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Outsourcing von Personalwesen: Nur für diejenigen mit langem Atem

Der Markt für die Auslagerung von Geschäftsprozessen (Business Process Outsourcing, BPO) im Personalwesen ist nicht mehr brandneu, doch er erfährt gerade eine Renaissance, jedenfalls was die Expertendiskussionen und Anbietererwartungen angeht. Auch wenn bisher erst wenige Deals zustande gekommen sind: Die Marktentwicklung in Europa gibt Anlass zur Hoffnung, wenn die Erwartungen realistisch bleiben.
Der gesamte BPO-Markt in Europa im Jahr 2003 machte “nur” 8,6 Milliarden Euro aus. Hiervon entfielen etwa 20 Prozent auf den Bereich Personalwesen (Human Resources, HR). Bezeichnend ist auch die Tatsache, dass etwa zwei Drittel aller Umsätze auf dem viel weiter entwickelten englischen Markt generiert werden. Im Gesamtkontext des IT-Dienstleistungsmarktes sind all dies kleine Zahlen, jedoch wäre es ein Fehler, diesen Markt zu ignorieren, denn das langfristige Wachstumspotenzial ist enorm.

‘HR BPO’ unterliegt schon seit mehreren Jahren diesem Hype. Es begann 1999, als British Petroleum sein Personalwesen an den amerikanischen BPO-Spezialisten Exult auslagerte. Im Jahr 2000 gründeten Accenture und British Telecom die Allianz ‘e-peopleserve’ mit dem ambitionierten Ziel der Komplettüberholung der riesigen HR-Abteilung von BT.

Dieses Momentum schien sich dann aber zu verlieren. In den Jahren 2001 und 2002 gab es nur eine Handvoll von HR-BPO-Deals, wie zum Beispiel den Vertrag zwischen British Aerospace Systems HR und Xchanging, sowie die Aufträge von Telecom Italia und Cable & Wireless an Accenture.

Marktbelebung in 2003

Unerfüllter Hype schlägt leicht in Skepsis um. Das laufende Jahr beschert dem HR BPO jedoch ein Revival, resultierend aus einer Reihe von prestigeträchtigen Verträgen seit Mitte 2003, sowie verstärkter Aktivitäten auf der Anbieterseite.

ACS schloss einen Vertrag mit General Motors ab, der zehn europäische Länder abdeckt. Gleichermaßen schließt IBMs globaler BPO-Deal mit Procter & Gamble auch europäische Niederlassungen ein. Infineon lagert einen Großteil seiner HR-Aktivitäten an EDS aus, und Accenture beliefert die Stadt Kopenhagen mit HR-BPO-Diensten.

Der im Oktober 2003 abgeschlossene Vertrag zwischen EDS und Infineon ist vermutlich der interessanteste von allen. Er umfasst nicht nur Gehaltsabrechnung, sondern auch Personalverwaltung und Rekrutierung für Infineons 20.000 Mitarbeiter in Deutschland und Österreich. Hier zeigt sich zum ersten Mal, dass eine großangelegte Auslagerung von HR-Prozessen auch in einem Land mit starken Gewerkschaften und strenger Arbeitsmarktregulierung möglich ist. Der Vertrag beinhaltet sogar Nearshore-Komponenten: Die Gehaltsabrechnung für Infineon wird im BPO Center von EDS in Ungarn ausgeführt.

Solch ein Referenzdeal dient nicht allein als Katalysator für verstärktes Wachstum, aber es ist ein Indikator dafür, dass HR BPO auch hierzulande machbar ist – trotz der weithin als unüberwindbar wahrgenommenen Barrieren.

Der Wettbewerb zieht an

Genauso wie einen potenziellen Kundenstamm braucht ein wachstumsträchtiger Markt aber auch eine Anzahl gut positionierter, fokussierter Anbieter. In diesem Jahr zeigt sich, dass HR BPO ein Bereich ist, in den sowohl die großen Outsourcer als auch kleinere Spezialisten verstärkt investieren.

Siemens Business Services (SBS) ist ein prominentes Beispiel. Im März 2004 schloss der Siemens IT-Dienstleister eine strategische Allianz mit PwC Human Resource Services und dem Recruitment-Spezialisten Alexander Mann, um die HR-Auslagerung in Großbritannien und Deutschland anzugehen. Bis jetzt hat diese Kooperation zwar noch keine Früchte getragen, aber die SBS-Positionierung ist klar. Gleichermaßen setzen SBS-Wettbewerber wie Accenture, IBM, T-Systems und EDS die Personaldienstleistungen auf ihre Prioritätenliste.

Internationale HR-Spezialisten positionieren sich ebenfalls. Der US-Gigant Hewitt Associates beispielsweise übernahm im Juni 2004 Exult, für 900 Millionen Euro. Ziel dieser Übernahme ist es, ein globaler Serviceanbieter für die Gesamtpalette von der strategischen Beratung auf höchster Unternehmensebene bis zum Komplett-Outsourcing weiter Teile der Personalabteilung anbieten zu können. Hierzu zählen die Prozesse bei Gehaltsabrechnung, Rentenauszahlungen, Krankenversicherung, Weiterbildung, sowie Change Management. Ceridian und ADP haben ähnliche Ambitionen.

Anbieter brauchen langen Atem

Diese Entwicklungen zeigen, dass jede Nachfrage nach HR BPO von vielen Anbietern umkämpft werden wird. Das Angebot übersteigt noch die Nachfrage – und potenzielle Kunden werden dies zu ihrem Vorteil zu nutzen wissen.

Wir werden in näherer Zukunft eine Reihe von umfassenden HR-BPO-Verträgen sehen, insbesondere im Großkundensegment, die nicht nur Gehaltsabrechnung, sondern mehr und mehr auch andere Back-Office-Funktionen wie Reisekostenabrechnung, Personalverwaltung und Rekrutierung umfassen werden. Anbieter müssen ihr Serviceportfolio dementsprechend aufstellen.

Wir warnen allerdings vor überzogenen Erwartungen: HR BPO ist eher der Igel als der Hase im Wettlauf um Umsätze und Gewinne, und die Verkaufszyklen sind länger als bei anderen Outsourcing-Vorhaben. Trotzdem ist es für die Anbieter wichtig, sich heute schon zu positionieren, um langfristig zu profitieren. Denn bis jetzt sehen wir nur die Spitze des Eisbergs der möglichen Prozessverbesserungen und Kosteneinsparungen im Personalwesen.

Silicon-Redaktion

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