NRW-Wahl: Eifer und Geifer im Internet

Am Sonntag Abend steht fest, wer NRW regiert – und wer die besten Chancen hat, 2006 ganz Deutschland zu erobern. Dass viel auf dem Spiel steht, merkt man auch im Online-Wahlkampf. Den haben sich CDU und SPD aus den USA abgeschaut. Jetzt wird um jeden Millimeter gekämpft – kurz vor Toresschluss tun die Parteien alles, um ihre Sichtweise in die Köpfe der Wähler zu bekommen.

Wie es da zugeht, zeigt der Eintrag von CDU-Spitzenmann Jürgen Rüttgers im Online-Lexikon Wikipedia. Dieser Artikel dürfte zu den aktuell am häufigsten geänderten Wikipedia-Texten gehören. Alexander Klimke (Wikipedia-Name: ‘Berlin-Jurist’) warnt davor, dass “IP [Adressen] aus Düsseldorf offenbar auf den Wahlkampf in NRW Einfluss zu nehmen versuchen”. Im Rüttgers-Eintrag seien Kritikpunkte gelöscht worden, und zwar auch über IP-Adressen, die zum Netzwerk des Deutschen Bundestags gehörten. “Bitte verstärkt auf Manipulationen achten!”, fordert Klimke die Wikipedia-Leser auf.

Gestrichen wurde zum Beispiel: [In einem Fernsehinterview äußerte Rüttgers vier Wochen vor der Landtagswahl in der N24-Sendung Studio Friedman: “Ich bin Katholik und glaube, dass unser christliches Menschenbild das richtige ist und nicht vergleichbar mit den anderen Menschenbildern, die es anderswo auf der Welt gibt.” Auf Rückfrage des Moderators führte er aus: “Ich glaube, dass es das richtige ist – wenn sie wollen, auch überlegen.” – Anschließend billigte er auf Nachfragen des Moderators Juden und Moslems zu, dass sie von ihrer Religion genauso überzeugt sein können.]

Was Klimke als “Kritikpunkte” betrachtet, sind für andere Wikipedia-Autoren jedoch eher Belanglosigkeiten. So kann der Nutzer ‘81.173.131.178’ an der Löschung nichts verwerfliches erkennen. Die betreffe “Punkte, in denen sich Rüttgers möglichst schlagzeilenträchtig blamiert habe,” heißt es. Über die “politischen Positionen von Rüttgers sagen sie nichts aus”.

Norbert Bienefeld (‘NB’) schlägt vor, die Artikel von Parteien und Politikern zu sperren, wenn Wahlen bevorstehen. Das geht Klimke zu weit. Die Sperrung sei “ein scharfes Mittel”. Es reiche aus, wenn “einige Leute diese Artikel besonders intensiv beobachten”. Er habe lediglich auf das Problem aufmerksam machen wollen, so Klimke.

Die Wikipedia ist jedoch nicht das einzige nützliche Online-Tool, das wegen der NRW-Wahl unter eifersüchtiger Beobachtung steht. Erwischt hat es auch den Wahl-O-Mat. Den hatte die Bundeszentrale für politische Bildung zur Bundestagswahl 2002 das erste Mal ins Netz gestellt und jetzt für die NRW-Wahl adaptiert.

Ein Katalog listet anhand von 29 Fragen die Positionen von CDU, FDP, Grünen und SPD auf. Klickt sich ein unentschlossener Wähler durch, kann er am Schluss ablesen, wie groß seine Übereinstimmung mit einer der Parteien ist.

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Silicon-Redaktion

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