ist leichtfertig und ohne Substanz”, heißt es in einer Mitteilung auf der Mambo-Webseite. Das Team habe die Sache seinen Anwälten übergeben und gebe keine öffentlichen Erklärungen mehr ab.
Derweil spielt Connolly den Streit herunter. Der Fall habe nicht die Bedeutung der Kontroverse zwischen SCO und IBM, heißt es. SCO hatte IBM verklagt, weil IBM in seine Linux-Programme angeblich Unix-Code eingebaut hat, an dem SCO die Rechte besitzt.
“Was jetzt zwischen Furthermore und Mambo passiert, kann zukünftig noch oft geschehen”, meint dagegen Rob Enderle, Principal Analyst des gleichnamigen Marktforschungsunternehmens. “Ich glaube, Linus Torvalds weiß, das es ein rechtliches Problem gibt.”
Derartige Auseinandersetzungen könnten sich häufen und an Schärfe gewinnen, sagt auch Ovum-Analyst Barnett. “Die Software-Industrie ist mitten in einem Wettrüsten, und manche Unternehmen setzen Copyrights und Patente als Munition ein.” Der Analyst rät den Unternehmen, nur Open-Source-Software zu verwenden, deren Herstellung öffentlich dokumentiert ist. Außerdem sollten die Firmen eine “Open-Source-Policy” entwickeln. Diese solle den Prozess beschreiben, nach dem der Einsatz von Open-Source-Produkten im Unternehmen genehmigt wird und festlegen, welche Open-Source-Lizenzen die Firma nutze.
Setze ein Unternehmen Open-Source-Software ein, sollte sie “ein durchgehendes Interesse an ‘Intellectual Property Rights’ entwickeln”. Habe eine Firma mehr als 1000 Angestellte, sei es sehr wahrscheinlich, das Open-Source-Programme irgendwo im Gebrauch seien – “auch wenn die Geschäftsführung nichts davon weiß”.
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