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Indian Summer bei Bea: Java-Technik wechselt zu Apache

“Open Source” ist bei Entwicklern ein positiv besetzter Begriff – zumindest bei denen, die ohne Microsoft-Tools, dafür aber mit Java hantieren – steht er doch für das Gegenteil von Bevormundung und Kommerz. Manch ein Softwarehersteller schmückt sich etwa mit Linux-Unterstützung geradezu. Nun möchte sich auch Bea Systems, Anbieter des Applikations-Servers ‘WebLogic’, veredeln – mit dem eigenen Open-Source-Projekt ‘Beehive’. Immerhin hat Hauptkonkurrent IBM auch eins, das Entwicklungs-Framework Eclipse. Doch Bea steckt in Erklärungsnot.
Schon im Mai, als Bea Systems seine alljährliche internationale User-Konferenz abhielt und die Ankündigung des Beehive-Projekts noch ganz frisch war, orakelten die Marktauguren verschiedener Analystenhäuser von Meta Group bis Gartner, das sich Bea schwer tun werde, die Unternehmensstrategie bezüglich Open Source zu verdeutlichen. Kritiker bezweifelten die Lauterkeit des Unternehmens und bösen Zungen fehlte schlicht eine Unternehmensstrategie. Vor kurzem gingen Bea-Vertreter gemeinsam mit Repräsentanten der Open-Source-Stiftung Apache auf Tour, um den Sinn einer Allianz plausibel zu erklären.

Als “Application Framework” bezeichnet Bea den Laufzeitbestandteil seiner Entwicklungsumgebung ‘WebLogic Workshop’, dessen Quellcode das Unternehmen nun der Apache Software Foundation (ASF) übergeben hat. Damit steht der anfänglich eingereichte Code der Öffentlichkeit zur Weiterentwicklung zur Verfügung:.

Der Entwicklungsprozess bei Apache

Die Non-Profit-Organisation mit Sitz im US-Staat Delaware hat ihre Wurzeln im Zusammenschluss einer Handvoll Leute, die sich 1995 zusammentaten, um Software-Patches für den damals populären ‘NCSA Web Server’ auszutauschen. Noch im selben Jahr stellte die Apache Group ihren eigenen HTTP-Server vor, der kaum sechs Monate später schon mehr Marktanteile hatte als der NCSA-Server. “Heute”, sagt ASF-Mitglied Lars Eilebrecht, “beträgt der Marktanteil des Apache Servers rund 70 Prozent.” Um die Open-Source-Rechte besser schützen und vertreten zu können, wurde 1999 aus der Apache Group die ASF.

Sogenannte ‘User’ tragen zur Entwicklung das dazu bei, was sie wollen und können. Ein ‘Committer’ darf schreibend auf die Software-Repositories zugreifen und ein ‘Project Member’ kann über den Fortgang abstimmen und neue Committer vorschlagen. Schließlich gibt es noch die ‘ASF Member’, die neue Foundation-Projekte und -Mitglieder vorschlagen können. Derzeit zählt die Stiftung 1000 Committer und 132 Mitglieder. Dazu kommen neun Vorstands-/Geschäftsführungsmitglieder und 26 ‘Officers’, die vor allem Verwaltungs- und Repräsentationsaufgaben wahrnehmen. Technische Entscheidungen fallen nach dem Prinzip der schweigenden Mehrheit. Kommen zuhauf keine begründeten Beschwerden, wird es halt so gemacht.

Laut Eilebrecht verfolgt die ASF eine “Kommerz-freundliche Lizenzierung”. Produkte, die von Softwareherstellern auf der Basis von ASF-Projekten erstellt werden, sind nur auf ausdrücklichen Wunsch Open Source. Alle Pakete, die von der ASF entwickelt werden, gehören dagegen automatisch zur Apache-Lizenz 2.0.

Das Projekt landet im Brutkasten

Die Beehive-Initiative hat den Status eines ‘Inkubator’-Projekts. Bis ein Vorhaben aus dieser Phase herauswächst und zum Hauptprojekt wird, vergehen in der Regel bis zu zwölf Monate, verrät das ASF-Mitglied Eilebrecht. Während dieser Zeit bekommen die Projekte Mentoren. Zudem wird geprüft, ob die zur Verfügung stehende Software mit Patenten belegt ist und überhaupt eine funktionierende Code-Basis existiert. Außerdem müssen sich genügend Interessenten finden, die in dem Projekt entwickeln. Beehive weist mittlerweile 24 Committer auf, “eine gute Projektgröße”, wie Eilebrecht sagt. Für ihn ist in diesem Fall die Inkubator-Phase eine reine Pro-forma-Sache. Außerdem könne Bea schon von seinen Erfahrungen im Projekt ‘XMLBeans’ profitieren. Diese Initiative befindet sich nun im Stadium eines Hauptprojekts.

Da die Apache-Stiftung niemanden für die Mitarbeit bezahlt, sorgen zumeist die Arbeitgeber der Committers für die Entlohnung. Im Beehive-Projekt arbeiten Betriebsangehörige von vier verschiedenen Firmen mit, zu zwei Dritteln werden sie von ihren Arbeitgebern für diese Tätigkeit bezahlt.

Auch Bea lässt seine Entwickler weiter an dem Framework arbeiten. Wie Jim Rivera, Senior Principal Technologist bei Bea Sytems erläutert, ist das auch notwendig. Beehive soll fertige Laufzeit-Komponenten für J2EE-Entwickler zur Verfügung stellen, die auf einem Metadaten-basierenden Programmiermodell beziehungsweise dem Java-Metadaten-Standard JSR-175 beruhen. Absicht sei es, mit dem Framework von dem mittlerweile komplexen Java zu abstrahieren, um die Entwicklungsarbeit produktiver gestalten zu können. “Java soll in der Attraktivität steigen”, sagt Rivera. Insbesondere die Entwickler, die mit Microsoft-Tools arbeiten, hoffen er und andere Beehive-Mitstreiter mit den Komponenten für die Java-Programmierung gewinnen zu können.

Das Komponentennetz hat noch viele Löcher

Doch ist bisher nur ein Teil des Frameworks fertig, das Controls, Java Pager Flows, XMLBeans und Java Web Services enthalten soll. Am weitesten seien die Controls entwickelt, führt Rivera aus. Dabei handle es sich um eine einfache Möglichkeit, mit Java-Beans zu hantieren. “Hier muss niemand mehr Java-Beans verstehen.” Am meisten zu tun sei bei den Java Server Pages (JSP) sowie bei den Web-Services.

Als Bea den Part aus der Workshop-Entwicklungsumgebung der ASF überantwortete, der die Beehive-Grundlage bildet, liefen die Laufzeitkomponenten ausschließlich auf der Bea-eigenen Plattform, dem Applikations-Server Weblogic. Doch schon während der Entwicklerkonferenz im Mai meldete der Hersteller, dass das Framework auch auf dem Open-Source-Produkt ‘Tomcat’ laufe. “Tomcat ist kein vollständiger Applikations-Server, sondern vergleichsweise einfach gestrickt”, sagt Bea-Techniker Rivera. “Somit ist es kein Problem, Beehive zu portieren. Außerdem nutzen viele Tomcat. Deswegen war die Portierung wichtig.” Die Open-Source-Implementierung basiert auf der Servlet- und JSP-Technik von Apache und wurde allein seit Juni 2003 rund 4 Millionen mal von der Website heruntergeladen.

Auf der Userkonferenz erntete Bea mit einer Tomcat-Vorschau tatsächlich spontanen Applaus. Offenbar werten die Nutzer das als Zeichen, dass Bea sein Open-Source-Engagement tatsächlich ernst meint. Auch Hewlett-Packard, Red Hat, sowie JoNAS, die Open-Source-Implementierung der J2EE-Spezifikation von Object Web, und Geronimo, das J2EE-Server-Projekt der ASF, haben inzwischen ihre Unterstützung von Beehive bekundet.

Auch einen weiteren Mangel an Offenheit scheint Bea ausbügeln zu wollen. Um die Laufzeitkomponenten nutzen zu können, brauchen Entwickler die Bea-Umgebung Workshop. Zwar gibt es diese als kostenlose Entwicklerversion, dennoch ist die damit verbundene Einschränkung offensichtlich. Jetzt zeigt sich Rivera begeistert davon, dass Bea Systems zusammen mit der Eclipse Foundation das Open-Source-Projekt ‘Pollinate’ ins Leben rufen konnte. Hier soll eine Entwicklungsumgebung entstehen, die mit Beehive integriert ist. “Wir arbeiten hier zum Teil direkt mit unserem größten Konkurrenten IBM zusammen”, betont der Bea-Techniker.

Wo bleibt das Geld?

Da stellt sich die Frage, womit Bea eigentlich Geld verdienen will. Immerhin verkündete Firmengründer und Chef Alfred Chuang im Mai großspurig, sein Ziel sei es, das Unternehmen binnen fünf Jahre zu einer 3-Milliarden-Dollar-Company zu machen. Doch während Umsatz und Gewinn beispielsweise im vergangenen Quartal kräftig stiegen, sanken im Vergleich zum Vorjahr und zum vorherigen Vierteljahr die Lizenzeinnahmen. Das Fiskaljahr 2003 brachte einen Umsatz von 934 Millionen Dollar, 4 Prozent weniger als 2002. Das mag an dem Marktdruck allgemein und insbesondere an der Open-Source-Konkurrenz liegen. JBoss beispielsweise bietet erfolgreich einen Applikations-Server an und seit kurzem offeriert auch Linux-Distributor Red Hat einen.

Rivera beharrt allerdings: “Unser Fokus liegt nach wie vor auf der Ausführung von Programmen” und beeilt sich dann zu sagen: “- auf der kompletten Weblogic-Familie. Denn wir sind auch stark in der Integration. Damit und mit ‘WebLogic-Portal’ haben wir in den vergangenen Quartalen gut verdient.”

Silicon-Redaktion

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