Dass RFID eine goldene Zukunft hat, ist ein Gemeinplatz. Doch die Einführung eines RFID-Projektes gleicht derzeit mehr der Fahrt auf einem holprigen Feldweg als auf einer asphaltierten Strasse. Nach Ansicht der Analysten von ABI Research gibt es derzeit drei große Hindernisse, die Projekte um Monate verzögern werden. Und: Die Zukunft von RFID ist alles andere als gewiss.
Brandherd Nummer eins: Das Standardisierungsgremium EPCglobal und die US-Firma Intermec streiten sich um die Spezifikation für die nächste Generation der UHF-Tags (Ultra High Frequency) – die Tags der zweiten Generation. EPCglobal hat den Standard fast fertig gestellt. Intermec macht jedoch für Teile der Spezifikation Urheberrechtsansprüche geltend.
Die Generation-2-Tags bringen vor allem zwei Vorteile, sagt Dennis Gaughan, Analyst bei AMR Research. Zum einen seien es ‘Global Tags’. Wenn RFID-Tags nur für ein Land definiert seien, könnten internationale Unternehmen sie nicht gewinnbringend einsetzen. Damit mache der Standard Schluss. Zudem sei die ‘Multiple Read/Write’-Funktion der neuen Tags vorteilhaft.
Nach Angaben von Intermec verletzt die EPCglobal-Spezifikation 19 RFID-Patente des Unternehmens. Intermec hat zwar angekündigt, für fünf Patente nichts zu verlangen. Für die restlichen 14 Patente sollen jedoch Lizenzgebühren fällig werden – das kann richtig teuer werden.
Geht es nach EPCglobal, wird der Standard noch 2004 verabschiedet. Das wird auch höchste Zeit, sagen viele Chiphersteller und Manager von RFID-Projekten. Die Hersteller wollen endlich mit der Massenproduktion der Generation-2-Chips beginnen. Und die Projektmanager bangen um ihre Zeitpläne. So soll die nächste Phase des RFID-Rollout von Metro im Juni 2005 beginnen – aber nur, wenn Generation-2-Tags in ausreichender Menge und guter Qualität zur Verfügung stehen.
Egal, ob sich EPCglobal und Intermec einigen oder nicht: Die RFID-Anwender sitzen in der Falle, meint Erik Michielsen von ABI Research. Wenn EPCglobal die Ansprüche von Intermec abweist, ist ein Prozess wahrscheinlich. Der sorgt wiederum für Unsicherheit. Und wenn EPCglobal die Ansprüche von Intermec anerkennt, dann werden Lizenzgebühren fällig. Dass Intermec auf seine Ansprüche verzichtet, ist nicht zu erwarten.
Jedoch: “Was die Industrie vor allem braucht, ist ein offener Zugang zu den Basistechniken”, sagt Michielsen. Nur so könnten die Chiphersteller schnell und günstig produzieren.
Brandherd Nummer zwei: EPCglobal streitet sich zudem mit der ISO (International Organization for Standardization). EPCglobal will ein eigenes achtstelliges Nummerierungsschema für die Tags verwenden. Die ISO meint dagegen, EPCglobal solle das ISO-Schema ‘Application Family Identifier’ (AFI) nutzen. Das liefert aber nur einen begrenzten Vorrat an Nummern, kontert EPCglobal.
Dieser Streit soll ausgesessen werden. EPCglobal werde die Spezifikation für die Generation-2-Tags verabschieden, ohne den Streit beigelegt zu haben, sagte Chris Diorio, Co-Chairman der EPCglobal Hardware Action Group, dem Branchendienst RFIDJournal. Man wolle diese Frage bis Ende Januar klären.
Das dritte Problem ist laut Michielsen, dass Upgrades der Firmware für die neue Tag-Generation fehlen. “Viele Produkte sind mit dem Versprechen verkauft worden, dass Firmware-Upgrades erhältlich sein werden.”
Mittlerweile habe sich jedoch herausgestellt, das mit dem Versprechen nur einzelne Anwendungen gemeint gewesen seien. Was aber wirklich zähle, sei ein Upgrade der gesamten Installation. “Die Käufer müssen auf das Kleingedruckte achten und sicherstellen, dass alle Teile aktualisiert werden können.”
Jedes der drei Probleme habe allein für sich noch keine große Wirkung. Anders jedoch die Summe der Konflikte. Michielsen: “Für RFID zieht ein kalter Winter herauf.”
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